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Antisemitismus in Verschwörungsmythen

Die Pandemie bietet einen fruchtbaren Boden für antisemitische Verschwörungsmythen. Das Corona-Virus ist eine abstrakte, schwer greifbare Gefahr, über die wir vieles noch nicht sicher wissen. Zugleich sind die Konsequenzen der Pandemie direkt spürbar und haben konkrete Auswirkungen auf alle Menschen. Solche Krisen werden seit Jahrhunderten antisemitisch aufgeladen.

 

Im Mythos einer jüdischen Weltverschwörung werden alle abstrakten, verunsichernden Anteile moderner Gesellschaften zum Teil eines großen Masterplans gegen alle Nicht-Jüdinnen und –Juden erklärt. Antisemit*innen und gefestigte Verschwörungsideolog*innen zeichnen ein Bild der Gesellschaft, in dem abgrundtief böse Menschen die Versklavung oder Vernichtung aller „Guten“ anstreben. Damit „erklären“ Antisemit*innen widersprüchliche politische, wirtschaftliche und geschichtliche Ereignisse.

 

Sie entwerfen ein apokalyptisches Bild, aus dem es nur einen Ausweg zu geben scheint: den Kampf der „Guten“ gegen die „Verschwörung“. Dies hat konkrete Konsequenzen für diejenigen, die als Verschwörer*innen identifiziert werden. Denn wenn sich die „Verschwörung“ vermeintlich nicht an Gesetze und Regeln hält, muss es die andere Seite auch nicht – so zumindest stellen es Verschwörungsideologien dar. Der Holocaust ist das mörderische Beispiel dafür, wie der antisemitische Mythos der „jüdischen Weltverschwörung“ zur Vernichtung von Millionen Menschen führen kann.

 

Auch in der Corona-Krise beziehen sich viele Verschwörungserzählungen auf diesen Mythos. Vor allem dann, wenn sie sich zu einer Ideologie verdichten, welche „das Große Ganze“ zu erklären vorgibt. Eine Verschwörungsideologie ist daher, zumindest strukturell, immer antisemitisch. Die Stereotype, mit denen die vermeintlichen Weltverschwörer beschrieben werden (hinterlistig, gierig, blutrünstig, bösartig, manipulativ; Kontrolle über Wirtschaft, Politik, Medien, Kultur, Bildung etc.), decken sich mit denen, die im Antisemitismus seit Jahrhunderten Jüdinnen und Juden zugeschrieben werden. Der Blick in die Geschichte zeigt: Der bösen „Weltverschwörung“ werden immer wieder neue Mittel, Personen und Gruppen zugeordnet; fester Bestandteil bleiben jedoch „die Juden“.

 

Seitdem öffentliche antisemitische Äußerungen sozial tabuisiert sind, nutzen Verschwörungsideolog*innen bewusst und unbewusst Codes und Chiffren, um den Mythos der „jüdischen Weltverschwörung“ zu verbreiten. Ob Familie Rothschild, Anetta Kahane oder George Soros:  Wenn die Menschen, hinter den „Finanzeliten“ oder der „Neuen Weltordnung“ (NWO) konkret benannt werden, wird jüdischen Menschen eine zentrale Rolle zugeschrieben.

Eine Hand ist an einer Wand
Photo von Alvaro Reyes auf Unsplash

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