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10 Gründe, weiterzumachen

Ein intensives Jahr geht zu Ende. Das politische Klima ist nicht besser geworden, aber wir haben Vieles geschafft. Diese Erfolge sind für uns Grund, noch entschlossener weiterzumachen. Hier stellen wir zehn Höhepunkte der Stiftungsarbeit im Jahr 2018 stellvertretend vor.

1. Über 1350 Projekte gefördert
Seit ihrem Bestehen hat die Amadeu Antonio Stiftung dank der Unterstützung ihrer Spender*innen bereits mehr als 1350 Projekte gefördert, 153 davon allein im Jahr 2018. Darunter auch die Engagierten in Ostritz. Mit einem Friedensfest stellen sie sich gegen das rechtsextreme »Schild- und Schwert-Festival« – und schaffen es, das Ruder herumzureißen. Gemeinsam mit anderen Stiftungen würdigt die Amadeu Antonio Stiftung ihren Einsatz mit dem Sächsischen Förderpreis für Demokratie.

2. Heimat ist Vielfalt — Debattenbeitrag. Wenn sich die Redaktion unserer Stiftungszeitung bei der Konzeption der Ermutigen No. 20 etwas hätte wünschen dürfen, dann, dass Bundesheimatminister Horst Seehofer seinen Heimatbegriff mit uns diskutiert. Unter dem Motto „Heimat ist Vielfalt“ wollten wir mit unserer Stiftungszeitung einen Debattenbeitrag leisten, hin zu Heimat als einem Ort, an dem alle einen Platz haben. Der Weg dahin ist noch weit, aber der Debattenbeitrag gelang: Der Bundesheimatminister fühlte sich von unserer Gastautorin und ihrem Heimatverständnis herausgefordert, und brachte die Ermutigen mit dem Debattenbeitrag bis in die Tagesschau.

3. Solidarität für Miteinander e.V. Die Räume für die demokratische Zivilgesellschaft sind kleiner geworden. Viele Initiativen wurden in diesem Jahr Ziel von Hasskampagnen. Demokratieprojekte wurden zu Feindbildern stilisiert. Besonders hart traf es in diesem Jahr den Verein Miteinander e.V., der seit inzwischen 20 Jahren wichtige Arbeit gegen Rechtsextremismus und für eine lebendige Demokratie in Sachsen-Anhalt macht. Die AfD startete eine Verleumdungsoffensive gegen die Engagierten mit der Forderung, dem Verein die Finanzierung zu entziehen und dem Ziel, die Arbeit von Miteinander e.V. unmöglich zu machen. Die Antwort auf solche Diskreditierungsversuche kann nur sein: Volle Unterstützung für die Betroffenen! Zusammen mit mehr als 30 bundesweiten Organisationen, darunter dem DGB, Pro Asyl und Oxfam, starteten wir eine
Solidaritätskampagne für Miteinander e.V. Ganz nach dem Motto: Gemeinsam gegen den Hass!

4. Gestärkt gegen Hass im Netz. Über die letzten Jahre haben wir im Rahmen unseres „Train-the-Trainer“- Programms über 50 Trainer*innen geschult, die jungen Menschen in praxisnahen Workshops den Umgang mit Hate Speech näher bringen – vor allem in Sozialen Netzwerken. In diesem Jahr kamen die Trainer*innen noch einmal in Berlin zusammen und berichten: der Beratungsbedarf ist enorm. Gerade für Schulen und Jugendeinrichtungen, in denen Hate Speech vermehrt zum Thema wird, und gleichzeitig kein Budget für einen professionellen Umgang besteht, ist die Dankbarkeit über die Expertise der ehrenamtlichen Trainer*innen groß.

5. Ohne Wenn und Aber auf der Frankfurter Buchmesse. Zugegeben, die letztjährige Frankfurter Buchmesse war bitter für uns. Mit dem Stand des rechtsextremen Antaios-Verlags gelang es der Neuen Rechten, ihre nationalistischen, rassistischen und rechtsextremen Positionen als Teil des demokratischen Diskurses darzustellen. Ohnmächtig wurden wir Zeug*innen dessen, wie die Neue Rechte es schaffte, ihre Raumergreifungsstrategien in die Tat umzusetzen. Direkt gegenüber des Antaios-Verlags platziert gehörten Beschimpfungen und Angriffe, auch gegen uns persönlich, zum Messelltag. Wir wägten ab: sollten wir in diesem Jahr wieder zur Buchmesse fahren? Schaffen wir mit unserer Präsenz der Neuen Rechten gar eine Bühne? Und entschieden uns doch: Wir dürfen die Buchmesse den extremen Rechten nicht überlassen. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass die Frankfurter Buchmesse ein Ort des demokratischen Austauschs bleibt – und auch einer des klaren Bekenntnisses gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit. Mit unser Kampagne „Ohne Wenn und Aber – gegen Antisemitismus und Rassismus“ setzten wir ein klares Zeichen und konnten uns über begeisterte Besucher*innen und viele interessante Gespräche freuen.

