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Glossar

Glossar

Im Kontext unserer Arbeit verwenden wir lebensraumbezogene Begriffe der Netzkultur und digitaler Hassphänomene.
Diese Übersicht an Begriffserklärungen ist im ständigen Wachsen begriffen und wird regelmäßig ergänzt.

Animoji/ Memoji

Animojis sind animierte Emojis, deren Mimik von Usern selbst eingespielt werden kann. Dafür braucht es nur die Frontkamera am Endgerät – den Rest erledigt eine Gesichtserkennungs-Software. Dabei stehen verschiedene Animojis zur Auswahl, bspw. ein Äffchen oder ein Roboter.

Außerdem können Memojis angelegt werden. Das sind animierte Avatare, deren Aussehen vielfältig geändert werden kann – bspw. um das eigne Erscheinungsbild widerzuspiegeln. Einmal erstellte Memojis funktionieren dann wie Animojis.

Bashtag

Zusammensetzung von Hashtag und to bash, sprich auf etwas/jmd. eindreschen. Umgangssprachlich bedeutet to bash auch soviel wie (verbal) schlechtmachen, beleidigen. Ein Bashtag ist ein Hashtag, das genau dieses Ziel verfolgt. Manche Bashtags drücken allgemein Ablehnung aus und sind vielfältig anwendbar. Andere Bashtags werden ins Leben gerufen, um kollektiv gezielt etwas oder jemanden schlecht zu machen – wie bei einem Shitstorm. Außerdem können beliebte Hashtags gekapert werden, indem sie massenhaft entgegen ihrer ursprünglichen Intention verwendet werden. Ein Hashtag wird dann zum Bashtag gegen dessen Urheber*innen.

Clickbaiting

Eine Strategie zum Gestalten von Artikelüberschriften beziehungsweise Bildern, welche die Zugriffszahlen zu einem Weblink erhöhen soll. Dafür werden häufig starke Emotionen genutzt, um Aufmerksamkeit einzufangen und Neugier zu wecken. Außerdem wird (z.T. unterschwellig) eine Informationslücke hinterlassen, die auf den Link verweist, um einen Click sicherzustellen. Typischerweise bietet der verlinkte Inhalt selbst letztendlich wenig Anlass für starke Emotionen, außer vielleicht Enttäuschung. Wer den Inhalt erstellt hat, hat durch den Click aber ggf. Reichweite oder Werbeeinnahmen generiert.

Counter Speech

Zu Deutsch Gegenrede. Gemeint ist: Hetze und menschenfeindliche Kommentare im Netz nicht einfach zu tolerieren, sondern ihnen verbal entgegenzutreten. Counter Speech ist ein wichtiges Signal, um Hate Speech entschieden zu begegnen und die Nicht-Akzeptanz zu verdeutlichen. Damit können sich Engagierte verbünden und Betroffenen Unterstützung bieten. Darüber hinaus schafft Counter Speech ein essentielles Gegengewicht auch für die stillen Leser*innen, die nicht selbst kommentieren, aber sich durch das Lesen von Kommentaren eine Meinung bilden.

Cyber Mobbing

Macht Betroffenen durch Beleidigen, Bedrohen oder Denunzieren eine selbstbestimmte Lebensführung, auch digital, unmöglich. Ziel ist häufig das Verdrängen von Personen(-gruppen) aus der Öffentlichkeit durch eine starke psychische Belastung. Manchmal ist diese auch das Hauptziel. In Österreich gilt Cybermobbing seit 2016 als eigenständiger Straftatbestand der „Fortgesetzten Belästigung auf dem Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems“ (§107c StGB). In Deutschland hingegen fällt Cybermobbing unter „Nachstellung (unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation)“ (§238 StGB).

Cybergrooming

Ist eine Form der Anbahnung im Internet und versteht sich als Form gezielter sexueller Belästigung, bei der oft eine falsche Identität verwendet wird um unter einem Vorwand meist minderjährige Personen in unterschiedliche Formen sexueller Handlungen zu verwickeln. Weitere Infos: Frauen gegen Gewalt e.V.

