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Interview

„5 Fragen an…“ Jana Schneider von der Initative Hafenstraße’96

In der Nacht auf den 18. Januar 1996 brannte die Unterkunft von Asylsuchenden in der Hafenstraße 52 in Lübeck. Dabei starben 10 Menschen, 38 weitere wurden verletzt. Obwohl es eindeutige Hinweise auf Tatverdächtige aus der Neonaziszene gibt, wurden Ermittlungen ergebnislos eingestellt und ein rassistisches Motiv ausgeschlossen. Da die Indizienlage eindeutig auf einen rechtsextremen Hintergrund hinweist, dokumentieren wir die 10 Ermordeten in der Auflistung der Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland. Die Initiative Hafenstraße ´96 aus Lübeck setzt sich für eine Aufklärung der Taten und eine Erinnerungskultur in der Stadt ein. Sie hat eine Petition für die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag von Schleswig-Holstein gestartet.

Dieses Jahr jährt sich die Tat zum 25. Mal, Grund genug um mit Jana Schneider über die Initative und ihre wichtige Arbeit zu sprechen:

Was ist in der Nacht des 18. Januar 1996 in der Lübecker Hafenstraße geschehen?

„Was ganz genau passiert ist, ist bis heute die große Frage. Vieles ist bis heute ungeklärt. Klar ist: 10 Menschen wurden bei einem rassistischen Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft am 18. Januar 1996 in Lübeck ermordet, 39 wurden verletzt.Einige starben direkt durch das Feuer, einige durch den Sturz beim Versuch sich zu retten. Bei einem Bewohner deutet einiges daraufhin, dass er schon vor Brandbeginn getötet wurde. Zudem befanden sich 4 Neonazis am Tatort.“

Warum konnten bis heute keine Schuldigen gefunden und verurteilt werden?

„Grob gesagt: Die Justiz war auf dem rechten Auge blind. Nicht nur, dass die Neonazis vor Ort waren, an ihren Körpern fand man brandstiftungs-typische Sengspuren. Es gab sogar Geständnisse vor einem Justizvollzugsbeamten und einem Journalisten. Trotzdem wurden die Verfahren eingestellt und stattdessen suchten Medien, Polizei und Staatsanwaltschaft die Schuld bei den Bewohner*innen. Einer wurde gleich 2 mal angeklagt und freigesprochen. Das rassistische Motiv wurde komplett ignoriert.“

Wie sieht eure Arbeit aktuell aus?

„Neben der Organisation für das jährliche Gedenken wurden Jahrzehnte lang Dokumente wie Zeugenaussagen und handschriftliche Notizen gesammelt, die nun digitalisiert wurden. Daraus konnten eine ganze Timeline und eine Karte erstellt werden, die in einem Verfolgungsradius zeigen wo sich die Neonazis in der Nacht tatsächlich befanden.
Unsere Hoffnung ist, dass irgendwer anfängt zu reden.“

Was wollt ihr mit der Petition erreichen?

„Wir brauchen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Auch wenn deren Untersuchungen im schlimmsten Falle nicht zu Verurteilungen führen können, so ist es fundamental wichtig für die Betroffenen, die Stadt und die Gesellschaft, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Die fatale Täter-Opfer-Umkehr durch die Polizei und Justiz und die mediale Vorführung haben die Betroffenen traumatisiert und ihnen das Vertrauen genommen.“

Wie sieht ein würdevolles Erinnern an die Opfer aus?

„Viele der Betroffenen sind aus Angst und Enttäuschung weggezogen oder haben einfach nicht mehr die Kraft haben für ihre Perspektiven zu kämpfen. Es ist unser aller politisches Erbe ihnen beizustehen. Sie sollen nach den schmerzlichen Erfahrungen wissen, dass sie nicht alleine sind. Wir wollen die Stadt zur Verantwortung ziehen, damit sie sich endlich offiziell entschuldigt und sich durch Förderungen an der Erinnerungskultur beteiligt. So sollen eine Ausstellung, Interviews, die Zusammenarbeit mit Schulen und die Umbennung des Gedenkplatzes ermöglicht werden. Das Gedenken braucht endlich einen zentralen Stellenwert in der Stadt und Gesellschaft.“

 

Die Initative Hafenstraße´96 hat eine Petition für die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag von Schleswig-Holstein gestartet. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt die Petition als Erstunterzeichnerin und bittet um rege Unterschriften und Verbreitung.

Mehr Informationen zur Initative Hafenstraße´96 unter: www.hafenstrasse96.org

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