Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Neuerscheinung

Rechtsterroristische Online-Subkulturen: Analysen und Handlungsempfehlungen

“Er hat sich im Internet radikalisiert” – was heißt das eigentlich, wenn wir das über rechtsextreme Attentäter sagen? In plattformübergreifenden Online-Netzwerken hat sich eine rechtsterroristische Subkultur entwickelt, die popkulturelle Elemente adaptiert und sich eigener Codes, Bilder und Sprache bedient. Vor allem Jugendliche finden über diese Netzwerke den direkten Weg in eine gewaltbereite Szene, ohne zuvor persönliche Kontakte zu Rechtsextremen zu haben. Das ergibt die Analyse „Rechtsterroristische Online-Subkulturen – Analysen und Handlungsempfehlungen“ der Amadeu Antonio Stiftung.

Jugendliche suchen und finden im Internet Anschluss an und Bestätigung durch rechtsterroristisch orientierte Netzwerke. Sie kommen in Kontakt mit rechtsextremen Kommunikationsinhalten, die sich hinter der Fassade einer jugenadaffinen Subkultur verstecken. Diese Online-Netzwerke existieren plattformübergreifend und umfassen Messenger-Dienste, Imageboards, Foren, Soziale Netzwerke sowie Video- und Gaming-Plattformen. In diesen Netzwerken wird Rechtsterrorismus glorifiziert, es werden potentielle Nachahmer zu Taten angestiftet und mit Anleitungen zur Anschlagsplanung versorgt.


Am Dienstag, den 16.02.2021, um 16 Uhr stellen Judith Rahner und Thilo Manemann von der Amadeu Antonio Stiftung die Ergebnisse der Analyse und die Handlungsempfehlungen in einem Online-Vortrag mit Q&A via zoom vor. Nötig für den Zugang ist eine vorherige Anmeldung unter netzwerke@amadeu-antonio-stiftung.de.


“Durch die Adaption popkultureller Elemente hat sich eine spezielle Ästhetik der Gewalt herausgebildet, die besonders junge Menschen anspricht. Die Jugendlichen feiern online Gewaltexzesse und Rechtsterroristen, bis sie selbst bereit sind, sich in ihrer eigenen Community als ‘Heilige’ verehren zu lassen – durch ein Attentat. Es startet wie ein Spiel, doch Attentate wie Christchurch und Halle zeigen, wie tödlich diese Radikalisierung enden kann”, erklärt Thilo Manemann, Autor der Analyse und Monitoring-Experte des Projektes De:Hate der Amadeu Antonio Stiftung. Zu dieser Subkultur gehören neben Insiderbegriffen und Memes auch eine eigene Ästhetik, die sich in Videos als eigenes Genre unter dem Namen „Fashwave“ verorten lässt, einer Mischung aus „fascism“ und „wave“.

Rechtsterrorismus wird zur Unterhaltungskultur

Doch die Aufmachung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in rechtsterroristischen Online-Communities vor allem um rassistische, antisemitische, islamfeindliche oder misogyne Mordfantasien geht. “Rechtsterroristen sammeln Punkte und werden in Bestenlisten geführt, ihre schriftlichen Ausführungen werden weltweit verbreitet, ihre Anschläge live übertragen und von Tausenden verfolgt. Ihre Terrorakte werden wie eine Unterhaltungskultur wahrgenommen”, führt Manemann aus. Die Grenze, wann aus solchem Online-Verhalten reale Gefährdungen werden, ist nicht leicht zu ziehen, was den Umgang zusätzlich erschwert.

“Rechtsterroristische Online-Subkulturen sind auf dem Vormarsch – und sie werden immer gefährlicher. Die gegenseitige Bezugnahme der Rechtsterroristen reicht von Utøya bis nach Halle”, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. „Noch während Nachahmer durch Livestreams zum Morden angestachelt werden, reden sich Rechtsextreme damit heraus, dass die menschenverachtenden Inhalte doch nur eine spezielle Form von ‘schwarzem’ Humor seien. Sicherheitsbehörden müssen hier ein Frühwarnsystem entwickeln.“ Mit ihrem autonomen Handeln sowie der autonomen Organisation verfolgen sie die Strategie des ‘Führerlosen Widerstandes’, dass die Arbeit der Sicherheitsbehörden vor große Herausforderungen stellt.