Dangerous Speech

Gefährliche Sprache macht aus einer unliebsamen Personengruppe ein Feindbild und möchte darüber Gewalt gegen diese Personen allgemein rechtfertigen, oder sogar konkret zu Gewalt anstiften. Im Gegensatz zu Hate Speech wird der Angriff nicht direkt an die Betroffenen adressiert, sondern andere werden gegen die Betroffenen aufgehetzt. Die Betroffenen werden sprachlich entmenschlicht und als Gefahr dargestellt, z.B. im Vergleich mit Insektenplagen oder Krankheiten. So wird bei den Adressat*innen Angst und Wut geschürt und ihnen nahegelegt, dass die angebliche Bedrohung mit Gewalt abgewehrt werden müsse. Gefährliche Sprache bedient sich dabei oft toxischer Narrative und verschlüsselter Sprache.

Dark Social

Frei übersetzt so viel wie geheimes soziales Netzwerk. Darunter fällt Kommunikation, die nicht öffentlich einsehbar und über Instant Messenger, Chats oder Emails verläuft. Also auf abgeschlossenen Servern, wie etwa auf der für Gamer gedachten Plattform Discord oder in privaten Messengern wie etwa Whatsapp oder Telegram. Das Dark Social wird immer größer, da Menschen vermehrt nach interessenbezogenen Communitys suchen und sich von großen Plattformen abwenden.

Debatte

Ein vereinbartes Streitgespräch zu einem konkreten Thema und nach formalen Regeln, um einen sachlichen und produktiven Ablauf zu gewährleisten.

Debunking

Entlarven einer Information oder einer Behauptung als falsch oder trügerisch.

Deplatforming

"Deplatforming", auch unter "no-platforming" bekannt, ist eine Strategie von Plattformbetreiber*innen, um Personen, die ihre Plattformen nutzen, um unerwünschte Inhalte, zum Beispiel Hate Speech, zu verbreiten, von der Plattform auszuschließen, indem das Profil gelöscht/Gespertrt wird. Ziel der Plattformen ist, die selbst gesetzten Richtlinien (z.B. gegen Hate Speech) einzuhalten und durchzusetzen. Diese Art des politischen Aktivismus online, entzieht z.B. bekannten Verschwörungsideolog*innen ihre Reichweite und auch, ihre Bezahlung, die sie ggf. mit ihrem Content erhalten. Kritiker*innen sehen zwar, dass deplatforming Personen, die z.B. menschenfeindliche Ideologien verbreiten, die Basis entzieht, jedoch suchen diese sich als Reaktion einen anderen Ort, also andere Foren oder kreieren sich neue Profile unter Decknamen, in denen sie weiter ihr Unwesen treiben. Aus Sicht von Kritiker*innen ist es also nur eine Verschiebung des Problems, dass Hate Speech praktiziert wird oder menschenfeindliche und antidemokratische Inhalte ins Netz gestellt werden. Außerdem kann deplatforming zu einem Streisand-Effekt führen.

Desinformation

Durch die schiere Menge an Informationen wird es immer schwieriger herauszufinden, welche Informationen verlässlich sind und welche nicht. Desinformation bezeichnet Strategien, die diesen Zustand ausnutzen, um bspw. Falschmeldungen/ Fake News zu verbreiten und Zweifel an etablierten Informationsquellen zu schüren. Selbst wenn der Falschmeldung nicht ganz geglaubt wird, trägt sie zu einem Klima bei, in dem anderen Quellen  ebenfalls nicht mehr getraut wird. Auf diese Weise wird die Spaltung der Zivilgesellschaft vorangetrieben. (Siehe auch: Fake News)

Dialog

Das wechselseitige sprechen oder schreiben von zwei oder mehr Personen in Bezug aufeinander. Im Gegensatz dazu steht der Monolog, bei dem nur eine Person mit sich selbst oder vor anderen spricht.

Digital Natives

Der Begriff bezeichnet die Generation einer Gesellschaft, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist.

