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CSDs schützen!

55 Angriffe auf CSDs in 2024 sind ein Auftrag:
Wir alle müssen CSDs schützen!

Noch nie gab es so an so vielen Orten in Deutschland Christopher Street Day-Veranstaltungen wie im Jahr 2024 – und noch nie so viele rechtsextreme Mobilisierungen dagegen. Während Störaktionen bei Pride-Kundgebungen schon lange Alltag sind, häufen sich organisierte queerfeindliche Demonstrationen. Für das Jahr 2024 dokumentierte die Amadeu Antonio Stiftung 55 Fälle, in denen rechtsextreme Gruppen gezielt CSD-Demos, deren Teilnehmende, sowie die Infrastruktur rund um die Veranstaltung gestört, bedroht und angegriffen haben. Solche Angriffe müssen wir auch 2025 wieder erwarten – nicht nur in Ostdeutschland. Vor allem auf dem Land sind CSDs deshalb auf Unterstützung angewiesen.


Für queere Rechte auf die Straße zu gehen, erfordert viel Mut. Während sich CSD-Teilnehmende in Köln oder Berlin darauf verlassen können, dass viele Zuschauer*innen am Straßenrand stehen, jubeln und ihnen das Gefühl vermitteln, nicht allein zu sein, sieht das in Kleinstädten und ländlichen Regionen anders aus: In menschenleeren Innenstädten stehen manchmal nur ein paar Dutzend Menschen auf der Straße. Sie sind nicht anonym, sondern exponiert in einem feindseligen Klima, in dem sich Anwohner*innen über die „Unruhe“ beschweren, die die CSDs angeblich mit sich bringen – und in denen rechtsextreme Störungen und Kundgebungen zunehmen.

17.05.2024
Nordrhein-Westfalen

Euskirchen

Eine Gruppe Jugendlicher beleidigt und bespuckt zwei Personen am Bahnhof, die für den CSD angereist sind. Bereits im Vorfeld gibt es Anfeindungen und Drohungen auf Facebook.

17.05.2024
Schleswig-Holstein

Flensburg

Wenige Tage vor der Veranstaltung stehlen Unbekannte mehrere Regenbogen-Banner und verbrennen sie. Bereits im Vorfeld sammeln sich in den Sozialen Medien unter den Ankündigungsposts des CSDs Hasskommentare.

18.05.2024
Niedersachsen

Hannover

Es gab mehrere gewalttätige Angriffe. Am Rande des Demozuges bewerfen Jugendliche eine Person mit Steinen. Am Tag darauf wird eine Gruppe Frauen von einem 43-Jährigen belästigt, am Abend eine 24-Jährige von einem Unbekannten bedrängt und diskriminiert.

Die 55 dokumentierten Fälle erstrecken sich über das ganze Bundesgebiet. Von den queeren Hochburgen Berlin und Köln bis hin zu kleinen Dörfern wie Ketsch in Baden-Württemberg oder Stollberg in Sachsen verbrannten Rechtsextreme Flaggen, versprühten Buttersäure und organisierten Aufmärsche, bei denen Hunderte Neonazis einer teils fast genauso großen Gruppe Demonstrierenden gegenüberstanden.

Knapp ein Drittel aller CSDs wurde 2024 Ziel rechtsextremer Angriffe.

25.5.2024
Sachsen

Weißwasser

Im Vorfeld werden mehrfach gewaltsam Großplakate zerstört, die auf den zweiten CSD in der Stadt aufmerksam machen sollen.

01.06.2024
Sachsen

Dresden

Die rechtsextreme Gruppierung „Elblandrevolte“ ruft auf Social Media dazu auf, den CSD in Dresden zu stören. Nachdem die Polizei bei Personenkontrollen Reichsfahnen findet, eskortieren die Beamten die Rechtsextremen auf eine „Gegendemo” – organisiert von „Die Heimat“.
Foto: Twitter via @ChrisCldtz

01.06.2024
Nordrhein-Westfalen

Leverkusen

Die rechtsextreme Partei „Aufbruch Leverkusen“, eine Nachfolgeorganisation von Pro NRW, veranstaltet eine Mahnwache gegen den CSD.
Bild: Screenshot Aufbruch Leverkusen

01.06.2024
Schleswig-Holstein

Pinneberg

Auf der Parade am Fahltskamp anlässlich des CSD in Pinneberg zeigt ein junger Mann den Hitlergruß.

08.06.2024
Bayern

Bayreuth

Anlässlich des CSD baut der Polizei zufolge „eine Partei, deren Angehörige proaktiv die Deutschlandfahne schwenken“ einen Stand auf, dort wird ein Teilnehmer der Demo beleidigt. Bereits im Vorfeld werden zwei trans Personen von einer dreiköpfigen Gruppe beleidigt, verprügelt und mit Flaschen beworfen. Auch werden Werbeplakate für den CSD mit AfD-Botschaften beschmiert.

