Am 29. März 1993 wurde der 58-jährige Friedrich Maßling in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) von zwei Neonazis so schwer misshandelt, dass er wenige Tage nach dem Angriff starb.
Friedrich Maßling bezog an diesem Tag eine Unterkunft für Wohnungslose Menschen – die „Villa Menke“. Die Täter, der 19-jährige Bernd Tödter und sein 22-jähriger Cousin Anton Tödter, befanden sich schon länger in der Unterkunft. Das Opfer kannten sie bis dahin nicht. Am Abend der Tat sollen sie sie Zeug*innenaussagen zufolge davon gesprochen haben: „Den Penner aufzumischen“. Das Zimmer in der Unterkunft, das von Friedrich Maßlings bezogen wurden, nannten sie „Pennerzimmer“. Die beiden Täter verprügelten Friedrich Maßling mit einer Flagge der rechtsextremen ‚Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei‘ (FAP) und misshandelten ihn stundenlang. Am Morgen danach forderten der Haupttäter den schwer verletzten Friedrich Maßling dazu auf, das verwüstete Zimmer aufzuräumen, denn er „habe sich für die Ordnung im Haus mitverantwortlich gefühlt“. Anschließend ließen die Täter Friedrich Maßling am Tatort liegen, unterließen jegliche Hilfe und riefen keinen Krankenwagen.
Friedrich Maßling kam erst Tage später ins Krankenhaus und erlag dort am 03.April 1993 den Kopfverletzungen, die ihm mit beispielloser Brutalität durch die Tödters zugeführt wurden.
Gericht sprach ein unverständlich geringes Urteil aus
Die Täter wurden wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu je einer dreieinhalbjährigen und einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt – ein unverständlich geringes Urteil. Vergleicht man es mit ähnlichen Taten, die ebenfalls nach Jugendstrafrecht verhandelt wurden, sticht das Urteil für diese Tat durch seine besondere Milde heraus. Anton Tödter wurde als vermindert schuldfähig eingestuft. Er saß seine Strafe in einer geschlossenen Psychiatrie ab, konnte jedoch nach wenigen Wochen schon wieder am Wochenende nach Hause fahren und seine Frau besuchen.
Das „Segeberger Bündnis für Demokratie und Toleranz“ bestätigte, dass sich Bernd Tödter nach seiner Haftzeit in Neumünster vor Jugendlichen in Bad Segeberg mit der Tat gebrüstet haben soll. Er verleumdete Friedrich Maßling als „Kinderschänder“ und prahlte mit seiner Ermordung – er sah eine Heldentat darin. Er ging nach seiner Haftentlassung nach Kassel. Dort führte er seit 2002 die „Kameradschaft Nordhessen“ sowie gemeinsam mit Stanley Roeske die militante neonazistische Organisation „Sturm 18“ an, die mit „Combat 18“ in Verbindung gebracht wird. Nach dem Verbot von „Sturm 18“ 2015 versuchte er in Bad Segeberg einen Ableger des „Aryan Circle“ aufzubauen.
Recherchen haben ergeben, dass der Täter Bernd Tödter weitere Male im Gefängnis saß, unter anderem, weil er seiner schwangeren Freundin mehrfach in den Bauch getreten hat. Das Strafregister von Bernd Tödter weist eine Spur der Gewalt und des Hasses auf: Illegaler Waffenbesitz, schwere Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsberaubung. 2006 griff er eine kurdische Familie an und wurde ein weiteres Mal verurteilt – dieses Mal zu 18 Monaten Haft. Zuletzt fiel Bernd Tödter vermehrt durch die Ansprache junger Menschen auf Schulhöfen in Bad Segeberg auf. Die Vermutung liegt nahe, dass er sich um die „Rekrutierung“ rechtsextremen Nachwuchses bemüht. Am 29.09.2019 wurde er zudem mit Maximilian Holstein von der AfD Elmshorn gesichtet.
Initiative fordert Straßenumbenennung
Die Initiative „Bad Segeberg bleibt bunt – für Demokratie und Toleranz“ fordert die Umbenennung des, nach dem Antisemiten Gustav Frenßen benannten, Gustav-Frenßen-Wegs in Bad Segeberg nach Friedrich Maßling. Ein solches Gedenken wäre ein angebrachtes Zeichen der Anerkennung dieser schrecklichen Tat als das, was sie war: ein Mord aus menschenverachtenden Motiven.