Digital Streetwork

Im Netz praktizierte lebensraumorientierte Jugend(sozial)arbeit. Unser Projekt debate hat das Konzept aus Teilbereichen der offline-Jugend(sozial)arbeit entworfen. Für Jugendliche und junge Erwachsene, die von Einrichtungen der Jugendarbeit nicht erreicht werden können, bietet sich offline die Mobile Jugendarbeit (Streetwork genannt und rechtlich zwischen § 11 SGB VIII Jugendarbeit und § 13 SGB VIII Jugendsozialarbeit angesiedelt) an. Ähnliche Voraussetzungen finden wir beim Surfverhalten vieler Jugendlicher im quasi-anonymen Web 2.0. Das Praxisfeld der Mobilen Jugendarbeit/Streetwork und einzelne Elemente der Offenen Jugendarbeit eigneten sich daher für die Übertragung in eine Online-Jugendarbeit.

Digitale Kluft

Mit diesem Begriff können unterschiedliche Formen des Zugangs oder der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien beschrieben werden. Oftmals geht es um generationelle und schichtabhängige Unterschiede, aber auch Verfügbarkeit von Internetzugänglichkeit (Stichwort Breitband) kann eine Kluft/ Spaltung erzeugen.

Eine zentrale Frage unserer Zeit ist, ob es nicht ein festgeschriebenes Gesetz zur Berechtigung eines Internetanschlusses für alle geben sollte.

Digitale Mündigkeit

Meint die Befähigung Informations- und Kommunikationstechnologien benutzen zu können und dadurch eine digitale Teilhabe zu ermöglichen.

Digitale Zivilgesellschaft

Zivilgesellschaft meint eine Gemeinschaft, in der der soziale Umgang miteinander auf geteilten demokratischen Werten wie Gleichwertigkeit und Teilhabe beruht. Sie wird von Institutionen getragen, lebt aber vor allem im Handeln einzelner und aller Personen in einer Gesellschaft. Das Internet wurde lange Zeit als Parallelgesellschaft angesehen. Inzwischen ist die gesellschaftliche Kommunikation über digitale Medien nicht mehr wegzudenken. Das Eintreten für eine digitale Zivilgesellschaft meint deshalb, dass es für unsere Gesellschaft wichtig ist, auch im Internet für ihre demokratischen Werte einzustehen. Das heißt: Werte und Wissen vermitteln, einen zivilen Umgang miteinander pflegen und Teilhabe ermöglichen.

Digitalpakt

Der sog. Digitalpakt ist ein großes Vorhaben von Bund und Ländern, um die Digitalisierung an Schulen voranzutreiben. Bildung ist in Deutschland Sache der Bundesländer, aber der Bund will finanziell aushelfen. Dafür wird an Gesetzesänderungen u.a. am Grundgesetz gearbeitet. Bisher ist es jedoch nicht gelungen sowohl die verschiedenen Interessen der Parteien im Bundestag, als auch die Interessen der Länder im Bundesrat zu vereinen.

Diskurs

Mit dem Begriff »Diskurs« wird in verschiedenen geisteswissenschaftlichen Theorien teils recht unterschiedlich gearbeitet. Verkürzt dargestellt geht es Diskurstheorien um die Untersuchung des Eigenlebens, das Kommunikation in der Gesellschaft entwickeln kann. Im allgemeinen Sprachgebrauch meint Diskurs grob die Verhandlung eines Themas innerhalb eines sozialen Zusammenhangs (zu einer bestimmten Zeit). Es gibt also eine Vielzahl an Diskursen, die sich über Zeit verändern.

Diskussion

Ein Austausch von Standpunkten, Argumenten und Meinungen zu einem Thema oder einer Fragestellung.

Dogwhistling

Angelehnt an Hundepfeifen, die nur von Hunden und nicht von Menschen gehört werden. Dogwhistling bezeichnet eine Kommunikationstechnik, bei der mit unscheinbaren Codes innerhalb einer Botschaft eine weitere, geheime Botschaft versteckt wird. Die geheime Botschaft richtet sich gezielt an Personengruppen, die mit den Codes vertraut sind, während andere sie gar nicht wahrnehmen. Das kann zum Beispiel über die Wahl von Bezeichnungen geschehen, die harmlos und alltäglich erscheinen, in bestimmten Milieus aber mit menschenfeindlichen Weltanschauungen in Verbindung stehen. Ein Großteil des Publikums schenkt diesen Wörtern keine gesonderte Beachtung, Anhänger*innen der entsprechenden Weltanschauung verstehen die Wortwahl aber als Bekenntnis dazu.

