Unmittelbar nach dem Krieg entsteht in der BRD eine Neue Linke, die aus dem messianischen Willen geboren wird, ein erneutes Erstarken des Nationalsozialismus zu verhindern. Die Gründung des Staates Israel als „Refugium der Holocaustüberlebenden“ wird von ihnen einhellig gefeiert. Sie porträtieren Israel als Land der „blühenden Landschaften, schönen Frauen und des guten Weins“, loben das Militär als „widerständig“, die Kibbutzim als „fortschrittlich“ und den Zionismus als „antikoloniales Projekt“. Nur ein Jahrzehnt später hat sich dieses Israelbild ins absolute Gegenteil verkehrt. Israel ist nun Teil des „militärisch-industriellen Komplexes“ und bildet einen „Brückenkopf der US-Regierung“ im Nahen Osten. Der vorige „Sehnsuchtsort“ wird nun als „Apartheitsstaat“ bezeichnet. War es der Neuen Linken zuvor noch ein Anliegen gewesen, die historische Schuld der BRD gegenüber Israel zu betonen, so spricht man nun von einem „Judenknax“ der Deutschen, der einen objektiven Blick auf diesen nun faschistischen Staat verstelle. Diese Denkweise kulminiert schließlich 1969 in einem versuchten Anschlag auf eine Synagoge voller Holocaustüberlebender. Könnte diese Wahnsinnstat noch als das Handeln einer radikalen Minderheit innerhalb der Neuen Linken verbucht werden, untersucht der Vortrag gerade nicht diese vermeintlich radikalen Auswüchse, sondern die ideologischen Grundlinien der Neuen Linken, die einen antizionistisch grundierten Antisemitismus überhaupt erst ermöglicht haben. Im Zentrum der Untersuchung stehen dabei verschiedene Generationskonstellationen innerhalb der Neuen Linken und ihr Verhältnis zu Erinnerung und Schuld. Der Vortrag basiert auf einem Kapitel der Doktorarbeit von Lennard Schmidt, die den Antisemitismus innerhalb der Neuen Linken thematisiert.
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