08.06.2024
Mecklenburg-Vorpommern

Neustrelitz

Unbekannte, darunter mutmaßlich ein 16- bis 18-Jähriger, bewerfen die Teilnehmenden des CSD-Umzugs von umliegenden Grundstücken mit Eiern. Sie werfen die Eier blind in die Menge, die sich im Innenhof des Kunsthauses in Neustrelitz aufhalten und treffen Rucksäcke, Kinderwägen – aber auch Demonstrierende. Verletzt wird zum Glück niemand.

Ihre Spende schützt CSDs !

Die Vehemenz der rechtsextremen Angriffe auf CSDs macht deutlich, wie wichtig queere Sichtbarkeit auf der Straße ist. Pride-Kundgebungen sind keine „Partys“, sondern politische Demonstrationen, die auf Diskriminierung und Gewalt aufmerksam machen. Und es sind Orte für die Zivilgesellschaft, sich zu vernetzen, und ein sichtbares Zeichen gegen den zunehmenden Rechtsextremismus zu setzen. Deshalb müssen wir klar benennen, was rechtsextreme, antifeministische und queerfeindliche Mobilisierungen sind: Angriffe auf die demokratische Gesellschaft, in der Alle in Freiheit leben können.

Rechtliche Gleichstellung, Akzeptanz, Sichtbarkeit, Schutz, der Abbau von Hass und Diskriminierung sind Forderungen, für die LSBTIAQ+ seit vielen Jahrzehnten auf die Straße gehen. Der Ursprung der Christopher Street Days sind die Stonewall-Aufstände 1969 in der New Yorker Christopher Street. Es waren trans Sexworker*innen of Color, Drag Queens, Lesben und Schwule, die sich gegen diskriminierende Polizeieinsätze wehrten und für Menschenrechte kämpften. Dieser Kampf wird bis heute weltweit fortgeführt.

08.06.2024
Baden-Württemberg

Reutlingen

Ein FDP-Kommunalpolitiker zeigt auf der CSD-Demo eine Flagge der queer­feindlichen „Stolzmonat“-Bewegung. Wenige Tage später geht ein Post der Südwest-Presse auf Facebook viral – und zieht eine Welle an Hasskommentaren nach sich, die sich gegen Menschen richten, die unter der Regenbogenflagge auf die Straße gegangen sind und für ihre Rechte demonstriert haben.
Foto: Screenshot Telegram

08.06.2024
Sachsen

Stollberg

Eine kleine Gruppe mit zehn angetrunkenen Personen veranstaltet eine „Gegendemo” gegen den CSD-Umzug. Sie schwenken Deutschland-Flaggen und eine Person zeigt vermutlich auch den Hitlergruß.

15.06.2024
Sachsen-Anhalt

Köthen

In der Nacht vor dem CSD verspritzen Neonazis, mutmaßlich Anhänger*innen der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“, Buttersäure auf dem Marktplatz, um das Straßenfest zu stören. Bereits im Vorfeld gibt es Einschüchterungen in Form von queerfeindlichen Graffiti, Stickern und Plakaten, sowie Hakenkreuzen.

22.06.2024
Brandenburg

22.06.2024
Bayern

München

Eine „Gegendemo” ist angemeldet, 30 bis 50 Neonazis sammeln sich in München. In mehreren Fällen werden Abgeordnete der AfD oder Mitglieder der JN beobachtet, wie sie CSD-Teilnehmende bedrängen, in oder neben der Demo Fotos oder Livestreams machten, oder an Veranstaltungen anderer rechtsextremer Akteur*innen teilnehmen.

22.06.2024
Thüringen

Weimar

Die Meldestelle Antifeminismus dokumentiert die Sörung einer CSD-Veranstaltung durch eine Gruppe Jugendlicher: Sie pöbeln, rufen, es gebe „nur zwei Geschlechter“, verfolgen die Demo und machen Video- und Fotoaufnahmen. Ein*e Ordner*in des CSDs interveniert, woraufhin sich die Gruppe zurückzieht. Eine Person zeigt außerdem den Hitlergruß.

29.06.2024
Baden-Württemberg

Ravensburg

Im Vorfeld der CSD-Kundgebung sorgt eine Aktion der Neonazi-Kleinpartei „Der III. Weg“ für Unruhe unter den Veranstaltenden und Teilnehmer*innen. Auf ihrer Internetseite rufen sie zu einer Protestaktion gegen den CSD auf und verkünden, Flugblätter entlang der Demoroute verteilt zu haben. Die Veranstaltung selbst blieb ruhig.

