Störstrategien in der Kommentarspalte begegnen: „Ich hab ja nichts gegen…, aber….“

Störstrategien in der Kommentarspalte begegnen: „Ich hab ja nichts gegen…, aber...."
„Ich habe ja nichts gegen…, aber…” – ein Satz, der so beginnt, endet erfahrungsgemäß mit einer abwertenden Aussage. Die Einleitung nimmt reflexhaft vorweg, dass der*die Sprechende für die Aussage Kritik und Widerspruch erwartet und soll gegen ebendiese immunisieren. Das Problem: Die einleitenden Worte laden dazu ein, die Person beispielsweise als Rassist*in zu bezeichnen und sie dadurch auf der persönlichen Ebene anzugreifen. Benenne die Aussage als problematisch, nicht die Person – der Unterschied ist wichtig, denn dadurch hat die Person die Möglichkeit, Verantwortung für ihre Aussage zu übernehmen. Ein Gespräch bleibt weiter möglich.
Gegenposition beziehen und Aussagen zurückweisen. In deiner Antwort kannst du erklären, warum die Aussage trotzdem diskriminierend ist – auch dann, wenn der*die Schreibende das gar nicht so gemeint haben will.
„Du magst das vielleicht nicht so sehen, aber die Aussage ist trotzdem rassistisch. Pauschale, abwertende Sprüche über Menschengruppen wollen wir auf dieser Seite nicht.”
Verallgemeinerungen und Gruppenzuschreibungen entlarven, indem du sie klar benennst. Echte Ängste und persönliche Erfahrungen solltest du ernst nehmen und versuchen, ihnen Raum zu geben. Aber es ist nicht immer einfach, sie von Propaganda, Parolen und Stereotypen zu unterscheiden. Du kannst beispielsweise offen nachfragen: „Haben Sie schon mal selbst erlebt, dass…?” Wenn das so ist und nicht auf Hörensagen verwiesen wird, dann kannst du erklären, dass es falsch ist, das negative Verhalten eines Menschen auf die ganze Gruppe, zu der er*sie (vermeintlich) gehört, zu beziehen.
„Kritik am konkreten Verhalten von einzelnen Menschen ist natürlich okay. Problematisch wird es in dem Moment, in dem das Verhalten eines Einzelnen zur Abwertung aller Muslim*innen genutzt wird. Denn so funktionieren Vorurteile. In der Konsequenz ist das rassistisch und islamfeindlich.”
„Die Rede von ‚arabischer Clan-Kriminalität‘ in Kommentaren, Medien oder durch die Politik stellt eine große Gruppe von sehr unterschiedlichen Berliner*innen unter Generalverdacht. Das gleiche passiert, wenn Shisha-Bars als Orte von Kriminalität und Illegalität konstruiert werden. Dahinter steht ein tief in den Köpfen der Menschen verankerter anti-muslimischer Rassismus.”
Nachfragen, wie die Aussage gemeint ist oder gemeinsam nach Lösungen suchen. Du kannst den Kern der Aussage hinterfragen oder versuchen, herauszufinden, woher ihre Quellen stammen. Wenn du herausfindest, ob die Person für ein Gespräch, Argumente und Lösungsvorschläge offen ist, ist das Entkräften abwertender Stereotype sinnvoll.
„Woher weißt du das?”
„Was meinst du damit genau?”
„Warum ist dir das so wichtig?”
Persönliche und gesellschaftliche Konsequenzen der Aussage aufzeigen. Diskriminierende Aussagen, falsche Informationen oder abwertende Stereotype haben Konsequenzen. Für die betroffenen Personen, aber auch gesamtgesellschaftlich.
„Wir befürworten offenbar beide ein friedliches Zusammenleben für alle Menschen und Sexismus, patriarchale Strukturen und sexualisierte Gewalt abzulehnen. Ja, es gibt religiös begründeten Antifeminismus, auch in Auslegungen des Islams. Doch sich allein auf diesen Aspekt zu stürzen und alle Muslim*innen unter Generalverdacht zu stellen, verkürzt das Problem. Außerdem ist es schlicht falsch, die deutsche Mehrheitsgesellschaft als Ganzes von Sexismus freizusprechen.”
Ziele der Diskussion
Wenn du für eine Organisation kommunizierst, sollte ein entschiedener, aber sachlicher Einsatz gegen Hate Speech euer Grundsatz sein. Ziele in einer Diskussion sind dann: Betroffene in Schutz nehmen, Hassredner*innen Grenzen aufzeigen und Mitlesenden Argumente zugänglich machen. Achte darauf, menschenverachtende Sprache, d.h. gewaltvolle Begriffe oder Vorurteile, nicht zu wiederholen.
Nicht endlos diskutieren
Spätestens nach vier Argumenten ist dein Gegenüber überzeugt – oder eben nicht. Rechtsextreme, antidemokratische und strafbare Aussagen kannst du verbergen, löschen, melden und ggf. anzeigen. Accounts, die mehrfach in eurer Kommentarspalte stören und provozieren, kannst du verwarnen und/oder gegebenenfalls blocken.
Standardantworten sparen Zeit und Nerven
Wenn du von dir entwickelte Antworten an einem zentralen Ort sammelst, entsteht langfristig ein Archiv an Reaktionen, auf das du und dein Team immer zurückgreifen können.
Haltung zeigen
Störstrategien werden häufig mit aktuell diskutierten Themen und unterschiedlichen Formen von Hate Speech verbunden. Gegenargumente und Formulierungsvorschläge findest du in der Übersicht zu allen Argumentationshilfen. Das Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher*innen hilft dabei, die richtigen diskriminierungskritischen Begriffe für deinen Moderationsalltag zu finden. Bei Belltower.News findest du aktuelle Informationen zu Gesprächs- und Kommunikationsstrategien.
Civic.net stärkt die digitale Zivilgesellschaft, die konsequent gegen Hass und Abwertung eintritt. Das Projekt ermutigt Organisationen und einzelne Engagierte der Berliner Zivilgesellschaft, in Sozialen Netzwerken sichtbar zu werden und sich dort aktiv an der Debatte zu beteiligen.