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Mord verjährt nicht! Auschwitz Prozess Neubrandenburg

Seit Februar 2016 soll sich Hubert Zafke, der 1944 als SS-Sanitäter im Vernichtungslager Auschwitz Dienst tat, vor Gericht verantworten. Der Bildungsverein Context e.V. aus Mecklenburg-Vorpommern hat es sich zur Aufgabe gemacht, Analysen und Hintergründe zum Prozess bereitzustellen und hierzu eine Website eingerichtet.

von Roman Guski

Hubert Zafke wird Beihilfe zum Mord in mindestens 3.681 Fällen vorgeworfen. Der Angeklagte zeigt keine Reue und das Landgericht Neubrandenburg kein Interesse, die Frage der Schuld zu klären. Immer wieder wurde das Verfahren verschleppt, Überlebenden des Holocaust mit Missachtung begegnet. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage lehnen den Richter wegen Befangenheit ab – einzigartig in der deutschen Justizgeschichte. Der Prozess ist somit erneut geplatzt.

Bereits im Frühjahr musste der Prozess verschoben werden, da der 95-Jährige Angeklagte krankheitsbedingt nicht erschienen war. Nach einer umfassenden medizinischen Untersuchung sollte das Hauptverfahren neu eröffnet werden. Diese Untersuchung hätte das Gericht bereits jedoch schon weiter im Voraus anordnen können. Lange schon steht deslhab der Vorwurf im Raum, das Neubrandenburger Gericht wolle den Prozess nicht führen: Das Verfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt, ein Auschwitz-Überlebender zunächst nicht als Nebenkläger zugelassen und andere KZ-Überlebende als mögliche Zeug_innen nicht bei der Prozessplanung berücksichtigt. Neben den Befangenheitsanträgen der Nebenklagevertreter und der Staatsanwaltschaft rügte das Internationale Auschwitz Komitee die Prozessführung wiederholt öffentlich.

Das öffentliche Interesse an dem Prozess gegen den früheren SS-Mann ist groß. Über das tagesaktuelle Geschehen hinaus nimmt der Verein Context. Bausteine für historische und politische Bildung das Strafverfahren in den Blick. Ausschlaggebend für das Projekt waren die lange Verfahrensdauer und offenkundige Prozessverschleppung, aber auch der öffentliche Diskurs um den Prozess. Aufgrund des hohen Alters des Angeklagten wird das Verfahren gegen ihn bisweilen infrage gestellt. Auch die Berichterstattung in den Medien ist auf den Angeklagten und seine Gebrechen fokussiert. Er sei nur „Sanitäter“ gewesen und lediglich der „Beihilfe“ beschuldigt, heißt es mitunter verharmlosend, etwa in Sozialen Netzwerken. Um die historische Einordnung der Taten, die Aufarbeitung des Holocaust nach 1945 und die Perspektiven von Opfern und Überlebenden von Auschwitz geht es in der öffentlichen Auseinandersetzung hingegen kaum.

Dem will der Verein begegnen – mit Informationen zum laufenden Verfahren sowie zum historischen Geschehen. Auf der Internetseite zum Projekt werden Informationen zum Prozessgeschehen gegeben und etwa Berichte, Verhandlungsprotokolle und Pressemitteilungen veröffentlicht. Daneben geben Hintergrundartikel Informationen zum Angeklagten, dem Tatgeschehen und den Ermittlungen. Einzelaspekte der Verhandlungstage sollen vertiefend vorgestellt und diskutiert werden, beispielsweise die Rolle der SS-Wachmannschaften und SS-Sanitätsdienstgrade, die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der frühen Bundesrepublik und im Deutschland der Gegenwart. Das Projektteam begleitet das Verfahren zudem auf Facebook und Twitter.

Mit einer Vortragsreihe im Rahmen der „Aktionswochen gegen Antisemitismus“ informiert der Verein Context. Bausteine für historische und politische Bildung über einen der letzten Auschwitz-Prozesse. Nach dem Auftakt in Neubrandenburg finden Veranstaltungen in Greifswald (3.12.), Berlin (5.12.) und Rostock (8.12.) statt.

Die Amadeu Antonio Stiftung fördert die Prozessbegleitung durch Context e.V. und dessen Ziel die Öffentlichkeit für die historische Bedeutung des Prozesses zu sensibilisieren. In der öffentlichen Diskussion und in der lokalen Auseinandersetzung sollen die Perspektiven von Opfern und Verfolgten des Nationalsozialismus stärker in den Vordergrund gerückt werden.

 

Weitere Informationen bekommen Sie auf der Website: www.auschwitz-prozess-nb.de

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