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Zarte Pflänzchen der Zivilgesellschaft

Foto: der-bildermacher (CC BY-SA 2.0)

Die Brandenburger Rechtsextremen setzten all ihre Hoffnungen auf die Kommunalwahlen im Mai. Die große Zustimmung unter Jugendlichen machte ihnen Hoffnung, bei den Erstwählenden punkten zu können. Doch der erhoffte große Erfolg blieb aus. Auch weil Engagierte vor Ort mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung eine große Kampagne für demokratisches Handeln starteten.

Im März 2014 wurde im Brandenburgischen Senftenberg ein polizeibekannter Neonazi festgenommen, als er auf einem Schulhof im Krümelmonsterkostüm rechtsextreme Propaganda verteilte. Die Figur des Krümelmonsters wurde in der rechten Szene Brandenburgs schon häufiger missbraucht, um bei Kindern und Jugendlichen für die rechtsextreme Ideologie zu werben. Nicht nur im Kostüm, sondern auch als „besorgte Bürgerinnen und Bürger“ in Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte oder offen als NPD und Kameradschaften treten Rechtsextreme in Brandenburg in Erscheinung.

Im Wahlkampf für die Kommunal- und Landtagswahlen am 26. Mai machten sie vor allem mit rassistischer Hetze gegen Flüchtlinge und Kampagnen gegen Abwanderung mobil. Mit 100 Kundgebungen im gesamten Bundesland und einer Million Flugblätter ging die NPD in die breite Wahlkampfoffensive und erhielt darin Unterstützung von Parteikollegen aus Berlin.

Buhlen um Erstwählende

Dabei sprach sie gezielt junge Wählerinnen und Wähler zwischen 15 und 18 Jahren an, denn das Wahlalter wurde erstmals auf 16 Jahre gesenkt. Unter jungen Menschen erhält die NPD erschreckend viel Zuspruch, wie schon die besorgniserregenden Ergebnisse der U18-Wahl im September 2013 zeigten: 5,7 % der Jugendlichen, die sich an dem Wahlprojekt beteiligt hatten, stimmten für die NPD. In einzelnen Wahlkreisen waren die Zahlen noch deutlich höher. So erzielte die NPD im Kreis Cottbus und Spree-Neiße 11,5 %, im Kreis Elbe-Elster/Oberspreewald-Lausitz 8,5 % und in Spremberg sogar ein Drittel der Stimmen. Ob der NPD der Einzug in den Landtag gelingt, war lange unklar. Gerade die Senkung des Wahlalters machte den Rechtsextremen Hoffnung, zumindest bei den Kommunalwahlen deutlich mehr Mandate zu erhalten: Ziel war es, die bis dato 27 Mandate auf 50 zu erhöhen.

Zum Glück wird der NPD und anderen Rechtsextremen jedoch nicht überall einfach das Feld überlassen. Viele Menschen setzen sich gegen Rechtsextremismus ein: „In Brandenburg ist über die letzten Jahre eine Zivilgesellschaft entstanden. Regional sind diese Pflänzchen noch sehr zart, aber im Wachsen begriffen“, sagt Steffen Wolke vom Jugendverband Die Falken Brandenburg. Die Falken hatten im Vorfeld der Wahlen eine Kampagne ins Leben gerufen, die sich gezielt an junge Wählerinnen und Wähler richtet und von der Amadeu Antonio Stiftung gefördert wird. Eine Schülerzeitung, Aufkleber und Buttons gegen Rechts geben demokratischen Jugendlichen nicht nur Argumentationshilfen, sondern vor allem Bestärkung. Außerdem bieten Die Falken Workshops in Schulen an: „Wir wollen dafür werben, den Nazis bei den Landtagswahlen keine Stimme zu geben und Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, in Initiativen gegen Rechts aktiv zu werden“, so Wolke.

Kein großer Erfolg trotz neuer Mandate

Ihr Engagement hat sich gelohnt. Zwar konnte die NPD ihre Mandate fast verdoppeln, doch war es ihnen in keinem Kommunalparlament möglich, Fraktionsgröße zu erreichen. Ihr Einfluss auf die lokalen politischen Themen bleibt also gering und auf entsprechend höhere finanzielle Zuwendungen müssen die Rechtsextremen auch verzichten. Der erhoffte große Erfolg, der die NPD wieder sollte, blieb aus. Nun bleibt zu hoffen, dass die Initiativen vor Ort im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen im September mit ähnlichen Aktionen dran bleiben. Vor allem den jungen Wählerinnen und Wählern muss klar werden, dass jegliche rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien schädlich für das demokratische und tolerante Miteinander sind.

Von Sophie Bose und Lisa Herbst

Foto: der-bildermacher (CC BY-SA 2.0)

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