Terrorprävention muss Online-Subkulturen in den Blick nehmen

Doch rechtsterroristische Netzwerke sind nicht nur ein Fall für Sicherheitsbehörden, sondern auch für die Zivilgesellschaft und die pädagogische Prävention. Denn Veränderungen im (Online-)Verhalten fallen am meisten im direkten Umfeld wie Schule, im Freundeskreis oder in der Familie auf, wenn die entsprechenden Anzeichen erkannt werden. Mit ihrer neuen Analyse möchte die Amadeu Antonio Stiftung dabei unterstützen, rechtsterroristische Tendenzen im eigenen Umfeld zu erkennen. Sie gibt einen Überblick über das Phänomen und die Funktionsweise von rechtsterroristischen Online-Subkulturen und erklärt anhand von praktischen Beispielen, wie Pädagog*innen mit Jugendlichen umgehen können, bei denen sie entsprechende Affinitäten vermuten oder gar vorfinden.

Daraus ergibt sich außerdem die Notwendigkeit für :

  • Fortbildungen über rechtsterroristische Online-Subkulturen für Strafverfolgungsbehörden
  • Stärkung von Anlauf- und Beratungsstellen für Betroffene und Angehörige
  • Ausbau von Digital Streetwork, um gefährdete Jugendliche direkt in Online-Communities von ausgebildeten Pädagog*innen oder Sozialarbeiter*innen anzusprechen
  • Eine mediale Berichterstattung, die Tätern keine Bühne zu bietet, indem sie auf die Nennung der Täter-Namen und Zitate aus deren “Manifesten” ohne Einordnung verzichtet.

Die Analyse “Rechtsterroristische Online-Subkulturen”, steht zum Download bereit und wird ergänzt durch einen detaillierten Maßnahmenkatalog: https://amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/rechtsterroristische-online-subkulturen/


Die Analyse „Rechtsterroristische Online-Subkulturen – Analysen und Handlungsempfehlungen“ der Amadeu Antonio Stiftung im Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention wurde gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms “Demokratie leben!”.

Publikationen

Weiterlesen

Stellungnahme Berichterstattung Fall Liana Beitragsbild

Stellungnahme zur Berichterstattung über Stiftungs-Tweets zum Fall Liana K.

Am 11. August 2025 wurde Liana K. (16) am Bahnhof Friedland vor einen fahrenden Güterzug gestoßen und verstarb noch am Tatort. Als dringend Tatverdächtigen wird gegen einen 31-jährigen Iraker ermittelt. Wir trauern um Liana und sind in Gedanken bei ihrer Familie und ihren Freund*innen. Diese Tat muss vollständig aufgeklärt werden, und der Täter muss wie jeder Täter bestraft werden.

Antisemitische_Vorfälle_2024_Rias_Thüringen_Beitragsbild
Neuerscheinung

Enthemmter Antisemitismus: Antisemitische Vorfälle in Thüringen erreichen mit 392 Vorfällen einen neuen Höchststand

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Thüringen dokumentiert für das Jahr 2024 mit 392 Meldungen einen neuen Höchststand antisemitischer Vorfälle in Thüringen. Die Gesamtzahl der von der Meldestelle dokumentierten Vorfälle stieg im Vergleich zum Vorjahr (297) um rund ein Drittel an. Jeder achte antisemitische Vorfall ist Thüringer Hochschulen zuzuordnen. Erstmals seit Beginn der Dokumentation wurden die meisten Vorfälle der Erscheinungsform „israelbezogener Antisemitismus“ zugeordnet.

HP Beitrag
Neuerscheinung

Wie sicher ist unsere Demokratiearbeit?

Rechtsextreme Angriffe setzen engagierte Menschen und Initiativen zunehmend unter Druck. Das Projekt BEWARE hat über 500 Engagierte zu ihren Erfahrungen befragt – mit alarmierenden Ergebnissen und eindeutigen Handlungsempfehlungen. Ein Weckruf für Politik und Gesellschaft.

Bleib informiert!

Melde dich jetzt zum Newsletter an und verpasse keine unserer nächsten Publikationen!

Schön, dass du dich für unsere Publikation interessierst! In unserem monatlichen Newsletter erhältst du spannende Einblicke in den Alltag demokratischer Zivilgesellschaft und in unsere Arbeit.
Publikation bestellen Publikation lesen