Am 6. Mai 2014 jährte sich zum ersten Mal der Prozessbeginn gegen die mutmaßlichen Unterstützenden des NSU. Damit wird der Schuldfrage auf juristischem Weg penibel nachgegangen. Doch das ist nicht genug, findet eine Gruppe Engagierter aus Zwickau – der Stadt, in der die Mitglieder des NSU zuletzt im Untergrund lebten.
Es bedürfe auch einer Aufarbeitung, Aufklärung und Erinnerung an die Taten in der Stadt selbst. Zwar gebe es bereits zivilgesellschaftliche und künstlerische Impulse in Zwickau, doch diese seien – angesichts der Dimension der Verbrechen – nicht ausreichend. „Gerade die institutionelle und kommunale Verantwortung wird aus unserer Perspektive zu wenig übernommen“, finden die Grass Lifter. Sie sind eine freie Künstlergruppe, die sich zusammengefunden hat um genau diese Lücke zu schließen.
Wichtig ist es ihnen vor allem, den Dialog in der Stadt lebendig zu halten. Zum Jahrestag des Prozessbeginns wurde deshalb eine Podiumsdiskussion organisiert, bei der Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft über die gesellschaftlichen Folgen diskutierten, die sich aus der Aufdeckung und Aufarbeitung der Taten des NSU ergeben.
Auch eine breite Öffentlichkeit in der Stadt sollte erreicht werden, weshalb die Grass Lifter eine Kunstaktion auf dem Zwickauer Hauptmarkt starteten. In einer symbolischen Aktion wurden 150 Luftballons in den Himmel steigen gelassen, an denen sich unbeantwortete Fragen zu den Themen Rechtsextremismus, NSU und Gesellschaft befanden. Die Fragen ergaben sich im Dialog mit Schülerinnen und Schülern der Pestazlozzi Schule und den Grass Liftern. „Wir wollen damit symbolisch Fragen, die auch in der Stadt Zwickau entstanden und zum Teil unbeantwortet sind, über das Bundesland Sachsen streuen. Das Gras, das zum Beispiel in der Frühlingsstraße 26 immer noch über die NSU-Sache wächst, muss überall ausgegraben werden.“
Um das Engagement der rein ehrenamtlich organisierten Gruppe zu unterstützen, hat die Amadeu Antonio Stiftung das Projekt gefördert. Schon 2013 hat die Gruppe Grass Lifter einen Anerkennungspreis im Rahmen des Sächsischen Förderpreis für Demokratie für ihren Einsatz um eine würdiger Erinnerung an die taten des NSU erhalten.