Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Anti-Asiatischer Rassismus – Was ist das?

#ichbinkeinvirus ist auch auf Instagram ein Thema - hier positionieren sich viele Menschen gegen Rassismus. (Quelle: Screenshot)

Während der Corona-Pandemie kommt es weltweit zu Beschimpfungen, zu Ausgrenzung und körperlichen Angriffen auf Menschen, die als asiatisch wahrgenommen wurden. Begründet wird dies damit, dass die chinesische Provinz Hubei mit der Millionenmetropole Wuhan als Ursprungsort der Virus-Übertragung gelte. Bei den Angriffen spielte es selten eine Rolle, ob die Person in letzter Zeit oder überhaupt jemals in Wuhan oder überhaupt in China gewesen war.

Von Dr. Sebastian Bischoff 

Wenn Menschen nach äußerlichen oder (vermeintlichen) kulturellen Merkmalen eingeteilt und die „Anderen“ als weniger wert oder sogar als Gefahr für „uns“ eingestuft werden, dann nennt man das Rassismus. Dabei spielt – wie bei jeder Form Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – keine Rolle, wie sich Asiat*innen verhalten, das Feindbild verrät vielmehr sehr viel über die Personen, die Asiat*innen anfeinden.

Rassistische Kontinuitäten

Im Zuge der Corona-Pandemie flammen altbekannte Feindbilder über Asiat*innen oder Menschen, die für Asiat*innen gehalten werden, auf. Diese Feindbilder blicken auch im deutschsprachigen Raum auf eine lange Tradition des anti-asiatischen Rassismus zurück.

#JeNeSuisPasUnVirus 我不是病毒, #Ich bin kein Virus.

Unter diesem Motto schlossen sich asiatische Menschen zusammen, um die Diskriminierung öffentlich zu machen. Diese ist nicht neu, tritt aber im Zuge der Corona-Pandemie geballt auf. Auch in Deutschland gibt es eine lange Tradition von Feindbildern, in denen Asiat*innen als Krankheitsträger wahrgenommen werden. So wurde sich zum Beispiel 1907 gegen die Einwanderung von Chines*innen ausgesprochen, weil diese eine „Chinesenpest“ einschleppen würden. Und im Jahr 1900 hieß es in einer Verlautbarung des deutschen Außenministeriums, chinesische Orte seien Stätten „des unergründlichen Schmutzes”.

Generell spielt im Rassismus das Bild des „Fremden“ als Verursacher oder Verbreiter von Krankheiten, eine große Rolle. Auch die Vorstellung, das Corona-Virus sei ausgebrochen, weil man in China Fledermäuse oder andere Tiere essen würde, spielt mit ähnlichen Bildern des Exotischen und Abstoßenden oder Faszinierenden. Dabei weisen auch Erkrankungen wie Schweinegrippe oder Salmonellen-Infektion darauf hin, dass beim Verzehr vieler Tiere und Tierprodukte gefährliche Erreger übertragen werden können.

Vom Vorurteil zum Pogrom

Chines*innen wurden in der Geschichte immer wieder auch mit tierischem Charakter beschrieben. Überhaupt ist Gefahr allerorten, wenn über China berichtet wird. So titelte das Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL: „Corona-Virus. Made in China. Wenn die Globalisierung zur tödlichen Gefahr wird.“ Zu sehen ist ein asiatisch-aussehender Mann mit Atemmaske und Schutzausrüstung. Das in gelb gehaltene „Made in China“ erinnert an die bereits von Wilhelm II beschworene „Gelbe Gefahr“, zugleich wird ein Zusammenhang zur „Billigproduktion“ in China aufgemacht.

Wenn Vorstellungen, Asiens Wirtschaftskraft könnte den deutschen Standort schädigen, aufgerufen werden, fehlen nie Bilder vom asiatischen Ameisenstaat, in dem undurchschaubare, hinterhältige, grausame Menschen leben, die zwar perfekt Produkte von „uns“ kopieren könnten, aber dies ohne Seele täten. Dies war beim Aufstieg Japans in den 1960/1970er Jahren so und wiederholt sich seit 20 Jahren im Fall Chinas in deutschen Medien. Wie bei jedem Rassismus unterscheidet sich dieser in verschiedenen Kontexten, manche Bilder tauchen nur in manchen Regionen auf. So ähnelt zum Beispiel in Indonesien, wo viele Chines*innen Händler sind, der Rassismus dem Antisemitismus, die Bilder vom „reichen Chinesen“ ähneln dort dem des „reichen Juden“, Pogrome waren vielfach die Folge.

Rassismus schafft Realitäten

Anti-asiatischer Rassismus zeigt besonders deutlich, wie Rassismus Realität erzeugt. Denn oftmals wird auf Kritik geantwortet: „Aber es gibt doch nun einmal Hautfarben!“. Noch heute glauben viele Menschen, asiatische Menschen hätten eine gelbe Hautfarbe. 2015 präsentierte das neue iPhone gelbe Emojis, die Asiat*innen zeigen sollten. Doch gelbe Menschen gibt es nicht, es sei denn, jemand ist krank, fastet gerade – oder heißt Homer Simpson. Das Bild der „Gelben entstand wahrscheinlich, weil das chinesische Kaiserhaus die Farbe Gelb trug, ausgeweitet wurde diese Vorstellung auf Milliarden asiatisch wahrgenommene Menschen, die, wie in jedem Rassismus, als einheitliche Masse dargestellt werden.


Weitere Informationen

korientation – (post)migrantische Selbstorganisation und Netzwerk für Asiatisch Deutsche Perspektiven

#IchbinKeinVirus – Dein Netzwerk gegen Rassismus

Belltower.News: Dokumentation Corona-Rassismus

Deutschlandfunk Kultur – Nhi Le im Gespräch mit Timo Grampes: Wenn andere sich plötzlich wegsetzen

Rice and Shine. Ein vietdeutscher Podcast mit Minh Thu Tran und Vanessa Vu

Weiterlesen

image00004

„Erinnern heißt verändern“

Über ein Modellprojekt der Amadeu Antonio Stiftung erhalten seit Mitte 2023 elf Initiativen von Betroffene und Angehörige von rechten, rassistischen und antisemitischen Anschlägen sowie das gesamte Netzwerk Unterstützung für eine selbstbestimmte Erinnerungskultur. Gefördert wird das Projekt „Selbstbestimmt vernetzen, erinnern und bilden“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus.

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.