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„Von wegen importiert – Seit Langem tradiert“

Unter dem Deckmantel der Israelkritik demonstrierten auch im letzten Jahr während des Gaza-Krieges deutschlandweit Antisemiten, wie hier in Bremen im Sommer 2014

Einmal im Jahr findet in Berlin Deutschlands größter antisemitischer Aufmarsch statt. Um die antisemitische Hetze nicht unkommentiert zu lassen, unterstützt die Amadeu Antonio Stiftung die Gegenproteste und Info-Veranstaltungen zum Al Quds Tag. Auch in diesem Jahr protestieren gegen diesen antisemitischen Aufmarsch zahlreiche Einzelpersonen, Initiativen und Bündnisse.

Es ist gerade ein Jahr her, als in den verschiedensten deutschen Städten wieder „Juden ins Gas“ gefordert wurde. Damals war es der Gaza-Konflikt, der die Massen gegen Israel und Juden auf die Straße brachte und es hierbei auch selten bei den antisemitischen Parolen blieb. Nach einer Demonstration in Essen machte sich ein Mob von Antisemiten jeglicher Coleur auf, um den Worten auch Taten folgen zu lassen: Sie griffen proisraelische beziehungsweise antisemitismuskritische Gegendemonstranten an, bewarfen sie mit Flaschen und Steinen. Angeblich wurde die Essener Synagoge erklärtes Ziel antisemitischer Teilnehmer dieser Kundgebung, der Angriff konnte nur durch die Polizei verhindert werden.

Gegenveranstaltungen zum Al Quds Tag am 11.Juli in Berlin

Parolen wie „Tod den Juden“ sind auch auf dem am 11. Juli stattfindenden Al-Quds-Marsch eher Regel als Ausnahme. Und auch dort ist eine Querfront von Linken bis Rechten, radikalen Islamistinnen und Islamisten wahrscheinlich. Antisemitismus ist kein nach Deutschland eingewandertes Problem, Antisemitismus ist gesellschaftlich und hat in Deutschland eine lange Tradition.

Hintergrund ist der vom iranischen Regime zu Propagandazwecken ins Leben gerufene „Al Quds Tag“ („Quds“ steht im arabischen für Jerusalem). Jedes Jahr am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan findet er statt, in Iran ist er gesetzlicher Feiertag. Der 1979 vom iranischen Geistesführer Ayatollah Chomenei ausgerufene Al Quds Tag, an dem zur Vernichtung Israels aufgerufen wird, ist mittlerweile die größte in Deutschland stattfindende antisemitische Veranstaltung.

Antisemitismus ist kein Randphänomen

Auch bei der Rechtsextremen Rapperin „Dee Ex“ stoßen die Berliner Al Quds-Organisatoren da nur allzu leicht auf eine antisemitische Vorliebe, sodass auch sie im letzten Jahr an dem Marsch teilnahm. Antisemitismus ist jedoch kein Randphänomen, sondern „wird in Europa immer salonfähiger“, wie das Antifaschistische Berliner Bündnis gegen den Al Quds Tag die derzeitige Situation für Juden in Europa beschreibt. „Immer mehr jüdische Gemeinden fühlen sich akut bedroht. Die antisemitische Bedrohung äußert sich vielseitig, nicht nur durch unzählige Hass-Kommentare im Internet. Immer wieder kommt es auch zu körperlichen Angriffen“, erklären sie.

Die Al Quds-Organisatoren wenden sich offiziell „gegen Antisemitismus und Zionismus“. Unter dem Deckmantel der sogenannten „Israelkritik“ bedienen sie sich jedoch klassischer antisemitischer Stereotype, wenn sie etwa Israel mit „jüdischen Eigenschaften“ belegen und Israel als „herrschsüchtig“, „raffgierig“ oder „Kindermörder“ darstellen.

Infoveranstaltung, Demonstration und Broschüre

Auch das Mideast Freedom Forum Berlin in Kooperation mit der Kampagne STOP THE BOMB engagiert sich gegen diesen antisemitischen Aufmarsch. Am gestrigen Donnerstag diskutierten Dr. Stephan Grigat, Fathiyeh Naghibzadeh und Thomas von der Osten-Sacken gemeinsam, welche Auswirkungen die iranische Politik auf den Nahen Osten hat, welche Funktion dem Al Quds Tag dabei zukommt und warum Politik und Medien über diesen von radikal islamischen, rechten und linken Antiimperialisten unterstützten Aufruf zur Vernichtung Israels hinweg sehen. Die Amadeu Antonio Stiftung hat bei der Realisierung finanzielle Unterstützung geleistet, um am Samstag nicht nur ein wichtiges Zeichen gegen antisemitische Hetze auf der Straße zu setzen, sondern auch langfristig bildungspolitische Arbeit gegen Antisemitismus zu leisten.

Um jedoch nicht nur die gleichen Personen anzusprechen und damit den Fokus auf das Ausmaß antisemitischer Gewalt zu legen, veröffentlicht das Berliner Bündnis gegen den Al Quds Tag mit finanzieller Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung eine Broschüre mit Hintergrundinformationen und der Kritik am Al Quds Tag. Hier informieren sie über die Ausprägungen und Aspekte von israelbezogenem Antisemitismus und stellen fest: „Antisemitismus ist weder ein Phänomen ausschließlich muslimischer Communities noch ein „importiertes“ Problem. Die Kontinuitäten vom Nationalsozialismus zur deutschen Gesellschaft nach 1945 werden damit ausgeblendet“.

Von Imke Kummer

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