Was sind Fake News? Was ist Desinformation? Und wie funktioniert das eigentlich?
Fake News sind Nachrichten, die strategisch und manipulativ verbreitet werden. Es sind vorgetäuschte Nachrichten, die überwiegend im Internet, insbesondere in sozialen Medien in Erscheinung treten und sich teilweise viral, also wie ein Virus, über Online-Kontakte verbreiten.
Der Begriff ist allerdings schwierig, weil er mit unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen wird. In den USA ist „Fake News“ häufig das Äquivalent zum deutschen Begriff „Lügenpresse“ und wird einfach genutzt, um journalistische Arbeit generalisiert zu diskreditieren und delegitimieren. In Deutschland werden unter „Fake News“ verschiedene Desinformations-Strategien zusammengefasst. Damit werden manipulativ verbreitete, vorgetäuschte Nachrichten oder Falschmeldungen bezeichnet, die sich überwiegend im Internet verbreiten und mitunter auch von Journalist*innen aufgegriffen werden. In der Regel arbeiten Desinformationen zu Themen, die Menschen emotional aufwühlen, empören. Ziel ist es, in der Folge einen Handlungszwang zu suggerieren. Besonders problematisch ist das, wenn Desinformationen menschenfeindliche Narrative bestärken und legitimieren, wie es etwa Lügen über Geflüchtete tun.
Warum ist es relevant Fake News zu entlarven?
Im Ergebnis einer Studie der Stiftung Neue Verantwortung wird deutlich, dass keine Akteur*innen aus Russland als Urheber*innen und Absender*innen von Fake News vor der Bundestagswahl 2017 – anders als von vielen erwartet – in Erscheinung traten. Die Quellen für Falschmeldungen seien hierzulande am rechten Rand zu suchen: “Fake News, so wie sich das Phänomen in Deutschland empirisch darstellt, werden vor allem von Rechtspopulist*innen und Rechtsextremen verbreitet.“¹ Laut der Studie agierten demnach Vertreter*innen der Alternative für Deutschland besonders auffällig: “Sieben der zehn untersuchten Fälle seien von AfD-Accounts verbreitet worden – darunter die reichweitenstarke Facebook-Seite der Bundespartei oder das Profil des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen.”²
Seit einigen Jahren gibt es in Europa Versuche von Gegenmaßnahmen. Anfang 2018 wurde von der EU eine unabhängige „Expertengruppe für Fake News und Desinformation“ eingesetzt.
Auch im Online-Format haben sich einige Projekte für User*innen etabliert, die vermeintlichen Fakten auf den Grund gehen. So kann man zum Beispiel auf den Seiten GeschichtsCheck, mimikama und politifact Inhalte überprüfen lassen oder sich beim faktenfinder der ARD informieren.
Warum wollen wir Apps testen?
Es sprießen Tools für verschiedene Zielgruppen und Plattformen aus dem Boden, die dabei helfen sollen, Fake News zu entlarven. Wie nutzer*innenfreundlich und intuitiv sind diese entsprechend der Zielgruppe? Noch wichtiger – halten sie ihr Versprechen? Wie funktional und korrekt sind diese Tools? Wer hat sie gemacht und wo liegen die Unterschiede? Wie zuverlässig lassen sich News tatsächlich mit ihnen überprüfen?
Bei der Veranstaltung kamen Expert*innen aus dem Bereich der Medienpädagogik und sozialen Arbeit im Netz zusammen, um Desinformations-Debunking-Tools zu testen.
Alexander Sängerlaub von der Stiftung Neue Verantwortung und Karolin Schwarz, Gründerin von HOAXmap und Expertin im Bereich “Desinformation”, haben die Teilnehmenden durch die Tests mit Fachwissen begleitet.
Getestet wurden der “Fake News Check” , der von Neue Wege des Lernens e.V. in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) entwickelt wurde und der SWR fakefinder des Südwestrundfunks.
Mehr über die getesteten Apps
App | Fake News Check | SWR fakefinder |
Vorschau | ||
Urheber | Neue Wege des Lernens e.V. in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung | Südwestrundfunk (SWR) Anstalt des öffentlichen Rechts; SWR Medienstark; Umsetzung: Kastanie Eins – Agentur für Kommunikation und Serious Games |
Zielgruppe | Schüler*innen & Lehrer*innen | Gesamtgesellschaft |
Kurzbeschreibung |
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Kriterien
Vorab hatte Christina Dinar, Pädagogin des Projekts debate//, Kriterien erstellt. Während der Testphasen haben die Tester*innen diese erweitert.
Das kam dabei heraus…
- Fake News/Desinformation – Begriffsdefinitionen + Hintergrundinformationen – Wie sind diese gestaltet? Sind sie verständlich und ausführlich genug?
- Grundfundament/Problemanalyse – Warum braucht es so eine App?
- Debunking-Mechanismus – Wie sicher werden verschiedenste Desinformationen entlarvt?
