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Michèle Kiesewetter

, 22 Jahre (staatlich anerkannt)

Die 22-jährige Michèle Kiesewetter wurde am 25. April 2007 vom sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) in Heilbronn ermordet.

Michèle Kiesewetter arbeitete als Polizisten, zum Zeitpunkt der Tat befand sie sich im Dienst. Sie und ihr Kollege stellten ihren Dienstwagen gegen 14:00 Uhr am Rand der Heilbronner Theresienwiese ab, um eine Pause mit geöffneten Autotüren zu machen. Wenig später entdeckte ein Passant, dass beide Polizist:innen blutüberströmt auf den Sitzen des Polizeiwagens lagen. Nach Rekonstruktion der Ermittler:innen müssen sich mindestens zwei Täter:innen von hinten an den Wagen geschlichen, mit Schusswaffen auf die beiden Opfer geschossen und ihre Dienstwaffen entwendet haben. Michèle Kiesewetters Kollege überlebte schwer verletzt. Sie selbst starb unmittelbar nach der Tat.

Schon mit elf Jahren wollte sie Polizistin werden

Michèle Kiesewetter wurde am 10. Oktober 1984 in der thüringischen Kleinstadt Neuhaus geboren. Aufgewachsen ist sie bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in Oberweißbach. Schon im Alter von elf Jahren hatte sie den Wunsch, später einmal Polizistin zu werden. In ihrer Jugend machte sie viel Sport, nahm unter anderem an Biathlon-Wettbewerben teil. Im Jahr 2002 bewarb sich Michèle Kiesewetter bei der Polizei Baden-Württemberg, bestand den Eignungstest und erfüllte sich damit ihren Traum – 2003 begann sie ihre Ausbildung bei der Polizei Biberach. Mit ihrem Heimatort blieb sie auch nach dem Umzug sehr verbunden, regelmäßig besuchte sie ihre Familie und Freund:innen.

Am Tag ihrer Ermordung hätte Michèle Kiesewetter eigentlich keinen Dienst gehabt. Sie übernahm jedoch die Schicht eines Kollegen. Ihre Familie erinnert sich an ihre Träume und Lebensziele: „Wir denken oft daran, dass Michèle ausgerechnet für ihren Traum, Polizistin zu sein, ihr Leben verloren hat. Sie war noch so jung, hatte noch so viele Pläne. Sie wollte eine Familie gründen und Kinder haben, drei, vier. (…) Sie träumte vom Motorradführerschein, und im Winter 2007 wollte sie Skifahren lernen. Wenige Monate davor wurde sie ermordet.“

Dienstwaffen wurden nach Selbstenttarnung bei den Tätern gefunden

Nach der Tat löste die Polizei sofort eine Großfahndung im Raum Heilbronn aus und kontrollierte alle Fahrzeuge im Umkreis – ohne Erfolg. Die Täter:innen wurden von der Polizei nicht aufgespürt, in der Neonazi-Szene wurde nie ermittelt.

Im Jahr 2011 kam es zur Selbstenttarnung des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“. Die beiden Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wurden im November 2011 tot in einem ausgebrannten Wohnmobil gefunden – mit ihnen auch die Dienstwaffen von Michèle Kiesewetter und ihrem Kollegen. Beate Zschäpe, die ebenfalls als Teil des sogenannten Kerntrios der Terrorzelle gilt, verschickte daraufhin Videos, in denen sich der „NSU“ zu den Morden an insgesamt 10 Menschen bekannte. Dieses Ereignis offenbarte das jahrelange Versagen der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden, die die Angehörigen schikanierten, statt in Richtung rechtsextremer Tatmotive zu ermitteln, und die etliche Hinweise auf die Terrorzelle missachteten.

Am 08. November 2012 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des sogenannten „NSU“. Am 11. Juli 2018 verhängte das Oberlandesgericht München eine lebenslange Haftstrafe für Beate Zschäpe. Die „Helfer“ wurden zu Haftstrafen von zwei, zweieinhalb, drei und zehn Jahren verurteilt.

Der Prozess lässt viele Fragen offen – beispielsweise nach dem rechtsextremen Unterstützungsnetzwerk der Terrorzelle oder danach, welche Informationen Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz über die Terrorzelle hatten.

Zivilgesellschaftliche Initiativen halten die Erinnerung die Opfer des „NSU“ wach

Angehörige und zivilgesellschaftliche Initiativen streiten seit Jahren für eine umfassende Aufklärung der Morde des „NSU“ und für die Etablierung einer würdigen Erinnerungskultur.

Heute erinnert ein Gedenkstein auf der Theresienwiese an Michèle Kiesewetter. Jährlich finden dort Gedenkveranstaltungen und Kranzniederlegungen statt.

 

 

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