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Heimatlose Reichsbürger: Das Königreich Deutschland-Verbot und seine Folgen

Das Schloss Bärwalde in der Oberlausitz ist eine der Immobilien des KRD. Foto: Gwalter, CC BY-SA 3.0, Verfremdung: Amadeu Antonio Stiftung

Das Verbot des „Königreichs Deutschland“ trifft das Reichsbürger-Milieu hart – doch seine Ideologien leben weiter. Hinter esoterischer Fassade verbarg sich ein autoritäres, antisemitisches System. Der Rechtsstaat muss weiter wachsam bleiben.

Das Verbot des Königreichs Deutschland (KRD) – der bis dahin größten Organisation im Reichsbürger-Milieu und die Festnahme der vier mutmaßlichen Rädelsführer dürfte die Reichsbürger-Szene erneut hart treffen. Bereits die Polizeimaßnahmen des 7. Dezember 2022, damals kam es bundesweit zu Razzien und Festnahmen im Umfeld der Gruppe Reuß, hatten das Milieu geschwächt. Gleichzeitig zeigten die damaligen Ereignisse, dass sich die Reichsbürger*innen von staatlichen Ermittlungen und Maßnahmen nicht zu sehr unter Druck setzen lassen. Bereits ein halbes Jahr nach den Razzien gegen Reuß und seine Anhänger*innen kam es wieder zu Versammlungen des Milieus in der Öffentlichkeit.

Unbestritten verfolgte KRD-Gründer Peter Fitzek seit 2012 den Plan, mit seinem Königreich Deutschland zu expandieren. Zwar verlor seine Organisation 2017 den Hauptsitz in Wittenberg, auf einem still gelegten Krankenhausgelände, es gelang aber an anderer Stelle sesshaft zu werden. Vor allem in Sachsen war Fitzek in der Immobilienakquise erfolgreich. Er erwarb zwei Schlösser und einen Bauernhof. In einem Landgut in Halsbrücke im Landkreis Mittelsachsen erfolgte am 13. Mai 2025 auch der Hauptzugriff der Polizei und Bundesanwaltschaft.

In der Selbstdarstellung hatte Fitzek seine Vereinigung als „Gemeinwohlstaat“ angepriesen. Offenbar wollte man weg vom Image der gefährlichen Reichsbürger-Gruppe, hin zu einer gemeinnützigen, alternativen Organisation, die nicht nur Menschen aus dem rechten Spektrum ansprechen sollte. Neue Mitglieder mussten sich unterdessen in Seminaren bezüglich der Gesetze, Normen und Riten unterweisen lassen, um Staatsangehörige im Königreich Deutschland zu werden. Die Öffentlichkeitsarbeit spielte für das KRD eine wichtige Rolle. In selbst gedrehten Videos, die auf Social-Media-Kanälen vertrieben wurden, sah man Männer und Frauen sowie auch Kinder, die gemeinsam anpackten oder die sich zu den Zielen des KRD äußerten. Immer wieder wurde dabei sichtbar, dass besonders das esoterische Milieu ein Zuhause im KRD gefunden hatte.

Sammelsurium esoterischer und verschwörungsideologischer Überzeugungen

Der einzige Chefideologe der Gruppe blieb allerdings Fitzek selbst. In schier endlosen Videos und Beiträgen vermarktete er nicht nur das KRD, er gab zugleich die richtige geistige und weltliche Interpretation der Geschehnisse außerhalb des KRD bekannt. Diese Beiträge lassen tief blicken in die ideologischen Welten des Peter Fitzek, aber auch des gesamten KRD. Zwar lässt sich hier keine Haupt-Ideologie ausmachen, vielmehr bildet das KRD ein Sammelsurium unterschiedlicher esoterischer und verschwörungsideologischer Überzeugungen, gleichzeitig scheint aber das antimoderne und in Teilen antisemitische Weltbild von Fitzek zu dominieren.

