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26. Durchbrechen Sie Filterblasen

26. Durchbrechen Sie Filterblasen

Algorithmen bestimmen einen großen Teil der Architektur des Internets und deshalb sind viele Prozesse unseres Lebens und Alltags kaum mehr denkbar ohne sie – ob im Auto-Navi, im kontrollierten Satzbau in Office Word, auf Dating-Plattformen oder bei der Bewertung unserer Kreditwürdigkeit. Algorithmen bestimmen in Suchmaschinen, welche Suchergebnisse wir eingeblendet bekommen – und sorgen dafür, dass zwei Nutzer*innen unterschiedliche Ergebnisse zu sehen bekommen, wenn sie den gleichen Suchbegriff eingeben. Auch in Sozialen Netzwerken sehen wir nur einen kleinen Ausschnitt der Vielzahl an Posts. Algorithmen sollen sicherstellen, dass diese Posts möglichst unseren Interessen entsprechen.

Der Netzaktivist Eli Pariser hat dieses Prinzip in seinem Buch Filter Bubble. Wie wir im Internet entmündigt werden analysiert. Pariser zeigt auf, wie Algorithmen dafür sorgen, dass wir vor allen Dingen Inhalte zu sehen bekommen, die mit unseren bestehenden Auffassungen übereinstimmen – und somit nur einen Ausschnitt der Realität; eine kuratierte Wirklichkeit. Pariser warnt, wie auch andere Kommunikationsforscher*innen, daraus ergäbe sich eine drohende intellektuelle Isolation. Das Ausmaß der technischen Personalisierung ist indessen umstritten. Kritiker*innen der Filterblasentheorie betonen, dass keine hermetisch abgeschlossenen Filterblasen existieren. Sie argumentieren, dass Menschen sich auch schon in vordigitalen Zeitaltern mit Gleichgesinnten umgaben und Medien konsumierten, die ihr Weltbild im Grundsatz bestätigten. Auch aus der psychologischen Forschung ist bekannt, dass wir solchen Informationen, die unser Weltbild stützen, unbewusst mehr Gewicht geben – und Informationen ignorieren, die geeignet sind, dieses Bild in Zweifel zu ziehen. Confirmation bias, also Verzerrung durch Bestätigungsdenken, nennen die Forscher*innen diesen Effekt.

Machen Sie sich bewusst, wie sehr die Weltwahrnehmung in der Ära digitaler Medien durch die Bestätigungs-Logik und Stereotype geprägt wird. In Ihrer Social-Media-Arbeit sollten Sie daher immer wieder überraschende Ansätze wählen, die bewusst mit gewohnten Darstellungsformen brechen. Sie sollten darüber nachdenken, was eigentlich Ihre „Filter Bubble“ ausmacht und wer dazugehört. Natürlich wollen Sie Ihre Klientel bedienen – aber Sie sollten auch gezielt in andere Meinungsräume vordringen, um mit neuen Zielgruppen ins Gespräch zu kommen. Halten Sie auf Ihren Kommunikationskanälen und im Kommentarbereich den Raum für strittige, aber argumentativ abgesicherte Diskussionen offen. Führen Sie dem Diskurs auf Ihren Kanälen bewusst verschiedene Sichtweisen zu. Seien Sie offen für Berichtigungen und dafür, Fehler einzugestehen. Eine gelebte Debattenkultur für die offene Gesellschaft bedeutet aber auch, klare Grenzen zu ziehen: Menschenfeindliche Äußerungen sollten Sie auch im digitalen Raum nicht tolerieren.

Weiterblättern zum Gastbeitrag: Martin Fehrensen Non-Profits in Sozialen Netzwerken
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