Rechtsextreme haben Antifeminismus und Queerfeindlichkeit in den letzten Jahren zu ihren politischen Kernanliegen neben Rassismus und Antisemitismus gemacht – das wird zum Beispiel an der Kampagne zum „Stolzmonat“ ersichtlich, die seit 2023 existiert. Rechtsextreme lehnen Geschlechtergerechtigkeit, Feminismus sowie geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung ab. Das Besondere: Während ältere Neonazi-Gruppierungen Queerfeindlichkeit schon lange eher am Rande mitlaufen lassen, spielt das Thema bei jungen, frisch politisierten Rechtsextremen eine besondere Rolle.

Warum ist Queerfeindlichkeit so anschlussfähig?

Transfeindlichkeit und Antifeminismus fungieren als Brückenideologien, die Rechtsextreme mit anderen Milieus verbinden, mit denen sie sonst kaum Schnittmengen haben. Durch Narrative der „Bedrohung“ der traditionellen Kleinfamilie sowie der angeblichen Gefährdung traditioneller Rollenbilder und unter dem Deckmantel von „Kinderschutz“ verbindet Queerfeindlichkeit Neonazis zum Beispiel mit rechtskonservativen Gruppen wie christlichen Fundamentalist*innen.

Die Parallelen zu antisemitischen Verschwörungserzählungen sind deutlich: Trans Personen, queere Menschen und emanzipierte Frauen seien trotz Minderheitenstatus übermächtig, ihre „woken Ideologien“ schwächten Männlichkeit und Nation. Vermeintlich „natürliche“, autoritäre und antifeministische Geschlechterordnungen werden gegen den „Genderwahn“ in Stellung gebracht mit dem Ziel, Ungleichheiten zu verfestigen, statt aufzuheben. Rechte Gewalt auf den Straßen und in digitalen Räumen nimmt nachweislich zu. Der Anti-Woke-Diskurs wird sowohl von der Trump-Administration in den USA als auch durch die AfD in Deutschland, rechten Medien und Influencer*innen vertreten und gewinnt weltweit an Einfluss.

06.07.2024
Brandenburg

Brandenburg an der Havel

Im Vorfeld zum CSD drohen rechtsextreme Gruppen Ladenbesitzer*innen, die mit Plakaten für den CSD werben. Aus „Sorge vor Vandalismus“ hängen Läden daraufhin die Plakate ab.

06.07.2024
Bayern

Wasserburg

Eine Gruppe von etwa 15 AfD-Anhänger*innen folgt der Parade des ersten CSD in Wasserburg, um diese zu „ergänzen“. Auf dem Marktplatz verunglimpft eine AfD-Rednerin die Pride-Parade als Gefährdung für Kinder- und Jugendliche und hetzt gegen das Selbstbestimmungsgesetz. Mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen schirmen die CSD-Veranstaltung vor dem „Gegenprotest“ der AfD ab.

13.07.2024
Thüringen

Gera

Einem Aufruf aus der rechtsextremen Szene, den CSD in Gera zu stören, folgen rund 80 Personen. Als die Parade an ihnen vorbeizieht, kommt es zu hitzigen Wortgefechten und die Teilnehmenden der Pride-Parade werden ausgepfiffen.

13.07.2024
Baden-Württemberg

Mannheim

Am Abend des CSD attackieren drei Männer ein schwules Paar. Sie schlagen beiden mit der Faust ins Gesicht, einem von beiden so stark, dass er ins Krankenhaus eingeliefert wird.

13.07.2024
Baden-Württemberg

Überlingen

Anlässlich des zweiten CSD in der Stadt versammeln sich circa 25-30 AfD-Anhänger*innen zu einer „Gegendemo”. Sie bleibt ohne große Bedrohung, auch weil sich 50 Gegendemonstrierende, darunter Mitglieder der Gruppe Omas gegen Rechts, mit einem gellenden Pfeifkonzert den Reden der AfD-Vertreter gegenüberstellen und die Pride-Demo abschirmen.

20.07.2024
Thüringen

Altenburg

Beim CSD in Altenburg sind rund 10 Rechtsextreme vor Ort. Es gibt Störversuche von Jugendlichen, die jedoch sofort unterbunden werden können.

21.07.2024
Nordrhein-Westfalen

Köln

13 Männer im Alter zwischen 18 und 30 Jahren stören die CSD-Kundgebung mit homofeindlichen und rechtsextremen Äußerungen und reißen Regenbogenfahnen ab. Sie werden inzwischen der rechtsextremen Gruppierung „Der Störtrupp” zugerechnet. Einen Tag nach der Parade geht ein schwuler Mann zum Bestellen in einen Dönerimbiss, sein Begleiter wartet draußen. Plötzlich wird er von einem Mitglied einer fünfköpfigen Männergruppe geschlagen und getreten – keiner der anderen Anwesenden greift ein.

