Am 04. Dezember 2021 wurden Linda R. und ihre drei Töchter, Rubi, Janni und Leni in ihrem Wohnhaus im Ortsteil Senzig der brandenburgischen Stadt Königs Wusterhausen ermordet. Der Täter, ihr Ehemann und Vater tötete sich anschließend selbst.
Wahnhafte Angst des Täters vor dem Staat
Die 40-jährige Linda R. arbeitete als Betriebswirtin an der Technischen Universität in Wildau. Als durch die Maßnahmen zum Schutz vor dem Corona-Virus nur noch Geimpfte, Genesene oder Getestete in dem Büro arbeiten durften, legte Linda R. einen gefälschten Impfnachweis vor, den ihr Mann Devid R. ihr besorgt hatte. Weil die Fälschung bei einer Kontrolle aufflog, fürchtete Devid R., man werde das Ehepaar verhaften und ihnen ihre Töchter entziehen. Der Täter, der sich in einem verschwörungsideologischen Coronaleugner:innen-Milieu bewegte, sah den Staat als bedrohlichen Feind und erschoss in diesem wirklichkeitsfernen Wahn seine Ehefrau Linda und die drei Töchter Rubi, Janni und Leni im Alter von vier, acht und zehn Jahren und anschließend sich selbst.
Antisemitische Verschwörungsideologien mit Corona-Bezug als Tatmotiv
Sowohl der von Devid R. hinterlassene Abschiedsbrief, als auch seine online-Aktivitäten in verschwörungsideologischen Telegram-Kanälen wie den „Freiheitsboten Königs Wusterhausen“ geben Auskunft über seine antisemitischen Überzeugungen einer jüdischen Weltverschwörung. Devid R. glaubte, dass hinter der Impfkampagne ein „böser“ Plan mit dem Ziel, die Weltbevölkerung um die Hälfte zu reduzieren und eine neue Weltordnung unter jüdischer Führung zu gründen, stecke. Aufgrund dieser Überzeugungen des Täters nahm das Bundesinnenministerium den Vielfachmord in die Statistik der Politisch motivierten Kriminalität-rechts (PMK-rechts) mit antisemitischem Hintergrund auf. Nach Aussage von Thorsten Herbst, dem Sprecher des Polizeipräsidiums Potsdam, war Antisemitismus jedoch nicht das alleinige Tatmotiv: „Es ist eine Gemengelage verschiedener Motive, die von Hasskriminalität, Fremdenfeindlichkeit über Ablehnung des Staates und seiner Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bis hin zum Antisemitismus reicht.“
Gedenken an die Opfer und Instrumentalisierung der Tat
Nachdem die Tat bekannt wurde, veranstalteten die Stadt Königs Wusterhausen, die Kirchengemeinde im Stadtteil Senzig und Anwohner:innen eine Gedenkfeier für die Ermordeten. Auch die Technische Hochschule Wildau gedachte ihrer getöteten Mitarbeiterin Linda R. auf ihrer Website: „Wir verlieren eine langjährige, sehr geschätzte Kollegin. Ihre lebensfrohe Art wird stets in unserer Erinnerung bleiben.“
Doch neben dem zivilgesellschaftlichen Gedenken und der Anteilnahme, wird die Tat in rechtsextremen und verschwörungsideologischen Kreisen instrumentalisiert, um Stimmung gegen die Politik und Medien zu machen und die gefährliche Radikalisierung im „Querdenker“-Milieu weiter anzufachen. „Ich finde es bemerkenswert, wie die Ereignisse umgedeutet werden: Der Staat oder Menschen, die sich impfen lassen, hätten diese Familie in den Tod getrieben„, so Hannes Püschel vom Potsdamer Verein Opferperspektive.