- Usability – Ist die App übersichtlich gegliedert?
- Schnelle Selbstanwendung – Ist die App intuitiv? Kann ich sie zwischendurch benutzen, um Nachrichten auf ihre Richtigkeit zu prüfen?
- Formulierung/Sprache – Wie eindeutig und leicht zugänglich sind die Formulierungen?
- Weiterführende Information zum Thema – Gibt es diese? Sind diese aktuell und angemessen?
- Aktualität der Inhalte – Von wann ist die App? Werden die Inhalte fortlaufend aktualisiert und weiterentwickelt?
- Zugang – Ist die App browserbasiert oder werden User*innen ausgeschlossen, die z.B. kein Android-fähiges Smartphone haben?
- Quellen – Sind diese leicht einsehbar, nachvollziehbar und korrekt?
- Pädagogischer Einsatz – Kann die App für die Arbeit mit Jugendlichen eingesetzt werden?
Kritikpunkte – Das leisten die Apps (nicht)
Fake News Check:
negativ:
❌ Stand 2015: es fehlt eine kritische Einordnung und der Begriff “Desinformation”
❌ der Debunking-Mechanismus setzt sehr viel voraus, ist nicht sehr hilfreich
❌ keine gute Usability/Gliederung
❌ Einarbeitung dauert sehr lange & ist sehr textlastig + Entscheidungen werden forciert – ist nicht für die schnelle Selbstanwendung geeignet
❌ ist nicht für alle Anwendungsfälle geeignet
❌ nur für Android → im Google Play Store erhältlich
positiv:
✅ Nennung der Gründe für Fake News: zur Verbreitung von Ideologien und für Werbung (Clickbaiting)
✅ wenn man Zeit hat und die Anwendung begleiten und einbetten kann, dann ist sie für die päd. Arbeit geeignet (zum Beispiel als Unterrichtseinheit)
SWR fakefinder:
negativ:
❌ Kein roter Faden
❌ Irreführende Screenshots als Quellen-Check
❌ Erst intuitiv → schnell nicht mehr
❌ Fehlender didaktischer Aufbau
❌ Insgesamt eher verwirrend
❌ Begriffe werden nicht erklärt
❌ Merkwürdige Zusammenstellung der Artikel
positiv:
✅ Realistisches Setting – User*in wird eine reale Situation versetzt
✅ Browserbasiert – ist über einen Browser aufrufbar und somit leicht zugänglich
Fazit
Wie würde eine optimale App aussehen? Was ist besonders wichtig? Welche Features sollte sie beinhalten?
Die App sollte User*innen nicht nur für das Phänomen “Desinformation” sensibilisieren. Es ist wichtig, dass antidemokratische und menschenfeindliche Inhalte gekennzeichnet werden, um den Kontext, in dem Fake News/Desinformation ideologisch und strategisch verbreitet werden, verständlich zu machen. Das Hauptziel sollte sein, den Blick von allen Leuten, die sich im Internet und mit Sozialen Medien über das Tagesgeschehen informieren, für Desinformation nachhaltig zu schärfen. Jede Person sollte in die Lage versetzt werden, Nachrichten mit einer “kritischen Brille” zu lesen und darüber hinaus zu wissen, wie mit einer Falschmeldung umgegangen werden kann.
Das alles sollte eine solche App leisten:
- klare Formulierung und Eindeutigkeit
- nicht textlastig
- weiterführende aktuelle Informationen in Form von Links/Verlinkungen
- stetige Aktualisierungen
- browserbasiert → Zugang für alle über das Internet, nicht nur für Android/iOS Apple
- realistisches Setting
- intuitiv und schnell anwendbar für den täglichen Gebrauch zum Check → übersichtliche Gliederung
- inklusive Demokratiebewusstsein stärkende Funktion/Bewusstsein für demokratie-und menschenfeindliche Anteile von Desinformation → Hinweise auf menschenfeindliche Inhalte
- Begriffserklärungen mehrerer komplexer Begriffe, die im Kontext relevant sind
- simple Erklärung des vorausgehenden Problems auf dem die App basiert
- funktionierender Debunking-Mechanismus, der auf verschiedene Fälle anwendbar ist (Nachrichten, Online-Artikel, Videos, Bilder, Quellen-Check)
- sollte für die Arbeit mit Jugendlichen anwendbar sein
- Einbettung von Desinformation: ideologisch, Werbung, Clickbaiting, spielen mit Emotionen/Manipulation
- Datensparsam – Man sollte nicht viele Informationen von sich selbst preisgeben müssen
- Nachvollziehbarkeit der Quellen sollte gewährleistet sein
- Für Lehrer*innen: begleitende Unterrichtsmaterialien, die das gesamte Thema “Desinformation” behandeln
- Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Desinformationen – Was mache ich nachdem ich eine Falschmeldung entlarvt habe? Wie kann ich diese der jeweiligen Plattform melden und mitteilen?