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„Aufandhalt“ hilft Opfern rassistischer Gewalt

„… und wer kümmert sich um die Opfer?“. Diese Frage hat sich der Geraer Verein „Aufandhalt“ gestellt – und sich zum Ziel gesetzt, nicht die Täter, sondern die Opfer rassistischer und rechtsextremer Gewalt in den Fokus der Öffentlichkeit zu stellen.

Rechtsextreme kauften Ende 2005 eine Immobilie im Zentrum von Gera. Seitdem werden fast täglich Menschen beleidigt, angepöbelt und bedroht, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen. Ein von Vietnamesen geführtes Geschäft in unmittelbarer Nachbarschaft gab wegen des braunen Terrors nach einem Jahr auf und musste schließen. Aus Angst, ihre Stadt könnte als „braunes Nest“ stigmatisiert werden, kehren auch die Verantwortlichen in Gera die rechtsextremen Gewalttaten häufig unter den Teppich und leugnen einen politischen Hintergrund dieser Taten. Doch damit nicht genug: in Gera findet jedes Jahr ein Neonazikonzert mit bekannten rechtsextremen Bands statt. Dieses Konzert wird in Wahljahren gleichzeitig als bundesweite Auftaktveranstaltung der NPD genutzt, was dazu führt, dass bekannte Neonazigrößen hier ihren Auftritt bekommen.

Nicht alle Bewohner Geras wollen die Dominanz rechtsextremer Strukturen in ihrer Stadt stillschweigend hinnehmen. Der Verein „Aufandhalt“ hat sich zum Ziel gesetzt, in der Öffentlichkeit ein Klima zu schaffen, in dem die Menschen sich gegen Rechtsextremismus und rassistische Diskriminierung zur Wehr setzen. „Aufandhalt“ schafft Öffentlichkeit nicht für die Täter, sondern für die Opfer rechter und rassistischer Gewalt. „Aufgaben gibt es genug“, so Mitarbeiterin Christl Wagner-Schurwanz.

Im Rahmen der interkulturellen Woche in Gera hat „Aufandhalt“ am 24. September zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Opferberatung und Entschädigung“ eingeladen. Die Bürgerinnen und Bürger wurden dazu ermutigt, im Offenen Kanal Gera u. a. mit Vertretern der Stadtratsfraktion, der Parteien sowie Betroffenen über alltäglichen Rassismus zu diskutieren. Beim Straßenfest „Gera bunt – Fest der Kulturen“ wird der Verein ebenfalls dabei sein, ebenso soll die Arbeit in Schulen fortgesetzt werden.

Unbürokratische Hilfe für Opfer rechter Gewalt

Die sechs ehrenamtlichen Mitarbeiter von „Aufandhalt“ wollen die Öffentlichkeit für das Thema Rassismus und Diskriminierung sensibilisieren. Der Verein sieht sich daneben als Anlaufstelle für Betroffene rechter Gewalt und rassistischer Diskriminierung, die sich hier beraten lassen können und Unterstützung erfahren. Dabei leistet „Aufandhalt“ direkte und unbürokratische Hilfe nach einem Überfall, z.B. in Form von kostenloser Beratung der Opfer sowie Begleitung bei Behördengängen. Die Opfer sollen auch generell dazu ermutigt werden, Hilfe nach Übergriffen anzunehmen, sich z.B. an den Verein zu wenden oder Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Denn nicht wenige würden aus Angst vor Repressalien davor zurückschrecken, so Wagner-Schurwanz. Der Verein hilft auch Asylsuchenden, die Deutsch lernen möchten oder Hilfe bei Ämtergängen benötigen. „Aufandhalt“ wird neben der Hilfe durch die Amadeu Antonio Stiftung auch durch die IG Metall unterstützt.

In Gera und Umgebung werden immer wieder Menschen von Rechtsextremisten angegriffen. Betroffen von dieser Gewalt sind meist Personen, die nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehören, z.B. Menschen mit Behinderungen, Obdachlose, Migranten oder Nichtherkunftsdeutsche sowie alternative bzw. nicht-rechte Jugendliche. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt „Aufandhalt“, da Rassismus und rechtsextremes Gedankengut in Thüringen von einem hohen Anteil der Bevölkerung getragen wird. Zivilgesellschaftliches Handeln und demokratisches Bewusstsein dagegen sind vielerorts entwicklungsbedürftig.

Bernhard Steinke

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