Vielfalt schützen – jede Spende hilft!

27.07.2024
Berlin

Berlin

Rund 30 Neonazis von „Deutsche Jugend Voran”, darunter zahlreiche Minderjährige, versammeln sich mit Zahnschutz und Lederhandschuhen in der Nähe des Potsdamer Platzes, bereiten wohl ihren queerfeindlichen Angriff vor. Als die Polizei sie stellt, treten sie aggressiv auf, zeigen unter anderem das White-Power-Handzeichen. Ebenfalls haben im Vorfeld die „Jungen Nationalisten“ zu Aktionen gegen den Berliner CSD aufgerufen. In einem anderen Fall schlagen und treten Jugendliche am Donnerstag zwei Männer nach einer CSD-Veranstaltung.

03.08.2024
Nordrhein-Westfalen

Essen

Beim Ruhr-Pride erteilt die Polizei einer etwa 20-köpfigen Gruppe von mutmaßlichen Neonazis – sie tragen Springerstiefel und Glatze – am Hauptbahnhof einen Platzverweis. Wenig später skandieren Rechtsextreme „Hier kommt die deutsche Jugend“ und versuchen so die Pride-Parade zu stören. Außerdem wird an der Pfarrkirche St. Josef eine Regenbogenfahne abgerissen und verbrannt.

10.08.2024
Sachsen

Bautzen

Hunderte Neonazis stören mit einem Aufmarsch den CSD in Bautzen. Es war eine der größten rechtsextremen Gegenveranstaltungen der CSD-Saison 2024. Sie zünden Bengalos und singen rassistische Parolen. Der Vorfall erzeugt ein großes mediales Echo und ist einer der prägenden Angriffe Rechtsextremer im Jahr 2024. Bereits am Tag davor ist eine geplante Abschlussparty abgesagt worden – aus Angst vor rechtsextremen Demonstrationen.
Foto: Twitter (WeberKili)

Obwohl Störaktionen und Aufmärsche die CSD-Saison 2024 von Beginn an begleiteten, sorgte ein besonders erschreckender Vorfall bundesweit für Aufsehen: Beim CSD in Bautzen, standen rund 1000 Teilnehmende fast 700 Rechtsextremen gegenüber. Seitdem ist ein bundesweiter Anstieg rechtsextremer Störaktionen bei CSDs empirisch nachweisbar: Aber auch vor Bautzen gab es große Mobilisierungen, am 1. Juni in Dresden versammelten sich bereits 100 Neonazis. An den Wochenenden nach Bautzen gab es aber immer mindestens eine rechtsextreme „Gegendemo” mit über 100 Teilnehmenden.

10.08.2024
Niedersachsen

Braunschweig

Bei der CSD-Kundgebung kommt es zu queerfeindlichen Pöbeleien. Bereits zuvor provoziert eine 15-köpfige Gruppe Teilnehmende. Am Rande des CSD wird darüber hinaus ein 17-jähriger Journalist von zwei Neonazis attackiert. Sie schlagen ihm sein Handy aus der Hand und treten ihm mit dem Knie in den Genitalbereich.

10.08.2024
Nordrhein-Westfalen

Lüdenscheid

Gewaltbereite Rechtsextreme mit einschlägigen Shirts, u.a. der rechtsextremen Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“, versammeln sich in einer Kneipe am Rande des CSD. In Vorfeld habe es laut CSD-Organisator*innen in den Sozialen Medien Aufrufe gegeben, die Veranstaltung zu stören.

17.08.2024
Rheinland-Pfalz

Koblenz

Eine 25-jährige trans Frau wird von einem mutmaßlich Rechtsextremen attackiert. Der junge Mann schlägt der Person, die im Awareness-Team des CSD arbeitet, mit der Faust so heftig auf den Brustkorb, dass sie eine Rippenprellung erleidet.

Die rechtsextremen Mobilisierungen waren dezentral, aber aus Sicht der Neonazi-Gruppen ungemein erfolgreich. Sie mobilisierten oft bundesweit und fungierten dabei als erlebnisorientierte Ausflüge mit einem klaren Ziel: Den örtlichen „Nazikiez“ von queeren Einflüssen säubern, ein Klima der Angst verbreiten und Dominanz vor allem im (klein)städtischen Raum zeigen. Rechtsextreme vertreten mit den Gegenmobilisierungen nicht einfach eine gegenteilige Position zu einer politischen Frage, sie greifen die Existenz queeren Lebens an sich an und alles, was sie damit in Verbindung bringen.

