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Aktiv gegen Rechts in Kiel: „Kunstprojekt voller Erfolg“

„Unser erstes Kunstprojekt war ein großer Erfolg und wir freuen uns über die positiven Reaktionen der Kieler Bürger“, resümiert Laura-Estelle Henze von der Jugendgruppe „nackt geboren“ die gleichnamige Kunstaktion, die von der Amadeu Antonio Stiftung gefördert wurde.

Und ein Erfolg war es. Besonders freuten sich die Jugendlichen über die vielen positiven Zuschauerreaktionen und den Besuch des Oberbürgermeister Torsten Albig.

Passivität am eigenen Körper erleben 

Die Aufmerksamkeit erregende Aktion folgte einem einfachen Schema. Eine Person hielt eine große Fernbedienung in der Hand, auf der sie willkürlich Tasten bediente. Die zweite Person, stand in einem roten Kreis und dachte sich zu jeder Ziffer auf der Fernbedienung spontan eine Bewegung aus, die sie bei jedem erneuten Tastendruck ausführte. Die Passanten bekamen die Gelegenheit in beide Rollen zu schlüpfen.

„Durch die wiederholenden Bewegungen wollten wir die Passivität, Abhängigkeit und eingeschränkten Freiheit der Menschen, die unsere Demokratie nicht mitgestalten, darstellen. Dadurch, dass politikverdrossene Bürger ihre demokratischen Rechte nicht nutzen, bestimmen sie in der Gesellschaft bei wichtigen Entscheidungen nicht mit und verlieren so ihre Rechte und Freiheiten“, erläutert Ricarda Saleh, die sich ebenfalls in der Schülergruppe engagiert.

Das Engagement zeigte durchaus Wirkung, wie sich nicht nur an der großen Teilnehmerzahl ablesen lässt. So schildert eine Passantin ihre Erlebnisse: „Es war eine sehr interessante Erfahrung bei der Performance mitzumachen. Ab einem bestimmten Punkt der Performance musste ich überhaupt nicht mehr nachdenken und fühlte diese Monotonie und Abhängigkeit. Ich ähnelte einem Roboter, der keine eigenen Gedanken entwickeln und Entscheidungen treffen kann“ Darüber hinaus erklärten sich mehrere Jugendliche bereit an zukünftigen Aktionen der Gruppe teilzunehmen und zwanzig Passanten trugen sich in eine Liste ein, um über weitere Aktivitäten informiert zu werden. 

Kreatives Engagement gegen Rechtsextremisten

Bei allem Erfolg bleibt der Anlass für die Aktion sehr ernst. In der Kieler Innenstadt sind immer wieder Aufkleber und Plakate mit rassistischem Inhalt zu sehen, im Kieler Stadtrat sitzt seit vergangenem Jahr ein Vertreter der rechtsextremen NPD und eine in Kiel ansässige rechtsextreme Kameradschaft rief kürzlich Kiel zur „Frontstadt“ aus. Mit der Performance wollen die Jugendlichen von „nackt geboren“ ihre Mitbürger zu mehr demokratischem Engagement und Zivilcourage motivieren und so den Nazis nicht den öffentlichen Raum zu überlassen. Dieser Aufruf erhielt jetzt, da sich Neuwahlen in Schleswig-Holstein abzeichnen, noch mal zusätzlich Gewicht.

Möglich gemacht wurde das Projekt, mit Hilfe der Amadeu Antonio Stiftung, die entsprechend dem Motto „Ermutigen. Beraten. Fördern.“, der jungen Initiative zur Seite stand. Dazu nochmals Ricarda Saleh: „Die Amadeu Antonio Stiftung hat uns sehr unterstützt. Nicht nur die finanzielle Unterstützung für die Materialkosten sondern auch die Unterstützung bei der Pressearbeit haben uns sehr geholfen.“ Angespornt von dem Erfolg der ersten Aktion ist der nächste Schritt schon in Planung. Als nächstes plant die Initiative eine Ausstellung über die Performance. Diesbezüglich drückte Laura-Estelle Henze, die unter anderem für die fotografische Dokumentation des Projekts zuständig ist, die Hoffnung aus, „Wir hoffen, dass auch in Zukunft Jugendgruppen, die Projekte für Demokratie organisieren Rahmenbedingungen gegeben werden und bei ihrer Arbeit unterstützt werden.“

Martin Hünemann

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