Wann? 09.10.2023, 19:00 Uhr
Wo? Bodo-Uhse-Bibliothek, Berlin
Wer? VVN BdA Lichtenberg, Antisemitismusbeauftragter Bezirk Lichtenberg
Hella Zacharias lebte mit Mann und Tochter in Berlin, als sie als Juden von der Gestapo ausfindig gemacht und in den sicheren Tod deportiert werden sollten. Die Familie trennte sich, alle drei entzogen sich dem Abtransport und tauchten unter. Hella war zusammen mit ihrer 5jährigen Tochter Hannelore auf der Flucht, als die beiden auf den Eisenbahner Fritz Kittel trafen. Er versteckte beide und gab Hella später als Ehefrau und Hannelore als die eigene Tochter aus.
Esther Dischereit, Schriftstellerin und Tochter von Hella Zacharias, recherchierte die Fluchtgeschichte ihrer Mutter und Schwester. Als sie auf Fritz Kittel stieß, gelang es ihr, seine Nachkommen ausfindig zu machen. Sie hatten von der Unterstützung der Zacharias-Familie durch Fritz Kittel nichts gewusst. Die Familien begaben sich zusammen auf die Suche nach Familienspuren, in Polen und in Hessen. In der Ausstellung „Wer war Fritz Kittel“, die in Kooperation mit Deutsche Bahn zuerst im Deutschen Technikmuseum in Berlin gezeigt wurde, erzählt Esther Dischereit von dieser Geschichte. In 17 Textstücken erzählt sie von Irrtümern und Entdeckungen, Annahmen und Leerstellen. Sie korrespondieren mit Dokumenten und Objekten, Fotografien, Reisezetteln und anderen Stücken. Während Fritz Kittel den „Illegalen“ half und sie mit falschen Papieren versorgte, waren andere Eisenbahner – die Lokführer, das Begleitpersonal, die Führungsetagen der Reichsbahn – diejenigen, die die Sonderzüge in den Tod fuhren und logistisch koordinierten. Mehr als 3 Millionen Menschen führten sie den Vernichtungslagern zu. Niemand ist bis heute dafür verurteilt worden. Am 9. Oktober wird Esther Dischereit von der Flucht ihrer Mutter und Schwester berichten, von der gemeinsamen Spurensuche mit der Familie Kittel und den Erfahrungen, die sie im Kontext der Ausstellung machen konnte.