Die „Alten” melden die Demos an, die „Jungen” mobilisieren auf Social Media

Dort, wo die Nazistrukturen gut dokumentiert sind, zeichnet sich immer dasselbe Muster ab: Etablierte rechtsextreme Strukturen melden die Demonstration an. Im letzten Jahr wurden die meisten Anmeldungen von extrem rechten Kleinstparteien vorgenommen, also Die Heimat (ehemals NPD), Junge Nationaldemokraten (JN) und Der III. Weg, teils auch gemeinsam.

Eine neue Qualität ist die Online-Mobilisierung. Die organisieren meist jüngere Gruppen, die oft erst im Zusammenhang mit den Aktivitäten gegen CSDs öffentlich in Erscheinung treten. Über Social-Media-Plattformen wie Whatsapp, Instagram, Telegram und TikTok waren ihre Strategien erfolgreich: Sie steigerten durch Anti-CSD-Demonstrationen ihre Bekanntheit deutlich und gewannen zahlreiche neue Anhänger*innen. 2025 wird die Mobilisierung voraussichtlich noch professioneller ablaufen und an Attraktivität gewinnen. Erste Mobilisierungen laufen bereits. CSDs ohne Polizeischutz und Sicherheitskonzepte sind mittlerweile undenkbar.

17.08.2024
Sachsen

Leipzig

Rechtsextreme rufen auf Social Media dazu auf, den CSD zu stören. Die rund 400 Teilnehmenden versammeln sich am Hauptbahnhof, rufen rassistische Parolen sowie „Ganz Deutschland hasst den CSD!“, zeigen das „White-Power“-Zeichen sowie den Hitlergruß. Die Polizei hindert sie jedoch daran, den Hauptbahnhof zu verlassen. Trotzdem soll es den Veranstalter*innen zufolge vereinzelt Übergriffe von Neonazis auf Teilnehmer*innen des CSD gegeben haben.

17.08.2024
Nordrhein-Westfalen

Minden

Eine Gruppe vermummter Rechtsextremer stört den CSD. Sie umkreisen die Parade, machen Fotos, beleidigen und provozieren. In der Nähe hängen sie ein Banner mit „Faeser muss weg #compact“ auf und brennen Bengalos ab.

24.08.2024
Bremen

Bremen

Am Vormittag und am Abend kommt es beim CSD in Bremen zu Beleidigungen und Bedrohungen gegen queere Menschen.

24.08.2024
Sachsen-Anhalt

Magdeburg

Bei einer queerfeindlichen „Gegendemo” laufen rund 250 Rechtsextreme vor der eigentlichen CSD-Veranstaltung durch Magdeburg-Neustadt. Dabei werden verfassungswidrige Kennzeichnungen verwendet und es kommt zu Beleidigungen von CSD-Teilnehmenden – auch von Einzelpersonen am Rande des CSD.
Foto: Twitter/redmediakollektiv

24.08.2024
Sachsen

Plauen

Für einen „Gegenprotest” versammeln sich 75 Rechtsextreme, die angemeldete Neonazi-Demo darf jedoch nicht laufen. Trotzdem kommt es während der Veranstaltung zu Bedrohungen und Beleidigungen gegen CSD-Teilnehmende. So bedroht eine Gruppe 14- bis 16-jähriger Rechtsextremer eine 62-jährige Frau in den Räumen des Demokratievereins „Colorido“. Außerdem grölt eine Gruppe auf einem Supermarktparkplatz rassistische Parolen.

31.08.2024
Sachsen-Anhalt

Zeitz

Die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ meldet eine „Gegendemo” an, weitere rechtsextreme Gruppen wie die Partei „Die Heimat“ und deren Jugendorganisation mobilisieren ebenfalls. An den Gegenprotesten beteiligen sich rund 60 Personen, ein Mann hat eine Reichskriegsflagge dabei. Bereits im Vorfeld stehlen Unbekannte die große Pride-Flagge am Rathaus.

31.08.2024
Sachsen

Zwickau

Die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ ruft zu einer „Gegendemo” parallel zur CSD-Kundgebung auf. Neben verfassungsfeindlichen Symbolen und Beleidigungen kommt es im Umfeld der Veranstaltung auch zu Gewalt: Zwei 15-Jährige werden von Unbekannten geschlagen und getreten, einem von ihnen das Smartphone geraubt.

Wie reagiert die Polizei?