Dox(x)ing

Das Veröffentlichen privater und geschützter Daten anderer Personen, z.B. der Wohnadresse, im Internet. Die Motivation ist meist die Betroffenen einzuschüchtern und ihnen Schaden zukommen zu lassen. Betroffene von Doxing erleben meist nicht nur die Bloßstellung und Verbreitung, sondern sind auch mit einhergehenden Folgetaten konfrontiert, da sie öffentlich als Ziele markiert wurden. Täter*innen können im Internet auf viele Weisen an persönliche Daten gelangen. Sowohl das Beschaffen als auch das Verbreiten dieser Daten ist i.d.R. strafbar.

Echokammer und Filterblase

Viele Menschen neigen dazu, sich in sozialen Netzwerken mit Gleichgesinnten zu umgeben und dabei gegenseitig in der eigenen Position zu verstärken. In einer solchen Echokammer entsteht dann der Eindruck, dass die eigene Position Mehrheitsmeinung ist. Zu unterscheiden ist die Echokammer von der Filterblase: dieser Begriff meint, dass den Nutzer*innen sozialer Netzwerke durch die Algorithmen vorrangig Inhalte angezeigt werden, die für sie aufgrund ihres Nutzungsverhaltens als relevant eingestuft wurden.

Emoticon/ Emoji

Zeichen oder Zeichenfolgen, welche im digitalen Schriftverkehr Gefühle und Stimmungslagen wiedergeben sollen. Der klassische Smiley besteht aus Doppelpunkt und Klammer-zu. Mittlerweile haben sich sehr vielfältige grafische Darstellungen etabliert, sodass nicht mehr Buchstaben und Satzzeichen kombiniert werden müssen, um Gesichter darzustellen.

Fake News

Direkt übersetzt: Falschmeldung. Der Begriff ist allerdings mit unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen. In den USA ist »Fake News« oft das Äquivalent der »Lügenpresse« im Deutschen, wirft also einer Berichterstattung vor, gezielt zu täuschen. Journalismus wird so diskreditiert und delegitimiert. In Deutschland meint »Fake News« vornehmlich falsche oder vorgebliche Berichterstattungen, die sich in sozialen Netzwerken schnell verbreiten und mitunter auch von Journalist*innen aufgegriffen werden. In der Regel arbeiten Fake News emotional zu Themen, die Menschen aufwühlen und einen Handlungszwang suggerieren. Besonders problematisch ist das, wenn menschenfeindliche Narrative bestärkt werden, wie es etwa als Nachrichten verpackte Lügen über Geflüchtete tun. Wir sprechen eher von unterschiedlichen Arten der Desinformation. (Siehe auch: Desinformation)

Gifs

Abkürzung für Graphics Interchange Format. Das Dateiformat für Bilder arbeitet mit einer sehr begrenzten Farbpalette, erlaubt transparente Bildpunkte und was es besonders auszeichnet: Bildfolgen, mit denen sich Animationen oder kurze Videos darstellen lassen. Wegen dieser Besonderheit meint »Gif« im Sprachgebrauch meist eine entsprechende Animation.

Hashtag

Bezeichnet das Doppelkreuz Schriftzeichen gefolgt von einem Begriff. Hashtags dienen Beiträgen als Schlagwörter und markieren Inhalte. Diese werden dadurch in einen Kontext gesetzt und so in sozialen Medien auffindbar. Wenn ein bestimmtes Hashtag aktuell häufig genutzt wird (er also »trendet«), ist das ein Anzeichen für die Popularität des Themas.

