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Die Rolle der UNO in der antiisraelischen Mobilisierung in Deutschland – Amadeu Antonio Stiftung veröffentlicht Zivilgesellschaftliches Lagebild Antisemitismus #14

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In einer Woche, am 26. Juni, feiert die UNO ihr 80-jähriges Bestehen. Nicht nur ein Grund zum Feiern. Seit den Massakern der Hamas am 7. Oktober 2023 steht die UNO verstärkt in der Kritik: Geiseln berichten, in UN-Gebäuden festgehalten worden zu sein, Mitarbeitende des UN-Hilfswerks UNRWA sollen sich direkt an den Angriffen beteiligt haben, und hochrangige UNO-Vertreter*innen verharmlosen öffentlich die Rolle der Hamas. Diese Entwicklungen bleiben nicht ohne Wirkung auf Deutschland. Die aktuelle Analyse der Amadeu Antonio Stiftung zeigt: UNO-Organe, Resolutionen und einzelne Funktionsträger*innen dienen zunehmend als Legitimationsquelle für antisemitische Mobilisierung im Inland. 

Bereits vor dem 7. Oktober fiel die UNO-Generalversammlung durch eine auffällige Einseitigkeit gegenüber Israel auf: Kein anderer Staat ist so häufig Gegenstand kritischer Resolutionen, während brutale Autokratien weitgehend unbeachtet bleiben. Nun kommt hinzu: UNO-Organe, Resolutionen sowie Vertreter*innen werden immer wieder als Legitimierungsinstanz für eine antisemitische Mobilisierung in Deutschland herangezogen. In sozialen Medien sowie auf Demonstrationen berufen sich islamistische, rechtsextreme und linke Gruppen auf UNO-Erklärungen, um ihre israelfeindliche Agenda zu untermauern.

Das Lagebild Antisemitismus #14 der Amadeu Antonio Stiftung analysiert, wie sich das Verhalten der UNO nach dem 7. Oktober auf antisemitische Vorfälle in Deutschland ausgewirkt hat. Es thematisiert die israelfeindliche Schlagseite der Organisation sowie das zögerliche Abstimmungsverhalten Deutschlands bei Israel-relevanten Resolutionen. Die vielbeschworene Staatsräson findet im Handeln Deutschlands innerhalb der UNO bislang keine erkennbare Entsprechung. Weder für israelische Sicherheitsinteressen noch gegen israelfeindliche Resolutionen. Kurz nach dem 7. Oktober nimmt die UNO-Generalversammlung eine israelfeindliche Resolution an – eine Resolution, die weder die Hamas noch die entführten israelischen Geiseln benennt. Deutschland enthält sich. Die Hamas lobt später die Resolution. Zusätze zur Resolution, die explizit die Hamas erwähnen und das Massaker des 7. Oktobers verurteilen, wurden abgelehnt.

Tahera Ameer, Vorständin der Amadeu Antonio Stiftung, fasst zusammen: „Die UNO hat nach dem 7. Oktober eine unrühmliche Rolle gespielt – sie schwieg zur sexualisierten Gewalt, verurteilte die Hamas nicht klar, und agierte stellenweise wie ein Brandbeschleuniger statt wie ein Schlichter. Das hat auch antisemitische Vorfälle in Deutschland beeinflusst und die antisemitische Mobilisierung begünstigt.“

Im Interview für das Lagebild kritisiert die jüdische Journalistin Sharon Adler die fehlende Solidarität von UNO-Organisationen wie UN Women oder unicef zur sexualisierten Gewalt des 7. Oktobers, die sich auch bei sich selbst als feministisch verstehenden Gruppen in Deutschland wiederfindet: „Auf persönlicher und beruflicher Ebene gleichermaßen hat mich das sehr enttäuscht und meinen Radius an Safe Spaces enorm eingeschränkt. Solidarität darf keine Frage der Identität sein. Wer sexualisierte Gewalt verurteilt, muss das konsequent tun – unabhängig von politischen Überzeugungen.“

Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, ergänzt: “Antisemitische Denkmuster, die auf Israel angewandt ihren Niederschlag in vielen Gremien der UNO finden, wirken sich auf Jüdinnen und Juden weltweit und damit nicht zuletzt auch in Deutschland aus. Die Ungleichbehandlung des als jüdisches Kollektiv verstandenen Staates Israel in der UNO wird dabei praktisch als vorbildhaft und als Bestätigung antisemitischen Verhaltens gegenüber der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland gesehen.”

Deshalb kommt das Lagebild zu dem Schluss: Die Israelfeindschaft der UNO hat direkte Auswirkungen auf Jüdinnen*Juden in Deutschland. Dr. Nikolas Lelle, Projektleiter der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus, zieht ein klares Fazit: “Die Feindschaft gegen Israel und die Dämonisierung des jüdischen Staates bleibt nicht abstrakt. Sie richtet sich immer auch gegen konkrete Menschen. Jüdinnen und Juden werden hier angegriffen, wenn der Nahostkonflikt eine Gelegenheitsstruktur dafür  bietet. Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, sich antisemitismuskritisch zu engagieren. Unser Lagebild zeigt, wie dieses Engagement leider auch durch die UNO torpediert werden kann und wird.”

Das Zivilgesellschaftliche Lagebild Antisemitismus #14 ist unter www.lagebild-antisemitismus.de abrufbar.

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