Die Polizei geht mal mehr, mal weniger konsequent gegen rechtsextreme Störaktionen vor. In Leipzig setzten Beamt*innen 400 Rechtsextreme am Hauptbahnhof fest, in Berlin wurden 30 Neonazis von Polizist*innen aufgegriffen. Gleichzeitig reagierte die Polizei in Bautzen zögerlich, als rund 700 Neonazis die CSD-Parade bedrohten. Als rassistische Gesänge zu Gigi D’Agostinos “L’amour toujours” angestimmt wurden, schritt sie nicht ein. Neben dem Vorwurf, nicht entschieden genug etwa gegen Hitlergrüße oder Anfeindungen vorzugehen, steht auch der Vorwurf der Polizeigewalt im Raum, etwa wenn Beamt*innen Pup-Player, also Träger*innen von Hunde- oder sonstigen Fetischmasken, den Zugang zu Paraden versperren. Auch unterschlage die Polizei homo- und transfeindliche Angriffe am Rande von CSDs in ihrer Öffentlichkeitsarbeit oder werde gar selbst zum queerfeindlichen Akteur. Schockierend war der Fall von Sven W., der 2016 von der Kölner Polizei beim CSD misshandelt, als „Schwuchtel“ diffamiert, festgenommen und nachts nur mit Unterwäsche bekleidet wieder freigelassen wurde.

Auch die Rolle der Sicherheitsbehörden insgesamt muss hinterfragt werden. In Döbeln beispielsweise durfte eine rechtsextreme Demo nicht nur parallel zum CSD stattfinden, sondern über die komplette Strecke hinweg der Parade folgen. Betroffene berichten von einem Klima der Angst, der CSD-Zug fühlte sich durch die Straßen getrieben. In anderen Fällen, wie in Stendal 2023 oder erst vor wenigen Wochen in Schönbeck suchen und finden lokale Behörden Gründe, um der CSD-Veranstaltung das Versammlungsrecht zu entziehen.

31.08.2024
Bayern

Kaufbeuren

Beim Allgäu-Pride beleidigen und bedrohen drei Jugendliche vier queere Menschen in einem Park. Zuerst beleidigen die Jugendlichen sie queerfeindlich, entfernen sich jedoch, als ihnen mit einer Anzeige gedroht wird. Wenig später kehren sie zurück und bedrohen die Teilnehmenden – einer mit einem Messer, ein anderer mit einem Ast.

31.08.2024
Niedersachsen

Burgdorf

Zwei unbekannte Männer im Alter von 25 und 30 Jahren reißen in der Nacht vor der CSD-Veranstaltung eine Pride-Flagge ab und verbrennen sie. Danach werfen sie eine Absperrbarke vor die Veranstaltungsbühne und beleidigen die anwesenden Veranstalter homofeindlich. Bereits in den zwei Wochen vor der Veranstaltung haben Unbekannte Plakate abgerissen und beschädigt, auf denen für den CSD geworben wurde.

06.09.2024
Baden-Württemberg

Albstadt-Ebingen

Mehrere rechtsextreme Gruppen, etwa die identitäre Gruppe „Zollern-Jugend Aktiv“ und die rechtsextremen „Jungen Nationalisten“ rufen bundesweit zu einer „Gegendemonstration” gegen den CSD Albstadt auf. Etwa 70 Personen beteiligen sich an der Kundgebung vor dem Rathaus.
Foto: Screenshot Telegram

07.09.2024
Sachsen

Freiberg

Rund 200 Neonazis folgen dem Aufruf der rechtsextremen Partei „Freie Sachsen“ und beteiligen sich am Aufzug, um den CSD zu stören. Zwei Rechtsextreme zeigen das „White-Power“-Zeichen.

07.09.2024
Baden-Württemberg

Ketsch

Eine „Gegendemo”, sieben bis acht Rechtsextreme aus dem Umfeld der NPD Rhein-Neckar, passen den CSD-Umzug ab und versuchen ihn zu stören, indem sie Kundgebungen halten und Rechtsrock abspielen.

08.09.2024
Niedersachsen

Winsen

Die in rechtsextremen Kreisen bekannte Kampfsport-Gruppe „Hermanns Heide“ ruft bei Instagram zu einer Demo gegen den CSD auf, rund 30 Rechtsextreme kommen. Sie grölen rassistische und rechtsextreme Parolen, zeigen das „White Power“-Handzeichen sowie den Hitlergruß. Bereits im Vorfeld sind unzählige Werbe-Plakate für den CSD im Stadtgebiet zerrissen, übermalt und mit Hakenkreuzen beschmiert worden.

Die meisten Fälle rechtsextremer Störungen und Bedrohungen gab es in Sachsen, wo rund zwei Drittel aller CSDs Ziele von Angriffen und Störaktionen waren. Aber auch in Bayern gab es bei rund 15 % aller Veranstaltungen eine rechtsextreme Demonstration. Die Bruchkanten verlaufen vielmehr entlang eines Stadt-Land-Gefälles, wobei auch in Großstädten wie Berlin und Köln Neonazis zusammenkamen, um Queers voraussichtlich bei der An- und Abreise zu attackieren.

