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Mehmet Turgut

, 25 Jahre (staatlich anerkannt)

Der 25-jährige Mehmet Turgut wurde am 25. Februar 2004 vom sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) in Rostock ermordet.

Mehmet Turgut zog erst kurz vor seinem Tod von Hamburg nach Rostock. Am Tag des Mordanschlags übernahm er spontan die Schicht seines Freundes in einem Imbisstand im Rostocker Stadtteil Toitenwinkel. Zwischen 10:10 und 10:20 Uhr kamen Attentäter in den Imbiss und töteten Mehmet Turgut durch drei Schüsse in den Kopfbereich.

„Er wollte Geld sparen, um eine Familie zu gründen und meinen Eltern zu helfen“

Mehmet Turgut wurde 1977 in Kayalik in der Türkei geboren. Mit 15 Jahren zog er nach Deutschland, wo sein Vater bereits seit einigen Jahren arbeitete. In Deutschland beantragte Mehmet Turgut mehrfach Asyl, um ein dauerhaftes Bleiberecht zu erlangen. Er wurde zwischen 1994 und 2000 wiederholt abgeschoben.

„Für meinen Bruder Mehmet war Deutschland das Land der Hoffnung“, erinnert sich Mehmet Turguts Bruder. „Heute kann ich ihn verstehen. Er ist immer wieder nach Deutschland gegangen, um hier zu arbeiten. Er wollte Geld sparen, um eine Familie zu gründen und meinen Eltern zu helfen. Es war kein leichter Weg, er hat ihn mit dem Leben bezahlt“

Ermittlungsbehörden versagen bei der Aufklärung der „NSU“-Morde 

Wie auch bei den anderen Morden des „NSU“ an Menschen mit einer Migrationsgeschichte, ermittelte die Polizei auch bei der Ermordung Mehmet Turguts im Umfeld des Opfers – nicht in rechtsextremen Kreisen. Die Ermittlungsbehörden vermuteten, Mehmet Turgut hätte Verbindungen in kriminelle Milieus. Namensgebungen wie „Soko Halbmond“ zeigen die Ausrichtung der damaligen Ermittlungen.

Im Jahr 2011 kam es zur Selbstenttarnung des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“. Die beiden Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wurden im November 2011 gemeinsam mit einer Tatwaffe tot in einem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. Beate Zschäpe, die ebenfalls als Teil des sogenannten Kerntrios der Terrorzelle gilt, verschickte daraufhin Videos, in denen sich der „NSU“ zu den Morden an insgesamt 10 Menschen bekannte. Dieses Ereignis offenbarte das jahrelange Versagen der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden, die die Angehörigen schikanierten, statt in Richtung rechtsextremer Tatmotive zu ermitteln, und die etliche Hinweise auf die Terrorzelle missachteten.

Am 08. November 2012 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des sogenannten „NSU“. Am 11. Juli 2018 verhängte das Oberlandesgericht München eine lebenslange Haftstrafe für Beate Zschäpe. Die „Helfer“ wurden zu Haftstrafen von zwei, zweieinhalb, drei und zehn Jahren verurteilt.

Der Prozess lässt viele Fragen offen – beispielsweise nach dem rechtsextremen Unterstützungsnetzwerk der Terrorzelle oder danach, welche Informationen Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz über die Terrorzelle hatten.

Zivilgesellschaftliche Initiativen halten die Erinnerung die Opfer des „NSU“ wach

Angehörige und zivilgesellschaftliche Initiativen streiten seit Jahren für eine umfassende Aufklärung der Morde des „NSU“ und für die Etablierung einer würdigen Erinnerungskultur.

Heute erinnert ein Gedenkstein am Tatort an Mehmet Turgut. Jährlich finden Gedenkveranstaltungen in Rostock und anderen Städten statt.

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