Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Kick it like Boateng – Antirassistisches Fußballturnier in Greifswald

© Amadeu Antonio Stiftung

Das Internationale Kultur- und Wohnprojekt (IKuWo e.V.) aus Greifswald veranstaltete unter dem Motto „Kick it like K. P. Boateng“ ein antirassistisches Fußballturnier. Junge Menschen aus der Region spielten mit von Flucht betroffenen und kamen so ins Gespräch über die unterschiedlichen Lebensrealitäten.

Der schwarze Profi-Fußballer Boateng, Namensgeber des Projekts, setzt sich aktiv gegen Rassismus auf dem Platz und in der Gesellschaft ein. Am 17. März traten junge Menschen, Erwachsene, sowie Flüchtlinge aus der Region zu einem ganztägigen Fußballturnier im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ an. Knapp 200 Besucher und 24 Teams trafen auf dem Feld zusammen. Unter den Teams waren Flüchtlinge aus den Wohnheimen in Stralsund, Anklam, Wolgast, Rostock und Greifswald. Die Flüchtlinge aus Anklam und ein Team aus Demmin kamen in das Finale – das Team aus Demmin, welches durch die A-Jugend von FC Hansa personell unterstützt wurde, hat nur knapp gewonnen.

Das abschließende gemeinsame Abendessen wurde von einer Gesprächsrunde begleitet, bei der die Spielenden und Besucher die Möglichkeit bekamen, sich über ihre Lebensrealität auszutauschen, die Situation der Flüchtlinge zu thematisieren und einander weiter anzunähern.

NPD macht Stimmung gegen Flüchtlingsheime

Auch steht das Fußballturnier im Vorfeld zu einem geplanten Neonazi-Aufmarsch am 23. März in Güstrow. Neonazis und Rechtspopulisten hetzen gegen die dortigen Flüchtlinge. Erst im November vergangenen Jahres hatte die NPD in der Stadt Wolgast mit einem Fackelmarsch am Jahrestag der Reichspogromnacht gegen Asylsuchende demonstriert. Unter dem Motto „Einmal Deutschland und zurück“ wird in der Innenstadt unter anderem gegen das neue Asylwohnheim in Güstrow demonstriert.

„Die Flüchtlingsunterkünfte in Mecklenburg-Vorpommern sind meist sehr abgelegen, schwer erreichbar und der Alltag wird als trist beschrieben. Wir sehen das Fußballturnier als eine Möglichkeit sich untereinander zu vernetzen und auszutauschen und natürlich hoffen wir auch, dass daraus eine kontinuierliche Zusammenarbeit erwachsen kann.“, so Nadja Tegtmeyer vom IkuWo.

Flüchtlinge sind von zahlreichen Diskriminierungen und Ausgrenzungen betroffen; Zwangsunterbringung, Abschiebung, Residenzpflicht, Arbeitsverbot und Minimalversorgung. Darüber hinaus sind sie gesellschaftlich isoliert, oftmals in strukturschwachen Regionen untergebracht und verfügen kaum über Zugang zu Kultur, Bildung und Kontaktmöglichkeiten mit der lokalen Bevölkerung. In Greifswald und überregional werden Stimmen laut, die aufgrund rassistischen und sozialchauvinistischen Denkens die Unterbringung von Flüchtlingen verhindern wollen.

Austausch und Annäherung gegn die Isolation

Das Fußballturnier ist nur eine von vielen Aktivitäten des IKuWos. Die Herstellung von Kontakten zwischen der Bevölkerung und die Annäherung von Flüchtlingen untereinander stellen eine Möglichkeit dar, die gesellschaftliche Isolation zu durchbrechen. Die nicht vom Wohnheimsalltag betroffenen Teilnehmenden können Vorurteile abbauen und sich den Themen Flucht, Abschiebung und Asyl auf einer persönlichen Ebene nähern.

Der Austausch ermöglicht den Spielern und Spielerinnen aktiv zu werden, ihre Lebensrealitäten zu thematisieren und andere Erfahrungen erfahrbar zu machen. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert das Projekt im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus, weil der unmittelbare Kontakt mit den Flüchtlingen ein erster Schritt ist, die in der Region verbreiteten Vorurteile aufzubrechen.
Geplant und umgesetzt wurde das Fußballturnier mit und von Jugendlichen, der Antirassistischen Initiative Greifswald und den Flüchtlingen aus Wolgast und Greifswald.

Von Jessica Lütgens

Weiterlesen

Tahera_Ameer_2022
Interview

Warum die Gesellschaft noch keinen sicheren Umgang mit Rassismus hat

Tahera Ameer im Interview: „Das gesellschaftliche Bewusstsein dafür, dass es Rassismus in Deutschland gibt, ist stark gestiegen. Das ist ein Schritt vorwärts, dazu hat die Amadeu Antonio Stiftung beigetragen. Bis praktische Maßnahmen umgesetzt werden, die Rassismus als strukturelles Problem bekämpfen, ist es noch ein weiter Weg. Wir brauchen Proviant und Ausdauer für einen Marathon, nicht für einen Sprint.“

Gruppenbild_algerische Vertragsarbeiter_Mohamed Kecheroud und Oral-History-Forschungsstelle der Universität Erfurt
Gefördertes Projekt

Nach 50 Jahren: Gedenken an rassistische Hetzjagd auf Vertragsarbeiter in Erfurt

Am 10. August 1975 jagten bis zu 300 DDR-Bürger*innen algerische Vertragsarbeiter durch die Erfurter Innenstadt und verletzten einige schwer. 50 Jahre später erinnerten Betroffene und Erfurter*innen an die Ereignisse. In der Öffentlichkeit spielt die Auseinandersetzung mit rassistischer Gewalt in der DDR weiterhin kaum eine Rolle. Die Auseinandersetzung mit rassistischer Gewalt findet auch Jahrzehnte später viel zu selten statt.

Bleib informiert!

Melde dich jetzt zum Newsletter an und verpasse keine unserer nächsten Publikationen!

Schön, dass du dich für unsere Publikation interessierst! In unserem monatlichen Newsletter erhältst du spannende Einblicke in den Alltag demokratischer Zivilgesellschaft und in unsere Arbeit.
Publikation bestellen Publikation lesen