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Wie steht’s in Limbach-Oberfrohna?

Bild: Soziale und politische Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohna e.V.


In der Nacht zum 13. November wurde in Limbach-Oberfrohna ein neonazistischer Brandanschlag auf die Räumlichkeiten eines engagierten Jugendvereins ausgeübt. Der Opferfonds CURA unterstützt den Verein mit 3.000 Euro.

Als am Abend des 12. November Neonazis in Limbach-Oberfrohna Mitglieder und Freunde des alternativen Vereins ‚Soziale und politische Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohna e.V.’ tätlich angriffen, ahnte noch niemand wie verheerend die Nacht enden würde. Als sei es nicht genug gewesen, dass die Angegriffenen Blessuren von Schlägen und Tritten davontrugen und einer von ihnen im Krankenhaus behandelt werden musste, stand kurze Zeit später das Vereinshaus in Flammen. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Nachbarhauses mussten evakuiert werden, ein Raum im Vereinshaus brannte vollständig aus. Knapp zwei Wochen nach der Tat wurde ein Haftbefehl gegen einen 19-jährigen Tatverdächtigen erlassen, der nach Angaben der ermittelnden Behörden der rechtsextremen Szene angehört. Dieser stellte sich daraufhin der Polizei. Nach einem letzten Gutachten beträgt der materielle Schaden ungefähr 35.000 Euro. Der Brandanschlag markiert einen traurigen Höhepunkt neonazistischer Gewalt in Limbach-Oberfrohna.

Ein altbekanntes Problem

Seit der Gründung im Jahr 2007 sah sich der Jugendverein ‚Soziale und politische Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohna e.V.’ schon oft neonazistischen Bedrohungen und Übergriffen ausgesetzt. Die ersten Vereinsräumlichkeiten, die nach der Vereinsgründung im Stadtzentrum angemietet und eingerichtet wurden, mussten schon bald darauf aufgegeben werden. Nach immer wiederkehrenden Angriffen mit Schmierereien, zerschlagenen Fensterscheiben und Körperverletzungen hatte der Vermieter das Mietverhältnis aufgekündigt. Infolgedessen kaufte die Bildungsvereinigung ein Haus am Rande der Stadt und besserte es in monatelanger Arbeit und aus eigenen Mitteln aus – bis der Brandanschlag im November einen beträchtlichen Anteil dieser Mühen in nur einer Nacht zerstörte.

Engagement unter extrem schwierigen Bedingungen

Die ständigen Bedrohungen und Übergriffe durch Neonazis sind das eine Problem, der Argwohn und Kriminalisierungsversuche vonseiten der Stadt sind ein anderes. Beispielhaft für die Haltung der örtlichen Vertreter von Politik und Verwaltung zum Problem des Rechtsextremismus waren Ereignisse im März 2010, als sich unter der Federführung des CDU-Stadtverbandes, der den örtlichen Stadtrat dominiert und den Oberbürgermeister stellt, das „Bündnis für Demokratie und gegen Extremismus und Gewalt“ gründete. Ein Bündnis, zu dem anfangs sogar der NPD-Stadtrat Thorsten Schneider eingeladen war. Die Initiatoren verteidigten dies mit dem Verweis darauf, dass die NPD keine verbotene Partei sei. Nach einigem Hin und Her wurden auf einer Sitzung des Bündnisses, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sowohl die NPD, als auch DIE LINKE ausgeschlossen. Ein Musterbeispiel für die Absurdität der Extremismusdebatte.

Licht und Schatten

Auch im Falle des Brandanschlags konnte sich Oberbürgermeister Hans-Christian Rickauer zu keiner eindeutigen öffentlichen Stellungnahme durchringen. Umso erstaunlicher ist es, dass es in diesem Zusammenhang auch Annäherungen vonseiten der Stadt gegeben hat. So lassen gemeinsame Gespräche und eine Spende über 500 Euro hoffen, dass die Verantwortlichen vor Ort künftig das Problem des Rechtsextremismus beim Namen nennen und die Engagierten der Bildungsvereinigung weniger argwöhnisch betrachten werden. Die Anerkennung des Vereins käme nicht von ungefähr, haben doch die Vereinsmitglieder angesichtes der immer wiederkehrenden neonazistischen Anschläge Mut und Ausdauer bewiesen und trotz der widrigen Umstände bewunderswerte Erfolge vorzuweisen. So war der Verein beispielsweise aufgrund seines vielfältigen Engagements von Bildungs- und Kulturveranstaltungen über Einkaufstätigkeiten für Senioren, bis hin zu kostenloser Nachhilfe und Kinderbetreuung für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie 2010 nominiert. Ein weiterer besonderer Erfolg war im vergangenen Jahr auch das ‚Stay Rebel Festival’, das aufgrund der positiven Resonanz und des überregionalen Zuspruchs in den kommenden Jahren wiederholt werden soll. Und auch die Wiederherrichtung der Vereinsräume wird nun unbeirrt der nach wie vor kritischen Sicherheitslage vorangetrieben, sodass möglicherweise schon Anfang nächsten Jahres wieder die Tore geöffnet werden können.

Unterstützung durch den Opferfonds CURA

Für den Wiederaufbau sicherte die Amadeu Antonio Stiftung der ‚Sozialen und politischen Bildungsvereinigung’ schon bald nach dem Anschlag Unterstützung im Rahmen des Opferfonds CURA zu. Mit 3.000 Euro nahm der Opferfonds CURA die höchste Einzelunterstützung im Jahr 2010 vor, die in diesem Fall vor allem durch eine beträchtliche zweckgebundene Spende aus dem Kreis der Freunde und Förderer der Amadeu Antonio Stiftung ermöglicht wurde. Insgesamt konnte der Opferfonds CURA im vergangenen Jahr mit Hilfe der kleinen und großen Spenden der Unterstützerinnen und Unterstützer fast 16.500 Euro in 22 Fällen als Opferhilfen bereitstellen. Ein Rekordergebnis, das trotz des traurigen Hintergrunds ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit den Opfern rechtsextremer und rassistischer Gewalt ist!

Setzen auch Sie ein Zeichen – mit einer Spende an den Opferfonds CURA!

Opferfonds CURA der Amadeu Antonio Stiftung
Deutsche Bank Bensheim
BLZ: 509 700 04
Kto.-Nr.: 030 331 331

Wir danken Ihnen ganz herzlich für Ihre Unterstützung!

Von Thomas Olsen

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