14.09.2024
Nordrhein-Westfalen

Dortmund

Neonazis, darunter wohl die Bündnisse „Deutsche Jugend voran“ und „Der Störtrupp“, rufen auf Social Media überregional zur Störung des CSDs auf. Rund 50 Rechtsextreme erscheinen, zeigen unter anderem den Hitlergruß und äußern sich queerfeindlich.

14.09.2024
Bayern

Erlangen

Rechtsextreme versuchen im Vorfeld gegen die Parade zu mobilisieren. Zwar findet die angekündigte „Gegendemo” letztlich nicht statt, zu einer Störaktion kommt es dennoch.

14.09.2024
Sachsen-Anhalt

Halle

Die rechtsextreme Jugendorganisation JN meldet einen „Gegenprotest“ an, auch andere Neonazis rufen dazu auf, Teilnehmer*innen des CSDs mit Gewalt zu vertreiben. Etwa 100 Teilnehmende erscheinen, werden jedoch am Bahnhof von CSD-Anhänger*innen aufgehalten. Außerdem ereignen sich zwei Fälle von Beleidigung sowie ein Vorfall, bei dem ein 27-Jähriger eine Frau unsittlich berührt haben soll.
Foto: Screenshot Telegram

14.09.2024
Brandenburg

Frankfurt/Oder

Zum CSD wird zwar keine „Gegendemo” angemeldet, bei der Veranstaltung kommt es dennoch zu kleineren Zwischenfällen. Die Veranstalter*innen berichten davon, dass gegen Teilnehmende der Parade gepöbelt worden sein soll.

Wenn Medien in ihrer Berichterstattung über rechtsextreme Vorfälle bei CSDs von „Gegendemos“ bzw. „Gegenprotest“ schreiben, ist das nicht nur verharmlosend, sondern eine fatale Täter*innen-Opfer-Umkehr. Denn keine CSDs hätten eben nicht weniger Angriffe zur Folge. Auch wir setzen diese Begriffe deshalb bewusst in Anführungszeichen.

Die Angriffe auf Prides beschränken sich außerdem nicht nur auf angemeldete rechtsextreme Demos, sondern umfassen ebenso Gewalt am Rande der Paraden und Straßenfeste, Pöbeleien, das Verbrennen von Regenbogenflaggen und vieles mehr. Außerdem setzen Medien die Hunderten von Neonazis auf Pride-Veranstaltungen mit den Gruppen gleich, die dazu aufrufen. Die aber haben oft nur ein paar Dutzend Mitglieder und fühlen sich durch die Berichterstattung größer und bedrohlicher, als sie sind.

14.09.2024
Niedersachsen

Wolfsburg

19 Personen folgen dem Aufruf der Neonazi-Gruppe „Jugend Rechts“, den CSD zu stören, werden daran aber von der Polizei gehindert. Ein Teil der Rechtsextremen wird von der Polizei nach Gifhorn eskortiert und dort abgesetzt. Unmittelbar danach attackieren die vier Männer, zwischen 17 und 24 Jahren, zwei Schwestern, schlagen eine der beiden Frauen brutal zusammen. Als sie vor dem Bus auf dem Boden liegt, treten die Täter ihr mehrfach gegen den Oberkörper und den Kopf.
Foto: Screenshot Twitter (@WeberKili)

14.09.2024
Mecklenburg-Vorpommern

Wismar

Beim ersten CSD in der Stadt erhalten rund 200 Rechtsextreme von der Polizei die Erlaubnis, zum Bahnhofsvorplatz zu marschieren, an dem auch die Pride-Parade vorbeiführt. Mit Parolen wie „Ab in die Gaskammer mit euch!“ und „Ganz Deutschland hasst den CSD“ bedrohen sie die Teilnehmenden. Zwei Jugendliche, die auf dem Weg zur „Gegendemo” von der Polizei untersucht werden, haben eine Schreckschusswaffe sowie ein Butterflymesser dabei. Nach Abschluss des CSD werden laut einem Augenzeugen im Zug nach Rostock CSD-Teilnehmer aus einer großen Gruppe von CSD-Gegnern heraus beleidigt und verbal bedroht.

14.09.2024
Thüringen

Eisenach

Einem Aufruf zur Störung des CSD in Eisenach, der nach Informationen der Linken von einem militanten Neonazi der Kampfsportgruppe „Knockout 51“ mitinitiiert worden ist, folgen 90 Menschen, zum Teil sehr junge Neonazis. Die queerfeindliche Kundgebung wird nach rund einer halben Stunde frühzeitig beendet.

