Am 20. September 2016 starb Eugeniu Botnari im Alter von 34 Jahren an den Folgen eines Schädel-Hirn Traumas, das ihm bei einem rassistisch und sozialdarwinistisch motivierten Angriff zugeführt wurde.
Drei Tage zuvor, am Morgen des 17. September 2016, besuchte er eine Edeka-Filiale im Bahnhof Berlin-Lichtenberg. Der Filialleiter André S. beobachtete ihn und warf ihm vor, Ladendiebstahl begangen zu haben. Statt die Polizei zu rufen, führte der Filialleiter Eugeniu Botnari in den Durchgang des Getränkelagers im hinteren Teil des Geschäfts. Dort zog er sich einen Quarzhandschuh an und schlug damit auf Eugeniu Botnari ein. Danach zog der Täter Eugeniu Botnari über eine Hintertür aus dem Geschäft. Die gesamte Tat wurde von der Überwachungskamera des Supermarktes aufgezeichnet. Der Filialleiter filmte das Überwachungsvideo nach der Tat mit seinem Handy ab und verschickte es, versehen mit menschenverachtenden Kommentaren, an seine Mitarbeiter:innen.
Eugeniu Botnari ging nicht zum Arzt, weil er Angst vor Behandlungskosten hatte
Eugeniu Botnari wuchs in Moldawien auf und lebte seit 2005 in Deutschland. In Berlin hatte er keinen festen Wohnsitz, sondern kam bei Freund:innen und Verwandten unter. Seine Ehefrau lebt in Moldawien.
Noch am 17. September 2016 besuchte der verletzte Eugeniu Botnari Familienangehörige und erzählte ihnen von dem Angriff: „Wie ein Hund“ sei er zusammengeschlagen worden. Da sich sein Zustand im Laufe des Tages verschlechterte, rieten ihm seine Verwandten, eine:n Ärzt:in aufzusuchen. Eugeniu Botnari war nicht krankenversichert und lehnte dies daher aus Angst vor den Behandlungskosten ab. Da sich seine Beschwerden verschlimmerten, ging er am 19. September schließlich doch zu einer Arztpraxis und berichtete dort von dem Angriff. Der Arzt diagnostizierte einen akut lebensbedrohlichen Zustand und verlegte ihn in ein Unfallkrankenhaus, wo eine Hirnblutung festgestellt wurde. Einen Tag darauf, am 20. September 2016, verstarb Eugeniu Botnari an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas.
Rassismus und Wohnungslosenfeindschaft
Am 27. März 2017 wurde André S. vor dem Landgericht Berlin wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Laut zivilgesellschaftlichen Initiativen, die den Gerichtsprozess beobachteten, wurde in der Verhandlung klar, dass André S. ähnliche Taten schon mehrfach verübt hatte und seine Quarzhandschuhe regelmäßig gegen vermeintliche Diebe, die er als „Ausländer“ wahrnahm, einsetzte. Die meisten davon waren Wohnungslose.
Vor Gericht sagte André S. aus, er habe Eugeniu Botnari eine Lektion erteilen wollen. Seine Aussagen offenbarten sein rassistisches und sozialdarwinistisches Weltbild. Der Richter nannte das Verschicken des Videos in seiner Urteilsbegründung „zynisch und menschenverachtend“. Trotzdem wurde die Tat offiziell nicht als politische Tat anerkannt.
Gedenken an Eugeniu Botnari und Einsatz für die Umbenennung des Bahnhofsvorplatzes
Verschiedene Initiativen organisieren seit 2018 regelmäßige Veranstaltung in Gedenken an Eugeniu Botnari. Außerdem setzten sie sich dafür ein, dass der Bahnhofsvorplatz in Berlin-Lichtenberg nach Eugeniu Botnari umbenannt wird. Dafür wurde 2020 ein offener Brief verfasst, der von zahlreichen Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen unterschrieben und der Bezirksverordnetenversammlung überreicht wurde.