Hate Speech

In Deutschland orientiert sich dieser Begriff im Wesentlichen am Tatbestand der Volksverhetzung, Beleidigung und übler Nachrede. Jedoch ist Hate Speech kein juristischer Begriff, sondern ein politischer und umfasst damit auch Aussagen, die über strafrechtlich relevante Ausdrucksformen hinausgehen. Das diskriminierende Moment ist das entscheidende Kriterium für die Einordnung eines Inhaltes als Hate Speech. Dies entspricht weitestgehend dem Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, wonach sich folgende Definition als Arbeitsgrundlage ergibt: „Ausdrucksform, die Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexuellen Orientierung, körperlichen Einschränkungen, Religion angreift, entsprechende Ausdrucksformen fördert, rechtfertigt oder dazu anstiftet.“

Medienbildung

Theorie und Praxis einer Auseinandersetzung mit (neuen) Medien in Form didaktischer Maßnahmen zur Befähigung und Kompetenzerweiterung sowie Reflexion einer Ethik der Nutzung und des Wandels.

Meme

Meme sind digitale Botschaften, bei denen Bild und Text zu einem aussagekräftigen Motiv verbunden werden. Sie werden von User*innen generiert und in sozialen Medien verwendet. Ist ein Mem anschlussfähig, wird es von anderen User*innen aufgegriffen und geteilt, geändert und weiterentwickelt. Die Referenz auf ein kulturelles Ereignis oder Phänomen liegt oft im Kern eines Mem, sodass die Kenntnis oder Nichtkenntnis teilweise als Symbol der Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu einer Gruppe dient.

Overton Window

Das Overton Window of Political Possibility ist ein vereinfachtes Modell der öffentlichen Meinung. Es besagt, dass sich in der Öffentlichkeit einige Aussagen mehr im Fenster des politisch Akzeptablen befinden und andere weniger. So sollen Entscheidungen von Politker*innen im Kontext öffentlicher Meinung erklärt werden können. Laut Autor haben Politiker*innen selbst keinen Einfluss auf den Inhalt des Fensters und können nur ihre Positionen abgleichen und Risiken einschätzen. Politischer Wandel basiere aber auf sozialen Änderungen. Soziale und politische Bewegungen seien imstande das Fenster zu verkleinern, zu vergrößern oder zu verschieben. Gesetzesänderungen seien vor allem dann von Dauer, wenn sie durch Forderungen von sozialen Bewegungen entstehen.

Red Pilling

Entlehnt aus dem Kinofilm »Matrix«. Der Filmprotagonist muss sich entscheiden: Durch das Schlucken der »roten Pille« erfährt er die schreckliche Wahrheit über die Welt und die Illusionen, denen er bisher ausgeliefert war. Schluckt er die »blaue Pille«, bleibt er ahnungs- und sorglos in den Illusionen des Systems gefangen. Im Zusammenhang mit einigen menschenfeindlichen Ideologien wird dieses Bild genutzt, um die entsprechende Ideologie als die »rote Pille« der Wahrheit darzustellen, die schwer zu schlucken sei. Die »blaue Pille« der beschwichtigenden Lüge steht dann für die Mainstreammedien, unliebsame Politiker*innen und andere Personen – kurz die allgemeine Weltverschwörung.

Shitstorm

Von einem Shitstorm ist die Rede, wenn viele Personen ihre Wut spontan oder organisiert an ein Ziel adressieren. Neben sachlicher Kritik und berechtigter Empörung enthalten Shitstorms auch schlicht hasserfüllte Beiträge. In der Regel soll ein Shitstorms die öffentliche Aufmerksamkeit auf einen Missstand lenken, um eine Änderung zu bewirken. In anderen Fällen geht es nur darum, Wut zu entladen und Schaden anzurichten. Dann kommt es zu Hassrede, Abwertungen, Beleidigungen und Drohungen. Für betroffene Personen hat das Folgen für die Psyche. Organisationen können auch wirtschaftlich betroffen sein, an Glaubwürdigkeit und Ansehen verlieren. Hate-Speech-Shitstorms sind oft organisiert. Dies geschieht über Aufrufe in rechtspopulistischen Facebook-Gruppen oder rechtsalternativen Medien, aber auch über Troll-Netzwerke oder Server wie »Reconquista Germanica«, die Hass als Spiel aufziehen. Ziel ist dann deutlich, demokratische Akteur*innen zu diskreditieren, zu trollen und aus dem Diskurs zu drängen.

