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Mitmachen statt mithassen

Mitreden, beteiligen, gestalten – das ist der Schlüssel zu einer gelebten demokratischen Kultur. Wie das funktionieren kann, vermittelt das Netzwerk für Demokratische Kultur mit Open Space Seminaren in ganz Sachsen. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt das Projekt mit einer Förderung.

Von Jonas Vetter

Sachsen: Die AfD bei der Bundestagswahl stärkste Kraft, traurige Schlagzeilen aus Heidenau, Freital und Connewitz. Die Ereignisse von Chemnitz sind der vorläufige Höhepunkt einer andauernden Entwicklung. Was tun? Das Konzert unter dem Motto #wirsindmehr in Chemnitz macht deutlich, dass es fatal wäre ein Bundesland als verloren zu bezeichnen. Auch wenn sich der Eindruck aufdrängt, dass das Land mit 65.000 Konzertbesucher*innen ein größeres Problem hat als mit Nazis auf Migrantenjagd.

Im Osten nichts Neues?!

Es gibt sie aber doch, positive Nachrichten aus Sachsen. Sie kommen von Projekten, die sich gegen die langsam zur Normalität werdenden Zustände stellen. Und dies, obwohl es für jene die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen, sehr ungemütlich werden kann. Ungemütlich entweder durch Angriffe auf der Straße, oder durch Attacken auf Demokratieprojekte durch den politischen Arm rechter Schlägertrupps.
Das Netzwerk für Demokratische Kultur in Wurzen ist so eine Gruppe: Menschen die nicht wegsehen und den Mund aufmachen. Gegen Widerstände setzen sie sich hier für eine demokratische Zivilgesellschaft ein und haben auch den Mut dazu, Rechtsextremismus als solchen zu benennen. Auch wenn man damit vor Ort eher zum Nestbeschmutzer gemacht wird.

In Wurzen spiegelt sich, was man im ganzen Bundesland beobachten kann. Das Image des Bundeslandes geht vor der ernsthaften Auseinandersetzung mit Problemen. Das hat sich seit Biedenkopfs „Die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus“ nicht wirklich geändert. Auch wenn mittlerweile mehr als deutlich sein sollte, dass der Stempel den Sachsen dadurch erhalten hat, das viel größere PR-Desaster darstellt. Das NDK stellt sich seit seiner Gründung im Dezember 1999 gegen diese Haltung und ist langer Partner der Amadeu Antonio Stiftung. 2002 konnte durch eine gemeinsame Spendenaktion von Amadeu Antonio Stiftung und Zeit ein Haus im Zentrum der Stadt erworben werden, in dem das NDK bis heute seinen Sitz hat. Wegen seines Engagements wird das NDK selbst angegriffen und diskreditiert. Eine gezielte Kampagne soll dazu führen, dass dem Verein Fördergelder gestrichen werden, die Engagierten werden als „Hetzwerk“ beschimpft. Für das NDK kein Grund, zurückzuweichen, im Gegenteil: Sie bestätigen nur, dass die Arbeit des Vereins wichtiger ist denn je. Die Antwort des Vereins: Ein weit sichtbares Banner mit dem Aufdruck „Herzwerk für demokratische Kultur“ am vereinseigenen Haus.

Ein Raum für Debatte

In diesem Jahr führt das NDK mit finanzieller Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung an mehreren Schulen Open Space Seminare mit dem Fokus „Menschlichkeit“ durch. Was heißt Open Space? Charakteristisch ist die inhaltliche Offenheit der Runden. Thema ist, was die Leute interessiert. Die Frage, was Demokratie soll, spiegelt sich in den Seminaren somit in zweifacher Hinsicht: thematisch und methodisch. Dieses Format veranstaltet das NDK für zwei Zielgruppen: für Schüler*innen und in abgewandelter Form für die interessierte Öffentlichkeit. Die ersten Runden finden stets in kleinem Rahmen statt, so dass die Teilnehmenden die Möglichkeit haben offen zu sprechen. In den vertiefenden Runden werden dann Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft und Politik in die Gespräche einbezogen. Bürgermeister, lokale Vereine und die Polizei sind mit von der Partie.

Damit soll gezeigt werden: Was kann ich tun, damit meine Anliegen durchkommen? Damit wird den Menschen verdeutlicht, wie sie Gehör finden können. Politik ist nichts abstraktes, was irgendwo in der Großstadt stattfindet, sondern durch Beteiligung direkt vor Ort passieren kann. Bis jetzt lief das Projekt mit positiver Resonanz an, es werden weitere Schulen an verschiedenen Orten in Sachsen folgen.
Rechtsextremismus und Entfremdung vom politischen Prozess werden gerne damit erklärt, dass den Leuten zu wenig zugehört wurde. Projekte wie dieses sind Mittel dagegen.

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