Demnach sei die moderne Welt durch dämonische Kräfte beherrscht, die das gute und schöne Leben der Menschen verhindern. Insbesondere wenn es um die Klärung der Frage geht, wer hinter der Dominanz des Geldes stünde, fällt im KRD häufig ein jüdischer Name oder wird das Judentum als solches verdächtigt. Fitzek spricht manchmal klar, manchmal uneindeutig – dass er aber von einer jüdischen Weltverschwörung gegen die Menschheit überzeugt ist, lässt sich anhand eines Clips beweisen, den er zum Thema Krieg in der Ukraine auf dem Portal „KRD-Tube“ aufnahm. Hier sagte Fitzek, dass eine jüdische Gruppe die Strippenzieher hinter Russlands Präsident Putin und dem Präsidenten der Ukraine Selensky seien.

Eine Recherche der Welt zum KRD zeigt, dass solche Ansichten keineswegs Fitzek Privatmeinung sind, sondern dass diese auch bei den Seminaren durch die Seminarleiter*innen vertreten werden. Man kann also mit einiger Sicherheit sagen, dass die Mitglieder im KRD von einem verschwörungsideologischen und antisemitischen Weltbild umgeben sind.

Ausbeutung der Anhänger*innen

Gerade hier zeigt sich die Gefährlichkeit des KRD. Was für viele nach harmloser Esoterikwelt oder alternativem Ausstiegsprojekt aussieht, ist im Kern eine demokratie- und menschenfeindliche Versammlung. Frühere TV-Aufnahmen mit Fitzek offenbaren eine zutiefst dominante und autoritäre Persönlichkeit, die nicht zimperlich mit Widersacher*innen oder Konkurent*innen umgeht. In einer Reportage des MDR aus dem Jahr 2013 ist zu sehen, wie Fitzek in einer Versammlung des KRD versucht, Anhänger*innen, die ihn zuvor wegen seiner Machtfülle kritisiert haben, einzusperren. Dabei verliest Fitzek Texte aus der Verfassung des KRD und klagt seine Anhänger*innen wegen angeblichen Hochverrat an. Erst das Verständigen der Polizei durch die Betroffenen führt zu einer Freilassung.

Fitzek wendet hier eine Art Selbstgerichtsbarkeit an, sodass im KRD nicht mehr die Prinzipien des Rechtsstaats und der damit verbundenen Rechte der Bürger*innen gelten. Ebenso werfen Expert*innen und Kenner*innen des KRD Fitzek und seiner Führungsriege vor, systematisch Menschen ihrer Gelder und Besitztümer zu berauben. Unter dem Vorwand, dem Gemeinwohl zu dienen, versickern Hunderttausende Euro in den Projekten oder Kassen von Fitzek. Es bleibt abzuwarten, ob mit dem Verbot auch einhergeht, dass frühere Anhänger*innen den Rechtsweg antreten.

Das Verbot des KRD ist insgesamt ein Erfolg des Rechtsstaats im Umgang mit dem Reichsbürger-Milieu. Auch viele Bürgermeister*innen oder engagierte Bürger*innen dürften aufatmen. Groß war die Angst, wenn bekannt wurde, dass das KRD eine Immobilie in der Nähe erwerben konnte. Zugleich muss klar sein: Die soziologischen und politischen Ursachen für die zahlenmäßig immer noch stark aufgestellte Szene sind damit nicht beseitigt.

Nicht nur, dass die zahlreichen Haupt- und Neben-Verschwörungserzählungen weiterhin munter verbreitet werden, auch die Suche nach einem autoritären und antimodernen Projekt geht für viele Menschen weiter. Das Milieu ist groß und reicht von völkischen Siedler*innen, über die so genannte Anastasia-Bewegung bis hin zu den Neonazis. Es ist wichtig, dass sowohl die staatliche als auch die zivilgesellschaftliche Aufmerksamkeit hoch bleibt. Ebenso müssen Beratungsstellen gestärkt werden, die dabei helfen, Angehörige zu beraten und zu unterstützen, wenn Freund*innen oder Familienmitglieder Teil der Reichsbürger*innenwelt werden. Auch gilt es ehrenamtliche Initiativen zu unterstützen, wie beispielsweise die Demokratiebündnisse von Halsbrücke oder Rutenberg. Diese Bürger*innen klären ihre Nachbarschaften auf und organisieren Widerstand gegen die Reichsbürger.

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