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Habil Kılıç

, 38 Jahre (staatlich anerkannt)

Der 38-jährige Habil Kılıç wurde am 29. August 2001 vom sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) in München-Ramersdorf ermordet.

Habil Kılıç war Gemüsehändler, am Tag seiner Ermordung arbeitete er im Gemüseladen seiner Familie. Hinter der Ladentheke stehend wurde er durch zwei Kopfschüsse ermordet. Er starb noch am Tatort. Kund:innen fanden seine Leiche kurze Zeit nach dem Mordanschlag.

Habil Kılıç arbeitete hart, um seiner Familie ein gutes Leben zu ermöglichen

Habil Kılıç wurde 1963 in der Stadt Borçka geboren, unmittelbar an der türkischen Schwarzmeerküste. Später lebte er in Ankara, wo er seine aus Deutschland kommende Frau kennenlernte. 1985 heirateten die beiden. Als sie Anfang der 1990er Jahre eine Tochter bekamen, zog Habil Kılıç zu seiner Frau nach München.

Habil Kılıç arbeitete hart, um seiner Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Er hatte mehrere Jobs in Reinigungs- und Speditionsfirmen in München und Ingolstadt. Anfang der 2000er Jahre eröffnete Habil Kılıç gemeinsam mit seiner Frau einen Frischwarenladen mit Gemüse, Obst und türkischen Spezialitäten in der Bad Schachener Straße 14 in München – der Laden trug den Namen „Himmet Market“. Hauptberuflich arbeitete Habil Kılıç weiterhin in einer Großmarkthalle, nach Feierabend half er seiner Frau im Gemüseladen.

Für seine Familie war der Verlust von Habil Kılıç unvorstellbar tragisch. Seine Frau sagte nach seinem Tod: „Ich habe alles verloren: meinen Mann Habil, den Vater meiner Tochter, meine finanzielle Lebensgrundlage, meine Gesundheit.“

Ermittlungsbehörden versagen bei der Aufklärung der „NSU“-Morde

Wie auch bei den anderen Morden des „NSU“ an Menschen mit einer Migrationsgeschichte, ermittelte die Polizei auch bei der Ermordung von Habil Kılıç im Umfeld des Opfers. Obwohl seine Familie bereits 2005 einen rechtsextremen Hintergrund vermutete, ermittelten die Behörden in Richtung organisierter Kriminalität und Drogenhandel. Damit stigmatisierten die Ermittlungsbehörden die Familie des Opfers und offenbarten vorurteilsgeleitetes Ermittlungsverhalten.

Im Jahr 2011 kam es zur Selbstenttarnung des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“. Die beiden Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wurden im November 2011 gemeinsam mit einer Tatwaffe tot in einem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. Beate Zschäpe, die ebenfalls als Teil des sogenannten Kerntrios der Terrorzelle gilt, verschickte daraufhin Videos, in denen sich der „NSU“ zu den Morden an insgesamt 10 Menschen bekannte. Dieses Ereignis offenbarte das jahrelange Versagen der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden, die die Angehörigen schikanierten, statt in Richtung rechtsextremer Tatmotive zu ermitteln, und die etliche Hinweise auf die Terrorzelle missachteten.

Am 08. November 2012 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des sogenannten „NSU“. Am 11. Juli 2018 verhängte das Oberlandesgericht München eine lebenslange Haftstrafe für Beate Zschäpe. Die „Helfer“ wurden zu Haftstrafen von zwei, zweieinhalb, drei und zehn Jahren verurteilt.

Der Prozess lässt viele Fragen offen – beispielsweise nach dem rechtsextremen Unterstützungsnetzwerk der Terrorzelle oder danach, welche Informationen Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz über die Terrorzelle hatten.

Zivilgesellschaftliche Initiativen halten die Erinnerung die Opfer des „NSU“ wach

Angehörige und zivilgesellschaftliche Initiativen streiten seit Jahren für eine umfassende Aufklärung der Morde des „NSU“ und für die Etablierung einer würdigen Erinnerungskultur.

Am Tatort erinnert seit 2013 eine Tafel mit den Namen aller „NSU“-Opfer an die rechtsextremen Morde. In jährlichen Gedenkveranstaltung wird Habil Kılıç gedacht.

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