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Josef Anton Gera

, 59 Jahre (staatlich anerkannt)

Am 17. Oktober 1997 verstirbt der 59-jährige Josef Anton Gera in Bochum an den Folgen eines Neonazi-Angriffs. Todesursache waren schwere innere Verletzungen, die zwei Neonazis ihm drei Tage zuvor mittels Stahlrohr zugefügt hatten.

Am 14. Oktober 1997 feiert der 59-jährige Rentner mit einigen Obdachlosen auf dem ehemaligen Gelände der Firma Krupp an der Alleestraße. In der dortigen Baracke wohnten auch die beiden Täter, ein 26-jähriger Neonazi und ein 35-jähriger Neonazi. Nach Angaben der beiden wollte der alkoholisierte Josef Anton Gera ihnen angeblich im Laufe des Abends sexuell näher kommen. Daraufhin greift einer der Täter zu einer Eisenstange und schlägt auf den Frührentner ein. Sein 26-jähriger Kamerad tut es ihm gleich.

Josef Gera kann sich zunächst schwerverletzt aus der Baracke flüchten. Als ihn Passanten finden, bringen sie ihn ins Krankenhaus, in dem er drei Tage später verstirbt. Seine Mörder prahlen noch am Tag des Angriffs vor ihren Familien, dass sie es „einem Schwulen gezeigt“ hätten. Diese Aussage unterstreichen sie mit einem Hitlergruß und einem Sieg-Heil-Ruf. Das Landgericht Bochum verurteilte die beiden Täter im Frühjahr 1998 zu fünf und sechs Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Die Laube, in der die Tat stattfand, war mit Hakenkreuzen, Totenköpfen und SS-Runen bemalt, trotzdem wird wie so oft ein rechtsextremes Tatmotiv vorschnell ausgeschlossen: Denn aufgrund der schweren Alkoholabhängigkeit der beiden Neonazis könne kein rechtsextremer Tathintergrund vorliegen, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Der Bruder von Josef Anton Gera berichtete auf einer Kundgebung im Oktober 2022:
„Josef Anton Gera wurde am 07.03.1938 in Mochau, Deutschland geboren. In einer großen, katholischen Familie mit sechs Kindern ist er aufgewachsen und zu einem frohen, kontaktfreudigen und gerechten Mann geworden. Er teilte alles und machte keine Unterschiede – er akzeptierte jede Hautfarbe und Religion.

Er war kein Trinker und er war nicht wohnungslos. Wir wissen nicht, wen und wie er liebte. Wir wissen nur, dass er liebte und starb und nicht mehr für sich sprechen kann. Also lasst ihn uns bitte erinnern, als den Menschen, den wir kannten und nicht umdefinieren zu dem, wozu man ihn heute bräuchte.

Alles was wir wissen sind die Hintergründe seiner Mörder, dieser gedankenlosen Menschen – Rechtsextremismus war die treibende Kraft. Dagegen muss eingestanden werden. Respektiert seine Person und zieht klare Grenzen zwischen ihm und dem, wofür ihr einsteht. Seid reflektiert und scharfsinnig.“

Späte staatliche Anerkennung

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen überprüfte ab Mitte 2022 im Rahmen seines Projekts „ToreG NRW“ (Todesopfer rechter Gewalt in NRW) 30 zurückliegende Gewaltdelikte aus den Jahren 1984 bis 2020 auf eine mögliche politische Tatmotivation. Anfang September 2024 gab Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul bekannt, dass unter anderem der Fall Josef Anton Gera als rechtsmotivierte Körperverletzung mit Todesfolge anerkannt wird.

Zivilgesellschaft erkämpft Gedenken von unten

Verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen haben es sich zur Aufgabe gemacht, dass Josef Anton Gera nach wie vor nicht vergessen wird. Mit Demonstrationen und Gedenkkundgebungen betten sie den 59-Jährigen in die Erinnerungskultur der Stadt ein und machen ihn damit sichtbar. Auch eine Gedenktafel in der Nähe vom Tatort erinnert an das Opfer rechter Gewalt. Die Inschrift lautet: „Josef Anton Gera verstarb am 17. Oktober 1997, nachdem er auf dem ehem. Krupp Gelände von Neonazis angegriffen wurde. Der Hass gegen Homosexualität war der Grund für seinen gewaltsamen Tod.“

„Wie kann man nur hassen, dass Menschen sich lieben?“, fragt die Gedenktafel mahnend. Die letzten Zeilen wurden einem Lied von der Rapperin Sookee entnommen. Im Jahr 2022 kann sich die Stadt Bochum ob des beharrlichen Zivilgesellschaftlichen Drucks, dazu durchringen einen Platz in Erinnerung an Josef-Anton-Gera umzubenennen. Die Plakette hebt sogar das rechtsextreme und homofeindliche Motiv der Tat hervor.

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