6. Köfte Kosher – reloaded. Im März 2012 trafen sich zwölf Bremer Teenager mit jüdischem und muslimischem Hintergrund zum ersten Mal. Ihr Anliegen: einen Gedenkort zu gestalten, an dem sie – stellvertretend für die vom Opferfonds CURA zwischen 1989 und 2017 gezählten 193 Todesopfer rechtsmotivierter Gewalt – zwölf Portraits anbrachten. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützte sie dabei. Sechs Jahre später sind viele Portraits beschmiert, einige gar mit eindeutig rassistischen Sprüchen. Der Hass ist nicht weniger geworden. Für die Künstlerin Elianna Renner, die das Projekt bereits 2012 initiiert hatte, Anlass genug, Köfte Kosher wiederzubeleben, und für die Amadeu Antonio Stiftung, das Projekt ein weiteres Mal zu fördern. Wieder kann Elianna Renner engagierte junge Menschen für ihr Projekt gewinnen, viele von ihnen haben selbst schon Rassismuserfahrungen gemacht. Zuerst erforschten die Schüler*innen die Lebensläufe der zwölf Opfer, um anschließend Gedenktafeln mit Kurzbiographien und QR-Codes zu den Todesopfern zu gestalten. So können Interessierte mehr über die Biografien der Ermordeten herausfinden. Endlich entsteht wieder ein Ort des Gedenkens.

7. Fachtagung „Handeln gegen Rechtspopulismus, Antifeminismus und Menschenfeindlichkeit“. Dass Antifeminismus im rechtspopulistischen und rechtsextremen Diskurs ganz weit oben stehen, wissen viele Akteure in Politik und Zivilgesellschaft nicht. Das ist problematisch: denn in der Rechtsextremismusprävention findet das Thema praktisch keine Berücksichtigung, obwohl Antifeminismus ein enormes Anschlusspotential in die Mitte der Gesellschaft hat. Mit der Fachtagung bringt die Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stellung Akteure aus Gleichstellungs- und Präventionsarbeit zusammen, um gemeinsam Strategien für den Umgang mit Antifeminismus zu erarbeiten. Mit der begleitenden Studie „Antifeminismus als Demokratiegefährdung“ macht die Fachstelle zum ersten Mal überhaupt sichtbar, wie Gleichstellungsbeauftragte in den Kommunen angegriffen werden und welche Dynamiken dahinter stehen, die nicht nur aus der „extremen“ Ecke, sondern auch aus dem konservativen Lager kommen, und sich in den letzten Jahren verschärft haben.

8. Aktionswochen gegen Antisemitimus. Mit bundesweit über 200 Veranstaltungen waren die diesjährigen Aktionswochen gegen Antisemitismus die größten in unserer Stiftungsgeschichte. Sie stellen sich gegen das Vergessen und Verharmlosen und erinnern an die Novemberpogrome vor 80 Jahren. Darüber hinaus lenken sie die Aufmerksamkeit darauf, dass Jüdinnen und Juden tagtäglich antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt sind – und versuchen so, dem Traum von Normalität für jüdisches Leben in Deutschland ein kleines Stück näher zu kommen.

9. Berlin steht an der Seite Betroffener rechter Gewalt. Alle 23 Minuten geschieht in Deutschland eine rechtsmotivierte Gewalttat. Großstädtische Weltoffenheit hin- oder her: Berlin ist einer der Hotspots rechter Gewalt. Mit der Kampagne des Opferfonds CURA „Berlin steht an der Seite Betroffener rechter Gewalt“ möchten wir aufzeigen, wie Menschen, die von rechter, rassistischer oder anderen Formen menschenfeindlicher Gewalt bedroht sind, die Stadt erleben: Dass eine Fahrt mit der U-Bahn eben nicht so ohne weiteres der entspannte Weg zu Freund*innen ist, weil öffentliche Verkehrsmittel einer der Hotspots rechter Übergriffe sind. Dass es für viele keine Selbstverständlichkeit ist, sich in der Öffentlichkeit zu küssen, weil genau das sie zum Ziel von Angriffen macht. Kurz: mit großflächigen Plakaten, Postkarten in Bars und Clubs und einer begleitenden Social Media-Kampagne möchten wir Berlin zum Nachdenken bringen. Ob das klappt? Wir wissen nicht, was in den Menschen vorgeht. Das Feedback bisher ist jedoch durchweg positiv.

10. Laut gegen Menschenfeindlichkeit in der Kita. Dass die Veröffentlichung unserer Handreichung „Ene, mene, muh – und raus bist du“ nicht reaktionslos bleiben würde, darauf waren wir vorbereitet. Aber wie hart uns der Hass treffen würde, das hatten wir nicht erwartet. Spätestens als die Bildzeitung das Thema für sich entdeckt hatte, nahm der Shitstorm seinen Lauf. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass Kinder aufwachsen sollten, ohne von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffen zu sein. Dass sie lernen sollten, dass manche Kinder zwei Mütter und andere nur eine haben. Dass Erzieher*innen zum Wohl von Kindern mit rechtsextremen Eltern weiter das Gespräch mit letzteren suchen sollten.

Die Anfeindungen bedeuten für uns vor allem: Wir müssen weitermachen. Wir müssen laut sein, uns zu Wort melden, den öffentlichen Raum nicht den Rechtsextremen und Rechtspopulist*innen überlassen. Sie werden uns weiter angreifen, und wir werden weiter dagegenhalten. So wie in diesem, so auch im nächsten Jahr.

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