Eine orchestrierte Kampagne, angeführt von Apollo News, richtet sich derzeit gegen die Amadeu Antonio Stiftung – ein kalkulierter Angriff auf die Zivilgesellschaft. Durch gezielte Skandalisierung wird ein fiktiver Angriff auf die Pressefreiheit konstruiert, um Aufmerksamkeit zu binden, den Diskurs nach Rechtsaußen zu verschieben und daraus politisches wie ökonomisches Kapital zu schlagen.
Gegen die Amadeu Antonio Stiftung wird derzeit eine gezielte Kampagne geführt. Der Vorwurf, die Stiftung würde die Pressefreiheit einschränken, entbehrt jeder Grundlage. Die Amadeu Antonio Stiftung setzt sich mit ihren Mitarbeitenden für eine demokratische Zivilgesellschaft ein, die rechtsextremem Hass und Desinformation mit Fakten, Aufklärung und Dialog begegnet.
Der Schutz der Pressefreiheit wie auch der Menschenwürde sind für die Amadeu Antonio Stiftung unverhandelbare Grundrechte, die es zu schützen gilt. Auch die Auseinandersetzung mit Medieninhalten ist Teil der freien Meinungsäußerung. Gewalt darf niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Doch auch Medien müssen aushalten, dass die Öffentlichkeit sich kritisch mit ihren Beiträgen und ihrer Berichterstattung auseinandersetzt, das ist das Fundament der demokratischen Meinungsbildung.
Eine zentrale Aufgabe der Amadeu Antonio Stiftung ist es, demokratiefeindliche Tendenzen sichtbar zu machen und über rechtsextreme sowie rechts-alternative Mediennetzwerke aufzuklären, wie wir das bereits in der Vergangenheit bei einschlägigen Medien, wie Compact oder AUF1 mit Scharnierfunktion ins antidemokratische Milieu getan haben. Apollo News gehört zu einem Netzwerk rechts-alternativer Medien und verbreitet immer wieder unzutreffende oder irreführende Aussagen, die den Anspruch seriöser Berichterstattung untergraben.
Rechts-alternative Medien übernehmen eine zentrale Scharnierfunktion zwischen rechtspopulistischen, rechtsextremen und antidemokratischen Milieus. Durch Desinformation, selektive Berichterstattung und gezielten Kampagnenjournalismus tragen sie dazu bei, verschwörungsideologische und demokratiefeindliche Narrative weit über das extremistische Spektrum hinaus zu verbreiten. Spätestens seit der COVID-19-Pandemie spielen rechts-alternative Medien eine tragende Rolle bei der Verbreitung von Hass, Desinformation und antidemokratischen Deutungsmustern. Besonders deutlich zeigt sich dies am Beispiel des COMPACT-Magazins, das sich von einem rechtspopulistischen Nischenmedium zu einem zentralen Akteur der rechtsextremen Medienlandschaft entwickelt hat. Die Amadeu Antonio Stiftung ordnete die in COMPACT verbreiteten Narrative frühzeitig als antidemokratisch und desinformativ ein – eine Einschätzung, die auch der Verfassungsschutz teilt, der das Magazin mittlerweile als gesichert rechtsextrem einstuft.
Gerade darin liegt die größte Gefahr rechts-alternativer Medien: Durch die gezielte Verzerrung von Fakten und den Einsatz von kampagnenartigem Journalismus wird die Faktenbasis öffentlicher Diskussionen untergraben – und damit eine wesentliche Grundlage der demokratischen Meinungsbildung gestört.
Prolog: Eine lokale Veranstaltung, gezielt bundesweit skandalisiert
Unsere Kollegin Kira Ayyadi, Journalistin bei Belltower.News, war am 30. September auf einer Podiumsveranstaltung der Linken Treptow-Köpenick eingeladen, um über Medienaktivismus von Rechtsaußen zu sprechen. Rechts-alternative Medien und deren demokratiegefährdendes Potenzial ist eines ihrer Schwerpunkthemen, sie gilt als ausgewiesene Expertin. Auch in der Vergangenheit hat sie ausführlich zu diesem Thema recherchiert und sich im Zuge dessen auch mit dem Portal Apollo News auseinandergesetzt. Der einstige Schülerblog, heute prominenter Akteur einer rechts-alternativen Medienlandschaft, hat seine Redaktionsräume knapp 500 Meter entfernt von dem Veranstaltungsort, einem kleinen veganen Burgerladen.
Ihr Vortrag wird von Zu- oder Mitarbeitenden von Apollo mitgeschnitten – ohne Zustimmung. Kurz darauf veröffentlicht Apollo News eine stark verzerrte Darstellung der Veranstaltung. Titel: „‚Leben unbequem machen‘ – Linkspartei will Apollo News aus Redaktionsräumen vertreiben“.
