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Interview

„5 Fragen an…“ Serpil Temiz Unvar

Serpil Temiz Unvar verlor ihren Sohn Ferhat Unvar durch den rassistischen Terroranschlag in Hanau am 19. Februar 2020. Trotz der Trauer und des Schmerzes hat sie die Kraft gefunden, an Ferhats Geburtstag, dem 14. November 2020, die Bildungsinitiative Ferhat Unvar ins Leben zu rufen. Die Bildungsinitiative wird von der Familie Unvar, Jugendlichen, engagierten Erwachsenen, sowie Freund*innen von Ferhat Unvar getragen. Gemeinsam setzen sie sich aktiv gegen Alltags- und institutionellen Rassismus ein. Wir haben mit Serpil Temiz Unvar gesprochen.

Mit welchem Ziel wurde die Bildungsinitiative Ferhat Unvar gegründet?

Die Bildungsinitiative wurde gegründet, um Müttern und Kindern, die rassistische Diskriminierung erfahren, eine Anlaufstelle zu bieten. Wir wollen vor allem rassistisch motivierter Diskriminierung in Schulen entgegenwirken und engagierte Lehrer:innen dabei unterstützen, dieses Thema im Unterricht anzugehen, aber auch für betroffene Schüler:innen Empowerment anzubieten.

Welche Hürden mussten Sie bei der Gründung der Initiative meistern?

Die größte Hürde, die wir momentan haben, ist die Finanzierungsfrage. Wir suchen momentan Räume, wo sich unsere Jugendlichen treffen und planen können. Dafür brauchen wir eine stabile Finanzierung. Ansonsten ist das Interesse und die Unterstützung groß. Viele Menschen schreiben uns und finden sehr gut, was wir machen.

Wie erlebte Ferhat das Bildungssystem?

Die Lehrer:innen hatten leider oft nicht so viel Geduld mit ihm und kein Verständnis für seine oder meine Situation. Oft haben sie gesagt: ,Du wirst das nicht schaffen.‘ Das hat Ferhat seine Motivation genommen. Bei der Anmeldung an einer Schule hat jemand zu mir gesagt: ‚Sie können ja gerne Ihren Sohn hier anmelden, aber er hat keine Chance.‘ Wieso sagt jemand so etwas, ohne mein Kind zu kennen? Das hat meinen Sohn sehr traurig gemacht. Das schmerzt mich heute noch. Egal was er tat, er hatte keine faire Chance.“

Wie geht die Bildungsinitiative vor, um Rassismus entgegenzutreten und zu empowern?

Momentan entwickeln wir mit unseren Jugendlichen gemeinsam Workshop-Konzepte. Von jungen Menschen für junge Menschen. Wir denken, unsere jungen Leute, Ferhats Freund:innen und deren Freund:innen, wissen am besten, was sie brauchen. Wie sie mit jungen Menschen sprechen sollen. Was junge Menschen erleben.

Was raten Sie den Kindern und Jugendlichen in Ferhats Alter, die von Rassismus betroffen sind?

Das Erste, was ich diesen Kindern und Jugendlichen sagen möchte, ist, dass sie nicht alleine sind. Und dass diese Diskriminierung nicht ihre Schuld ist. Dieses Land ist auch ihr Land. Sie sollen sich nicht fremd fühlen und für ihre Rechte kämpfen. Und keiner hat ein Recht, sie zu diskriminieren. Ich möchte, dass sie wissen, dass sie nicht alleine sind. Sie sollen sich Hilfe und Unterstützung suchen und sie können sich auch an uns wenden.

Auf der Seite der Bildungsinitiative Ferhat Unvar können Sie mehr über die Hintergründe, die Arbeit der Initiative und Unterstützungsmöglichkeiten erfahren.

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dontstopmotion

Filmtour „Don’t Stop Motion“ wirkt gegen Alltagsrassismus in Thüringen

Der Dokumentarfilm „dont stop motion“ erzählt die Erfahrungen von drei jungen Menschen, die aus Afghanistan, dem Iran und dem Irak nach Thüringen geflüchtet sind. Die Protagonist*innen touren mit dem Film, unterstützt durch die Amadeu Antonio Stiftung, durch Thüringen und laden dazu ein, rassistische Stereotype zu hinterfragen und sich gegen Ausgrenzung zu engagieren.

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