21.09.2024
Sachsen

Döbeln

Rechtsextreme Gruppierungen, darunter die rechtsextremen „Freien Sachsen“ und die Neonazi-Gruppierung „Elblandrevolte“ aus Dresden, rufen dazu auf, den CSD zu stören. Rund 200 Neonazis folgen dem Aufruf, zwei Minderjährige zeigen während der „Gegendemo” den Hitlergruß. Bereits in der Nacht zu Samstag verschüttet ein Unbekannter, mutmaßlich ein Stadtrat der „Freien Sachsen“, entlang der Demoroute Buttersäure.

21.09.2024
Brandenburg

Oranienburg

Rechtsextremen Gruppierungen, darunter „Die Elblandrevolte“, „Deutsche Jugend Voran“ und die JS Sachsen-Anhalt rufen dazu auf, den CSD Oberhavel in Oranienburg zu stören und drohen Gewalt und Hass an. Trotz der rechtsextremen „Gegendemo” verläuft der CSD ruhig.

21.09.2024
Nordrhein-Westfalen

Remscheid

Anlässlich des CSD in Remscheid sind mehrere „Gegendemonstrationen” angemeldet, unter anderem von der Vereinigung „Deutsche Jugend Voran“, die mit 50 Teilnehmer*innen rechnet. Auch die religiöse Gruppe „Im Namen des Herrn“ ruft zusammen mit der Vereinigung „PRO Remscheid“ auf, die Veranstaltung zu stören. Rund 100 Menschen nehmen teil, es bleibt aber friedlich.

28.09.2024
Sachsen

Görlitz

Die rechtsextremen „Jungen Nationalisten“ sowie Mitglieder der Neonazi-Gruppierung „Elblandrevolte“ organisieren eine „Gegendemo” zum CSD in Görlitz. Rund 460 Menschen folgen dem Aufruf, kommen mit schlagverstärkenden Handschuhen und Vermummungsgegenständen und stören zusammen mit polnischen Rechtsextremen an mehreren Stellen die Parade, die von Görlitz auch in die polnische Nachbarstadt Zgorzelec führt. Sie schwenken Fahnen der JN, zeigen den Wolfsgruß und das „White Power“-Zeichen und rufen den queerfeindlichen Ausspruch „HIV hilf uns doch, Schwule gibt es immer noch“ sowie die verbotene NSDAP-Parole „Deutschland erwache“. Die Polizei greift zunächst nicht ein und stoppt den Neonazi Aufzug erst mit Verzögerung.

28.09.2024
Bayern

Landshut

Die rechtsextreme Gruppierung „Jung und Stark Bayern“ kündigt eine „Gegendemonstration” zum CSD in Landshut an. Die rund 40 Teilnehmenden grölen Parolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“. Abgesehen von den Störversuchen bleibt der CSD ruhig.

Queerfeindlichkeit ist Alltag – deshalb braucht es Unterstützung!

Die neonazistischen Mobilisierungen gegen die CSDs sind weder vom Himmel gefallen, noch finden sie in einem luftleeren Raum statt. Rechtsextreme, konservative und christlich-fundamentalistische Akteure arbeiten seit Jahren gegen queere Sichtbarkeit und versuchen, gesellschaftliche Akzeptanz wieder zurückzudrängen. Gerade in den letzten Jahren haben queerfeindliche Gewalt, Hasskriminalität und die Rücknahme von bereits erreichten rechtlichen Verbesserungen zugenommen. Die wachsende Mobilisierung gegen CSDs ist Folge eines queerfeindlichen gesellschaftlichen Klimas. Das Schweigen der Mehrheitsgesellschaft sehen rechtsextreme Jugendliche als Zustimmung zu ihrem Handeln und ermutigt sie, offen ihren Hass auszuleben und Gewalt anzuwenden.

Um dem entgegenzuwirken, reicht es nicht aus, den Schutz queerer Menschen allein der Polizei zu überlassen. Es braucht starke überregionale Unterstützung und Bündnisse, die LSBTIAQ+ und ihre Verbündeten aus den Metropolen mit denen aus der Peripherie auf Augenhöhe zusammenbringen und verhindern, dass die vielen kleinen CSDs in die Defensive geraten. Finanzielle, solidarische Unterstützung und konkrete Hilfe vor Ort sollten sich dabei nicht auf die Pride-Saison beschränken.

Seit Jahren unterstützt die Amadeu Antonio Stiftung CSDs in besonders gefährdeten Regionen durch Beratung, Begleitung und gezielte Finanzierung von Sicherheitsmaßnahmen. Jede Spende hilft uns dabei!

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