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Alle 12 Minuten eine rechte Straftat: Hass und Gewalt sind zum Flächenbrand geworden

Die Zahl rechtsextremer Straftaten ist im vergangenen Jahr drastisch gestiegen – und mit ihr die Gefahr für unsere Demokratie.

Deutschland erlebt einen alarmierenden Anstieg rechter Gewalt. 42.788 rechtsextrem motivierte Straftaten haben die Sicherheitsbehörden im vergangenen Jahr registriert – das sind 48 Prozent mehr als im Vorjahr. Es sind die höchsten je erfassten Zahlen. Besonders beunruhigend: 1.488 dieser Delikte waren Gewalttaten, darunter Körperverletzungen, Brandanschläge und versuchte Tötungen. Auch hier ein Anstieg von über 17 % binnen eines Jahres. Im Schnitt viermal am Tag wird ein Mensch in Deutschland Opfer einer rechten Gewalttat.

Für die Amadeu Antonio Stiftung ist klar: Wir stehen nicht mehr vor einem regional begrenzten Problem, sondern vor einem flächendeckenden Gefahrenherd. „Die reale Bedrohung durch Rechtsextreme ist größer denn je – und sie betrifft insbesondere junge Menschen, Minderheiten und Engagierte“, warnt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Stiftung.

Fokus verfehlt: Wenn Migration zum Ablenkungsmanöver wird

Trotz dieser Zahlen kreisen politische Debatten weiterhin fast ausschließlich um das Thema Migration. Dabei weisen Innenminister*innen seit Jahren darauf hin: Rechtsextremismus ist die größte Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland. Und doch fehlt vielerorts der politische Wille, diese Bedrohung konsequent zu bekämpfen.

Hinzu kommt: Rechte Gewalt ist längst keine Randerscheinung mehr. Sie ist bittere Realität – auf den Straßen, im Netz und mitten im Alltag. Täter fühlen sich im Windschatten der AfD und die Allgegenwart von Hassrede ermutigt, ihre Ideologie mit Gewalt durchzusetzen. Der omnipräsente Hass ist zum Brandbeschleuniger geworden, Desinformation zum Treibstoff.

Jugendliche im Visier rechter Netzwerke

Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Radikalisierung junger Menschen. Ob in Online-Foren, Kampfsportkreisen oder über rechtsextreme Influencer – extrem rechte Netzwerke gewinnen an Einfluss. Ihre Feindbilder: Junge Demokrat*innen, queere Menschen, People of Color. Wer nicht dazugehört – wird gejagt. Das Resultat: Angriffe auf andere Jugendliche und organisierte Gewalt bei Demos. Wir sind nicht weit entfernt vom rechtsextremen Straßenterror der „Baseballschlägerjahre“ der 1990er.

Die Folgen sind spürbar. Demonstrationen wie CSDs mussten abgesagt oder massiv eingeschränkt werden. Jugendclubs wurden angegriffen, als wären sie feindliches Terrain. Was hier passiert, ist keine Spontanaktion, sondern Teil einer gezielten Einschüchterungsstrategie.

Queeres Leben wird zur Zielscheibe

Vermehrt werden Menschen aufgrund ihres Geschlechts und/oder ihrer sexuellen Orientierung zu Opfern von Straftaten, das erleben wir nicht nur öffentlichkeitswirksam bei CSDs. Queer*- und Trans*feindlichkeit geht in den allermeisten Fällen von Rechtsextremen, mündet in Gewalt und bleibt gesellschaftlich anschlussfähig.

Die Räume für Jüdinnen und Juden werden kleiner

Bei antisemitischen Straftaten bleibt zu befürchten, dass wir niemals auf das pre-Pandemie Niveau zurückkommen. Die Bedrohung für Jüdinnen*Juden bleibt akut, auch wenn die meisten Straftaten (48%) von Rechtsextremen begangen werden, sind mittlerweile mehr als ein Drittel der Straftaten auf gefährliche Misch-Milieus aus Islamisten und Antiimperialisten zurückzuführen.

Opferberatungen betonen Dunkelziffer

Die Zahlen von Opferberatungsstellen über das Ausmaß rechter Gewalt in Deutschland liegen weit über den staatlich registrierten Straftaten. Opferverbände verzeichnen einen Anstieg rechter Gewalt um 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Sie bewerten die gestiegene rechte Gewalt als direkten Effekt des parteiförmigen Rechtsextremismus und ihrer Politikforderungen. Also von Parteien wie der AfD, die politische Debatten über das Wahljahr prägten.

Was jetzt passieren muss

Rechte Gewalt ist kein unlösbares Schicksal. Aber sie braucht eine klare Antwort – politisch, juristisch und zivilgesellschaftlich. Die Amadeu Antonio Stiftung fordert:

  • Einen nationalen Aktionsplan gegen rechte Gewalt, der ressortübergreifend arbeitet und neue Radikalisierungstrends wie den sogenannten Patchworkextremismus mitdenkt.
  • Verbindliche Schutzkonzepte für demokratisch Engagierte, NGOs und bedrohte Minderheiten.
  • Eine Reform des Opferentschädigungsrechts, die Betroffenen schnell, unkompliziert und wirksam hilft.

„Wo engagierte Menschen bedroht werden, drohen weiße Flecken der Demokratiearbeit zu entstehen“, so Reinfrank. „Fördermittel werden gestrichen, Aktive ziehen sich zurück – genau das dürfen wir nicht zulassen.“

Zeit zu handeln – nicht zu reden

Demokratie schützt sich nicht von selbst. Es braucht klare Kante gegen rechte Gewalt – und eine Bundesregierung, die nicht länger nur beobachtet, sondern handelt. Denn jedes Zögern kostet Sicherheit, Vertrauen und am Ende auch Menschenleben.

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