Am 24. April 1993 erhält der Wehrpflichtige Matthias Lüders bei einem Überfall von 40 rechten Skinheads auf eine Diskothek in Obhausen (Sachsen-Anhalt) zwei Schläge auf den Kopf. Zwei Tage später stirbt der 23-Jährige.
Matthias Lüders besucht am Abend des 24. April 1993, einem Samstag, mit Freund*innen eine Diskothek im Kulturhaus in Obhausen (Saalekreis), das bei Neonazis als „linker Treffpunkt“ gilt. Gegen 23:30 Uhr stürmen etwa 40 bis 50 Neonazis den Saal. Die Angreifer sind vermummt und mit Baseballschlägern, Schlagstöcken und Schreckschusspistolen bewaffnet. Sie verschießen Leuchtspurmunition und Tränengas und gehen u.a. mit Schlagstöcken, Gläsern, Flaschen und Stühlen unmittelbar auf die Besucher*innen los. Matthias Lüders und einer seiner Freunde schaffen es nicht mehr, hinter der Bar Schutz zu suchen. Bis heute ist ungeklärt, wer Matthias Lüders den Schädel-Basis-Bruch und die Hirnquetschung zugefügt hat, an denen er knapp zwei Tage nach dem Angriff im Krankenhaus verstirbt.
Im Prozess gegen einen 20-jährigen Neonazi stellt das Gericht fest, dass die Disko zum Zeitpunkt der Tat als „linker Treffpunkt“ bekannt gewesen sei. Der „blitzartige Angriff“ sei eine Racheaktion gewesen. Der Polizei wird vom Gericht vorgeworfen, dass keine ausreichenden Schutzmaßnahmen getroffen wurden, obwohl sie vorab informiert war. Und tatsächlich wandte sich der Pächter der Disko im Vorhinein an die Polizei, die ihn beschwichtigte und Schutzmaßnahmen angekündigte. Eine am Tatabend eingesetzte Polizeistreife war auch kurz vor Ort, aber wenige Minuten vor Beginn des Überfalls wieder abgefahren. Im Februar 1994 verurteilte das Gericht den 20-Jährigen Neonazi als Haupttäter wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren. Er gibt zu, dass er mit einem Baseballschläger auf Matthias Lüders eingeschlagen hat. Die restlichen Angreifer kommen mehr oder weniger milde davon: Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelte gegen 25 weitere mutmaßliche Angreifer. Letztendlich wird nur ein Dutzend Rechtsextremer wegen Landfriedensbruchs zu Bewährungsstrafen verurteilt.
2012 wird Matthias Lüders von der Landesregierung als Todesopfer rechter Gewalt offiziell anerkannt. Der Grund für eine Überprüfung? Nicht etwa der massive Protest und die konsequente Erinnerungsarbeit der Zivilgesellschaft, sondern die Selbstenttarnung des NSU, wonach die Landesregierung in Sachsen-Anhalt Altfälle von bisher nicht anerkannten Todesopfern rechter Gewalt überprüfen lässt..