Streisand-Effekt

Der "Streisand-Effekt" ist ein Konzept, welches aufzeigt, dass der Versuch, Inhalte, z.B. online, zu unterdrücken, indem sie gelöscht oder gesperrt werden, dazu führen kann, dass gerade diesen Inhalten erst Recht öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird. Menschen werden erst durch die Nachricht, dass z.B. ein Profil einer Verschwörungsideolog*in gesperrt wurde, auf diese aufmerksam und googlen sie, wodurch die Person Clicks erhält und an Relevanz in den Strukturen des Internets gewinnt.

Themen-Hopping

Eine Taktik mit dem Ziel von einem angesprochenen Thema bzw. Problem abzulenken, indem ein anderes Problem aufgebracht wird, welches ersterem aber gar nicht entgegensteht. Beispielsweise wenn auf das Problematisieren des Sterbens vieler Menschen mangels Seenotrettung auf Fluchtrouten im Mittelmeer reagiert wird mit: »Und was ist mit deutschen Obdachlosen?« Auch wenn niemand gesagt oder gemeint hat, dass anderen Menschen, die Hilfe brauchen, nicht geholfen werden soll.

Toxische Narrative

Erzählungen und Muster zur Interpretation von Ereignissen, die Hass verbreiten und verstärken. Toxische Narrative sind sehr anschlussfähig und halten sich hartnäckig überall in der Gesellschaft. Ein typisches toxisches Narrativ ist das vom kriminellen Ausländer, das Migrant*innen unter Generalverdacht stellt. Dieses Narrativ wurde z.B. bedient, als bei der Mordserie des NSU gegen die Angehörigen der Opfer ermittelt wurde, statt Hinweisen auf rechten Terror nachzugehen. Wer eine einzelne Erzählung für wahr hält, muss nicht grundsätzlich an das verknüpfte Narrativ glauben. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dies früher oder später geschieht. Daher gilt es, solche Narrative zu entschlüsseln und auf ihren Kerngehalt zu untersuchen, um ihnen fundiert und erfolgreich begegnen zu können.

Toxisches Verhalten

Bewusstes oder unbewusstes Verhalten, das den sozialen Umgang und das soziale Klima in einer Situation negativ beeinflusst. Bspw. kann das Klima einer Diskussion durch aggressives Redeverhalten, ständiges Ins-Wort-Fallen oder Drohgebärden beschädigt werden und die Diskussion verunmöglichen. Aber auch unterschwelliges toxisches Verhalten kann zu einem Klima beitragen, dass Phänomene wie Hate Speech anzieht und hervorbringt. Denn oft wird toxisches Verhalten wiederum mit toxischem Verhalten begegnet.

Trollkultur/Trolling

Eine provokative Kommunikation in sozialen Netzwerken, die nicht dem Austausch dient, sondern darauf abzielt bei Adressat*innen unsachliche/ emotionale Reaktionen zu auszulösen, oder sie zum Überreagieren zu bringen. Ein weiteres Ziel kann sein, einer Person Kraft und Zeit zu rauben, die sie grundsätzlich für eine Reaktion aufbringen muss. Auf diese Mühe folgt häufig nur eine weitere, plumpe Provokation. Populär ist deswegen der Spruch »don't feed the troll« (engl. für: Troll nicht füttern!). Manche Trolle verschreiben sich vermeintlich dem reinen Spaß, andere trollen bewusst politisch oder menschenfeindlich. Teilweise werden organisierte Trollaktionen eingesetzt, um gezielt Personen zu schaden oder ernstgemeinte Kommunikation anderer grundsätzlich zu verunmöglichen.

Viral

Bezeichnet die epidemische Verbreitung eines Inhalts auf sozialen Medien.

Whataboutism/Derailing

Eine Taktik um die Aufmerksamkeit weg von einer Aussage hin zur Person zu lenken, von der sie kommt. Die Ansprache eines Problems oder ein Vorwurf wird mit einem Gegenvorwurf beantwortet, statt sich tatsächlich mit dem Inhalt zu befassen. Das Gegenargument ist im Grunde: "Selber (noch schlimmer)!" Eine sachliche Diskussion wird so verhindert.

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