Anlässlich des 80. Geburtstags der Vereinten Nationen blickt die Amadeu Antonio Stiftung auf die Schattenseiten einer Institution, deren einstiger Friedensanspruch heute immer häufiger infrage gestellt wird. Das neue zivilgesellschaftliche Lagebild Antisemitismus #14 beleuchtet, wie UN-Institutionen und ihre Vertreter*innen seit dem 7. Oktober 2023 zur Relativierung von Terror beitragen – und welche Folgen das für die Debatte über Israel und Antisemitismus in Deutschland hat.
Die Bilanz ist ernüchternd: Statt ein Ort für Frieden und Menschenrechte zu sein, wurde die UNO nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 vielfach zur Bühne für Verzerrung, Relativierung und Doppelmoral. UNRWA-Mitarbeiter*innen sollen direkt am Massaker beteiligt gewesen sein. Andere UN-Organisationen reagierten viel zu spät auf die sexualisierte Gewalt, die an diesem Tag dokumentiert wurde. Und israelische Geiseln berichten, in UN-Gebäuden festgehalten worden zu sein. Gleichzeitig scheut sich die Generalversammlung weiterhin davor, die Hamas als das zu benennen, was sie ist: eine Terrororganisation.
Was das mit Deutschland zu tun hat? Sehr viel. Denn UN-Resolutionen und Aussagen ranghoher UN-Vertreterinnen werden in Deutschland von antisemitischen Akteurinnen immer wieder als scheinbar neutrale Belege für israelfeindliche Narrative herangezogen – quer durch alle politischen Milieus. In Demonstrationen, auf Social Media oder im politischen Diskurs: Die Vereinten Nationen werden instrumentalisiert, um Antisemitismus unter dem Deckmantel der Israelkritik zu legitimieren.
Die Amadeu Antonio Stiftung dokumentiert, analysiert und bewertet antisemitische Vorfälle in Deutschland seit vielen Jahren. Mit dem Lagebild Antisemitismus #14 richten wir den Blick auf die internationale Bühne – und ihre Wirkung auf die deutsche Gesellschaft.
Die fünf Kernbeobachtungen im Überblick:
1. Resolution: Israelfeindschaft als Mehrheitsmeinung
Die UNO ist eine Versammlung ihrer Mitgliedstaaten – viele davon autokratisch regiert und demokratiefeindlich. In dieser Konstellation prägt eine israelfeindliche Mehrheit seit Jahrzehnten die Nahostpolitik der Vereinten Nationen. Nach dem 7. Oktober wurde deutlich, wie dysfunktional dieses System ist: Statt Israel zu unterstützen, kippte die Mehrheit Resolutionen, die Terror verurteilen sollten – oder formulierte diese bewusst einseitig.
2. Verkehrte Welt: Verharmlosung der Hamas, Delegitimierung Israels
Während Israel für seine Selbstverteidigung verurteilt wird, bleiben Verurteilungen der Hamas aus. UNO-Vertreter*innen sprechen von „Widerstand“, statt den Terror als solchen zu benennen. Diese Rhetorik verschleiert die Gräueltaten vom 7. Oktober und findet erschreckend viel Resonanz auch in deutschen Diskursen – sei es auf der Straße oder in den sozialen Medien.
3. UNO als Legitimationsinstanz für Antisemitismus
Antisemitische Narrative erhalten durch UN-Statements, Resolutionen und Berichte eine scheinbar moralische und politische Legitimität. Begriffe wie „Genozid“ oder „Menschenrechtsverletzungen“ gegen Israel werden oft unkritisch übernommen – während gleichzeitig sexualisierte Gewalt durch die Hamas kaum benannt wird. Diese Schieflage wirkt weit über die UN hinaus und prägt auch den deutschen Diskurs.
4. Beitrag zur Destabilisierung des Nahen Ostens
Statt Frieden zu fördern, verstärkt die UNO durch ihre einseitige Haltung bestehende Konfliktlinien. Besonders problematisch: das Verhalten des UN-Hilfswerks UNRWA, dessen Schulmaterialien und Personal wiederholt antisemitische Inhalte verbreitet haben. Die institutionelle Praxis der UNO trägt so zur langfristigen Destabilisierung der Region bei – und untergräbt das Vertrauen vieler Jüdinnen*Juden in diese internationale Institution.
5. Zahnlose Staatsräson: Deutschlands doppelte Standards
Trotz der oft zitierten Staatsräson – der besonderen Verantwortung gegenüber Israel – zeigt Deutschlands Verhalten in der UNO ein anderes Bild. Seit dem 7. Oktober hat die Bundesregierung mehreren israelkritischen Resolutionen zugestimmt oder sich enthalten – und gehört weiterhin zu den größten Geldgebern der UNRWA. Eine klare und verlässliche Haltung sieht anders aus.
Das Lagebild Antisemitismus #14 bietet eine tiefgehende Analyse der Rolle der UNO im Kontext des israelbezogenen Antisemitismus – und zeigt auf, wie internationale Politik antisemitische Diskurse in Deutschland beeinflusst.
Das vollständige Lagebild steht ab sofort digital und als Printversion zur Verfügung.
Hier geht’s zur Publikation