Der Titel des Flyers, mit dem die Linke ihre Veranstaltung im Vorfeld beworben hatte, wird gezielt zum Beweis angeblicher Gewaltaufrufe umgedeutet: „Rechten Medien auf die Tasten treten”, eine Metapher, die sich ganz eindeutig nicht gegen Menschen richtet, wird von Apollo News-Chefredakteur Max Mannhart zu einer „Rhetorik der offenen Gewalt” skandalisiert. Eine etablierte Praxis des rechts-alternativen Kampagnenjournalismus, aber auch des digitalen Kulturkampfes: Aus zugespitzter Sprache werden scheinbare Skandale konstruiert, Zitate aus dem Kontext gerissen und daraus moralische Empörung als politische Munition geformt. Zündstoff für Bedrohungskulissen.
1. Die Empörungsmaschinerie beginnt
Fast zeitgleich greift das rechts-alternative Medium Nius (geleitet von Julian Reichelt) das Thema auf. Darauf folgen eine Video-Stellungsnahme sowie Tweets des Apollo News-Chefredakteurs Max Mannhart, die besonders auf X eine enorme Reichweite erzeugen. Allein sein Videostatement erreicht dort 450.000 Menschen. In den Kommentarspalten mischen sich Privatnutzer*innen mit politisch motivierten Akteur*innen, Bots und einem eingespielten Verstärkernetzwerk aus AfD-nahen Influencer*innen. Zwischen echten Reaktionen und orchestrierter Empörung verwischen die Grenzen schnell: blaue Herzen, Drohungen und Häme gegen die Linke sowie gegen die Amadeu Antonio Stiftung formen einen Chor der Entrüstung.
Weitere Unterstützung folgt nach Mannharts Stellungnahme prompt: Bekannte Meinungs- und Scharfmacher wie Rainer Meyer, bekannt als „Don Alphonso“, Jan Fleischhauer, Markus Krall und Manuel Ostermann von der Deutschen Bundespolizeigewerkschaft (DPolG) reihen sich in die Entrüstungswelle ein. Aber auch demokratische Politiker*innen zeigen sich empört und versuchen, einen Skandal um die Linken auf die Bundesebene zu ziehen.
Julian Reichelt, Ex-Bild-Chef und nun Kopf der Kampagnen-Plattform Nius, veröffentlicht auf X einen Audio-Mitschnitt der Veranstaltung, mutmaßlich um den Anschein eines investigativ enthüllten Skandals zu erwecken.
2. Reizüberflutung – Wie Empörung massentauglich wird
Das Kampagnenmuster folgt einer klaren Choreografie: Zuerst wird ein Empörungsrahmen gesetzt, oft reicht eine moralisch aufgeladene Erzählung, die einfache Schuldzuweisungen ermöglicht und emotionale Anschlussfähigkeit schafft. Gerahmt wird es von desinformativen Taktiken: selektives Zitieren, emotionale Überzeichnung, bewusste Zuspitzung. Darauf reagiert ein eingespieltes Verstärkernetzwerk aus rechts-alternativen Influencer*innen, Meinungsmacher*innen und Kampagnenportalen, das die Geschichte über Social Media viral treibt und so lange wiederholt, in der Hoffnung, dass es von klassischen Medien aufgegriffen wird.
Die Kampagne zeigt Wirkung: Bei der Amadeu Antonio Stiftung gehen kurz nach der ersten Berichterstattung in rechts-alternativen Medien erste Presseanfragen seriöser Medien ein. Der Sprung vom rechts-alternativen Nischenaktivismus in die klassische Medienlandschaft ist erfolgreich vollzogen.
Unterdessen veröffentlicht das 15‑köpfige Redaktionsteam von Apollo News in kurzen Abständen weitere Texte, welche die Amadeu Antonio Stiftung zum Gegenstand machen. Es folgen Publikationen in Junge Freiheit, Berliner Zeitung, Journalistenwatch, Welt, NZZ und Achse des Guten.
Was hier geschieht, ist klares Agenda-Setting durch Inhaltsüberflutung: Eine Vielzahl an Artikeln, Tweets, Videos und Meinungen auf diversen Plattformen erzeugt den künstlichen Eindruck gesellschaftlicher Relevanz. Ein künstlicher Skandal wird somit zur politischen Erzählung, die eine vermeintliche gesamtgesellschaftliche Bedeutung hat.
3. Eine willkommene Gelegenheit für Rechtsextreme
Rechtsextreme Akteur*innen springen auf den Empörungszug auf: Unter ihnen etwa AfD-Thüringen-Chef Björn Höcke, aber auch Alice Weidel oder Eva Hermann, die Inhalte dazu auf eigenen Profilen teilen. Diese Stimmen sind stets mit der Forderung verbunden, man solle der Amadeu Antonio Stiftung nun endlich die Gelder streichen. Also: Wir sollen unsere Arbeit, zur Stärkung einer demokratischen Zivilgesellschaft und den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus aufgeben.
4. Verbale Entgleisungen und Gewalt
Das rechtsextreme Medienoutlet Compact veröffentlicht ein Video, in dem der Medienaktivist Paul Klemm in den Räumen der Linken eindringen will und vor dem Veranstaltungsort, dem veganen Burgerladen, spricht. Der Burgerladen berichtet, dass sie nach der Veranstaltung ein gemaltes Hakenkreuz auf dem WC vorfinden.
