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Kennst du das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen?

Schauplatz der Pogrome

Die Projekttage des Vereins „Soziale Bildung“ in Rostock sollen Jugendliche für die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen im Jahre 1992 sensibilisieren. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert das Projekt, weil sie dessen Leitziel – durch eine Sensibilisierung für das Klima von damals, lassen sich Anknüpfungspunkte für antirassistisches Handeln in der Gegenwart finden – teilt.

22. August 1992: Die Bilder der tagelangen Ausschreitungen des aufgebrachten Mobs vor der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) für Flüchtlinge und einem Wohnheim für vietnamesische Vertragsarbeiter im Stadtteil Rostock-Lichtenhagen gingen um die Welt. Die stete Stimmungsmache gegen Asylsuchende, vor allem auch von Seiten der politisch Verantwortlichen, Anfang der 1990er Jahre begünstigte eine gefährliche Allianz aus Teilen der Rostocker Bevölkerung und organisierten Neonazis. Als die Flüchtlinge aus der ZAST evakuiert wurden, blieben 115 vietnamesische Gastarbeiter sich selbst überlassen. Als der Mob das Sonnenblumenhaus mit Molotowcocktails in Brand steckt, können sich die Bewohnerinnen und Bewohner im letzten Moment vor den Flammen über das Dach retten.

Fehlende Erinnerung

Jetzt, 20 Jahre nach den Pogromen von Rostock-Lichtenhagen, gibt es verschiedene Bestrebungen an die Ereignisse von damals zu erinnern. Bislang hat es die Stadt versäumt, am Ort des Geschehens eine Form des Erinnerns und der Mahnung zu schaffen. Nun gibt es das von der Stadt initiierte Bündnis „Lichtenhagen bewegt sich“, welches zum 20. Jahrestag verschiedene Veranstaltungen plant. Bleibt abzuwarten, ob sich nach 20 Jahren der Nicht-Aufarbeitung von städtischer Seite jetzt wirklich etwas „bewegt“, oder ob sich das Bündnis als bloße Imagekampagne entpuppt, um vor allem die positiven Entwicklungen der Stadt zu präsentieren.

Projekttage gegen das Vergessen

Um dieser Gefahr vorzubeugen, hat sich der Verein „Soziale Bildung“ (SoBi) aus Rostock für einen anderen Weg entschieden. Anlässlich des 20. Jahrestages des Lichtenhagener Pogroms, entwickelte das SoBi-Team verschiedene Projekttage, bei denen vor allem Jugendliche für das Thema sensibilisiert werden sollen; SoBi sucht dabei vor allem den engen Kontakt mit Schulen. „Viele wissen gar nicht, was damals in ihrer Stadt geschehen ist“, sagt Jule, eine Mitarbeiterin von SoBi. Wichtig sei es vor allem den Jugendlichen das Stimmungsbild von 1992 zu vermitteln: „Das damals war eingebettet in einen gesellschaftlichen Kontext, für den nicht zuletzt die Politik verantwortlich war.“ Denn durch eine Sensibilisierung für das Klima von damals, lassen sich Anknüpfungspunkte für antirassistisches Handeln in der Gegenwart finden.

Das Ziel der Projekttage ist es, dass sich die Jugendlichen mit unterschiedlichen Fragen auseinandersetzen, um mehr über die Geschehnissen vor 20 Jahren, aber auch über die Lebenswirklichkeit von Asylsuchenden von heute zu erfahren Die Amadeu Antonio Stiftung begrüßt das Vorhaben des Vereins „Soziale Bildung“ und fördert die Projekttage, damit die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen nicht in Vergessenheit geraten.

Jugendliche für antirassistisches Handeln gewinnen

Kennst du das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen? Weiß du wo das nächste Flüchtlingsheim ist? Warum würdest du deine Heimat verlassen? Was muss passieren, dass sich ein Pogrom nicht wiederholt? Diese und andere Fragen werden bei den Projekttagen intensiv diskutiert. Am 3. August 2012 veranstaltet das SoBi-Team im Peter-Weiss-Haus zum Auftakt eine Lichtenhagen-Filmnacht. Ab 18 Uhr wird unter anderem der Dokumentarfilm „The truth lies in Rostock“ gezeigt, der sich intensiv mit den Pogromen im August 1992 auseinandersetzt. Im Anschluss an den Film findet eine Diskussion mit Wolfgang Richter statt. Er war 1992 Ausländerbeauftragter der Stadt Rostock. Im Zuge der Filmnacht wird der Film „The trues lies in Rostock“ an 10.000 Rostocker Haushalte verteilt.

Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung sind auch 20 Jahre nach den pogromartigen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen immer noch präsent. Aus diesem Grund ist das Bemühen von SoBi besonders hervorzuheben. Beim Blick in die Vergangenheit, um an die Geschehnisse von damals zu erinnern, verlieren sie die Gegenwart nicht aus den Augen. Jugendliche für antirassistisches Handeln zu gewinnen, ist die beste Prävention im Kampf gegen den alltäglichen Rassismus.

Von Anna Brausam, 30. Juli 2012

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