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Kommentar

Feministische Kämpfe – Noch lange kein Ende in Sicht!

Noch vor ein paar Jahren war der Begriff „Feminismus“ in Verruf geraten. Frauenrechte? Lieber nicht. Viele Männer und auch viele Frauen waren der Meinung, es sei doch in der Gleichberechtigung der Geschlechter alles erreicht. Doch das hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Heute druckt selbst H&M T-Shirts mit dem Slogan „Feminist“ – der Begriff ist wieder angesagt.

Von Gesine Agena, Koordinatorin des Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention

Aber hinter feministischen Konzepten steckt mehr als nur ein Motto. Nämlich eine lange Tradition an weiblichen Emanzipationskämpfen: Von den Suffragetten, die für ihr Wahlrecht stritten, über diejenigen Frauen, die in den 1970er-Jahren in der sogenannten zweiten Welle des Feminismus Gleichberechtigung einforderten und Sexismus in der Gesellschaft, aber gerade auch in der Studentenbewegung anprangerten, bis hin zu Menschen, die heute mit Kampagnen im Netz wie #aufschrei oder #metoo deutlich machen, dass sexistische Elemente immer noch die Gesellschaft und den Umgang miteinander in vielen Bereichen des Lebens prägen.

Und Feministinnen waren erfolgreich mit ihren Protesten: Das Frauenwahlrecht, das Recht, ein eigenes Konto zu eröffnen, Geld zu verdienen, die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe. Aus heutiger Perspektive scheint das alles selbstverständlich, vor 100 Jahren war es alles andere als das.

Noch viel zu tun

Feministische Kämpfe sind noch lange nicht zu Ende gefochten. Gravierende Ungleichheiten im ökonomischen Bereich, die sich in der Corona-Pandemie noch einmal verfestigt haben, ein sinkender Anteil an Frauen in den Parlamenten und weiterhin hohe Zahlen von sexualisierter Gewalt im eigenen Zuhause, im Netz oder im öffentlichen Raum – es gibt noch viel zu tun, bis echte Gleichberechtigung erreicht ist. Dabei unterscheiden sich die Kämpfe heutiger Feminist*innen von denen von vor 100 Jahren: Damals ging es in erster Linie darum, endlich rechtlich gleichgestellt zu sein, zum Beispiel das gleiche Wahlrecht zu haben wie der Ehemann, Vater, Bruder oder Sohn. Heute ist die rechtliche Gleichstellung von Frauen weitestgehend erreicht – und trotzdem leben wir faktisch nicht gleichberechtigt zusammen. Die unterschiedliche Bewertung von Menschen aufgrund des Geschlechts, sei es im Beruf oder im privaten Bereich, prägt noch immer unsere Gesellschaft. Feminist*innen geht es auch nicht „nur“ um das Ende von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, vielmehr wirken verschiedene Diskriminierungsformen zusammen, überschneiden und verstärken sich teilweise auch gegenseitig. Es bleibt also noch einiges zu tun.

Antifeministische Mobilisierungen

Hinzu kommt, dass Antifeminismus und Sexismus – viel zu wenig beachtet und thematisiert – ein zentraler Bestandteil von rechtsextremen Ideologien und Bewegungen sind und großen Zulauf erhalten. In der Ideologie des großen Austausches etwa mischen sich Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus und dienen Rechtsterroristen als Rechtfertigung für ihr oftmals mörderisches Tun. Rechtsextreme Akteur*innen hetzen gegen Gender Mainstreaming, gegen organisierte Feminist*innen, gegen Frauen, die sich im Netz positionieren, gegen alles, was der weißen, männlichen Norm widerspricht. Dabei versuchen sie außerdem feministische Forderungen für ihren Rassismus zu instrumentalisieren, indem sie vorgeben, „deutsche“ Frauen vor als „übergriffigen Fremden“ markierten migrantisierten Männern zu schützen.

Antifeminismus und Sexismus sind auch gesellschaftlich sehr weit verbreitet: So zeigt etwa die Leipziger Autoritarismus-Studie (LAS), die 2020 quantitative Daten zur Verbreitung von Antifeminismus in Deutschland erhoben hat, dass 18 Prozent der Bevölkerung ein geschlossen antifeministisches und 25 Prozent ein geschlossen sexistisches Weltbild haben. Antifeminismus dient rechtsextremen Bewegungen somit als Scharnier zum Mainstream.

Das Ansinnen antifeministischer Kräfte ist es, Frauen und Frauenrechte aus dem Diskurs zu streichen, sie mundtot zu machen, Frauen und diskriminierte Gruppen in marginalisierte Positionen zurückzudrängen. Nicht umsonst freuen sich antifeministische Akteur*innen darüber, dass Frauen während der Corona-Pandemie endlich wieder zu Hause der Betreuung von Kindern und anderen Formen unbezahlter Sorgearbeit nachgehen können. So ist Antifeminismus auch immer antidemokratisch, weil er Frauen genauso wie andere diskriminierte Gruppen aus dem öffentlichen, dem demokratischen Raum verbannen will.

Feminismus geht uns alle an

Sich diesem Antifeminismus entgegenzustellen ist damit auch die Aufgabe aller Demokrat*innen. Denn erst wenn alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht und anderen Diskriminierungsformen gleichberechtigt teilhaben können, leben wir in einer gerechten Gesellschaft, in der sich Demokratie entfalten kann. Feminismus und Frauenrechte sind daher nicht einfach nice to have, ein Nischenthema oder Add-On für wichtigere Dinge. Das Streben nach gleichen Rechten und Verwirklichungschancen für alle Menschen ist nicht nur Sache von Frauenbeauftragten und Frauenorganisationen, sondern eine fundamentale Aufgabe der ganzen Gesellschaft. Darauf weist der 8. März als feministischer Kampftag, Internationaler Frauentag und Gedenktag an all die historischen feministischen Kämpfe hin: Generationen von Feminist*innen vor uns haben viel erreicht. Und gleichzeitig gibt es noch genug zu tun.

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