Bei der Amadeu Antonio Stiftung gehen Hass- und Droh-Mails ein. Auch antisemitische Erzählungen über die Amadeu Antonio Stiftung haben derzeit wieder Hochkonjunktur, wie etwa die Erzählung einer „jüdischen Mafia“. Bilder unserer Kollegin kursieren in rechtsextremen Kreisen. Die Journalistin bekommt Morddrohungen, sie wird rassistisch beleidigt, ihr wird mit Abschiebung gedroht. In den Kommentaren extrem rechter Medien häufen sich Gewaltaufrufe gegen Linken-Politiker*innen und Mitarbeiter*innen der Amadeu Antonio Stiftung.
Auf Google werden die Namen der Veranstalter im Zusammenhang mit ihren Kindern gesucht. Solche Dynamiken sind kein Zufall, sondern strategisch. Sie sollen lähmen, journalistische Stimmen einschüchtern und demokratische Akteur*innen ohnmächtig machen.
Perfide ist, dass Apollo und das rechts-alternative Unterstützungsumfeld zwar seit Tagen von angeblichen Gewaltaufrufen gegen sich sprechen, letztlich aber genau das Gegenteil geschieht: Das eigene Publikum wird angestachelt und mit den passenden Feindbildern versorgt – und es weiß, was zu tun ist: Dutzendfache Zuschriften voller Gewaltfantasien und Morddrohungen treffen bei den Mitarbeitenden der Stiftung ein und werden auf Plattformen wie X hundertfach gepostet.
Der AfD-Abgeordnete Robert Eschricht trägt das Thema am 9. Oktober in die 72. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses und nutzt es dort, um zwei parlamentarische Anfragen an die Senatorinnen für Inneres und Justiz zu stellen – ein Schritt, der die orchestrierte Onlinekampagne in den politischen Raum verlängert.
Alles dient dem rechts-alternativen Kulturkampf
Seit einiger Zeit gehören das Portal Nius und mit ihm die Apollo News-Redaktion zu den lautesten Stimmen, wenn es darum geht, Hass gegen demokratische Akteur*innen zu schüren. Sie verstehen sich als Teil eines kulturellen Gegenentwurfs zu einer liberalen, offenen Gesellschaft. Ihr erklärtes Ziel ist es, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, mit Methoden des Kampagnenjournalismus, digitaler Empörungsökonomie, üppiger finanzieller Unterstützung und der gezielten Nutzung emotionaler Erregung. Wie wichtig diese Medienlandschaft für die rechtsextreme Debattenverschiebung ist, zeigt ein Video-Statement des Vorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund. Er nennt Apollo News als Beispiel von „Vorfeldjournalisten”, denen er „wahnsinnig dankbar” sei – und an deren Seite sein Publikum stehen solle.
Bei der eigenen Klientel verfängt diese Strategie, nicht zuletzt wegen des „Hostile Media Effektes“: Der Begriff aus der Psychologie beschreibt den Eindruck von Menschen, dass „die Medien“ ihren eigenen Meinungen gegenüber kritisch berichten würden und dass sie vorrangig solche Informationen aus Berichterstattungen wahrnehmen, die ihrer eigenen Meinung entsprechen. Rechts-alternative Medien wissen dies für sich zu nutzen, inszenieren sich als einzige Alternative, um einen Kulturkampf gegen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben. Im Fall von Apollo wird dabei auf ein junges Team gesetzt, das gezielt über Social-Media-Plattformen die öffentliche Debatte verschieben möchte.
Und das mit Erfolg: Diese Medien sind alles andere als Underdogs in einem Kampf David gegen Goliath, im Gegenteil. Rechts-alternative Medien erreichen ein Millionenpublikum und haben ihren Empörungsjournalismus zum einträglichen Finanzierungsmodell entwickelt. Es wundert deshalb nicht, dass die Apollo-Redaktion seit ihrem ersten Bericht täglich zwei bis drei Artikel zu dem angeblichen Skandal veröffentlicht. Es geht dem Medium darum, die Empörung möglichst lang weiter zu schüren, immer wieder um Spenden zu bitten und die Hoffnung, über die eigenen Kreise hinaus relevanter zu werden.
Dass sich unsere Gesellschaft mit dem massiven Aufkommen solcher Medienaktivist*innen und der enormen Unterstützung einiger finanzkräftiger Milliardäre verändert hat, ist in vielen Bereichen sichtbar. Wichtig ist allerdings, welche Reichweite sie mit ihren Publikationen bekommen.
Wenn Journalist*innen, Politiker*innen oder Kommentator*innen sich für die Plattform als Interviewpartner*innen hergeben oder sie positiv rezipieren, normalisieren sie die Themen und die Arbeitsweise der Verantwortlichen. Wenn demokratische Politiker*innen oder Medienschaffende diesen Portalen Interviews geben oder auf ihre Narrative reagieren, tragen sie ungewollt zur Legitimierung solcher Strukturen bei.