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Das Recht auf Bildung kennt keine Ausnahme

»Schule für alle!« fordert, allen zugezogenen Kindern und Jugendlichen Regelschulplätze zur Verfügung zu stellen. Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine der vielen Unterstützer_innen der Kampagne und fördert unter anderem Projekte, die sich für das Recht auf Bildung einsetzen. Denn jedes Kind – ob in Deutschland geboren oder hierher geflüchtet – hat ein Recht auf Bildung.

von Laura Piotrowski & Mick Prinz

Anfang Oktober startete anlässlich der Kultusministerkonferenz eine Kampagne – mit dieser kritisieren Jugendliche ohne Grenzen, die Landesflüchtlingsräte und der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) die Ausgrenzung zehntausender junger Flüchtlinge vom Lernort Schule und fordern: Schule für alle – ohne Ausnahme. Unterstützt werden sie dabei von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie Pro Asyl – und nun auch der Amadeu Antonio Stiftung.

„Seit x Jahren fordern und fördern wir die Umsetzung der UN-Kinderrechte in Deutschland. Das Recht auf Bildung existiert in Deutschland für viele geflüchtete Kinder und Jugendliche derzeit nur auf dem Papier. Besonders in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben sie unbeschult. Unser Ziel muss es sein, den Zugang zu Bildungseinrichtungen für alle zu ermöglichen“, erklärt dazu Timo Reinfrank, der als Stiftungskoordinator auch in der National Coalition zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention aktiv ist.

Eine aktuelle Bestandsaufnahme der Landesflüchtlingsräte über den tatsächlichen Bildungszugang für geflüchtete Kinder und Jugendliche in Deutschland belegt die strukturelle Ausgrenzung Zehntausender vom Lernort Schule. Im Auftrag von UNICEF erstellte Lageberichte des BumF zeigen, dass insbesondere Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen monatelang systematisch vom Regelschulbesuch ausgeschlossen werden. In vielen Bundesländern werden Personen aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ langfristig oder dauerhaft in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht. Sie erhalten, wenn überhaupt, einen Ersatzunterricht für wenige Stunden am Tag, eine Schule besuchen sie meist nicht. Diese Praxis ist ein gleich mehrfacher Rechtsverstoß. Das Recht auf Bildung ist ein Grundrecht. Es ist im Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und auch in Art. 14 der EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33) festgeschrieben.

Die Stiftung setzt sich schon lange dafür ein, Kindern mit Fluchterfahrung einen Zugang zu Bildung zu verschaffen und ein Miteinander in den jeweiligen Kommunen zu fördern. So auch mit dem Projekt »Gemeinsame Sache! – Kooperation mit geflüchteten Familien in Schulen« der Bürgerstiftung Barnim Uckermark. Über 90 geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus Prenzlau wurde in diesem konkreten Fall der Schuleinstieg erleichtert. Außerdem konnten die Eltern in eingerichteten Familiencafés auf ein breites Informations- und Beratungsangebot zurückgreifen. Zusätzlich informierte die Amadeu Antonio Stiftung Ende November mit einer Veranstaltung in Berlin über die Rechte von Kindern in Flüchtlingsunterkünften und diskutierte mögliche Handlungsansätze. Doch es bleibt noch viel zu tun!

Jibran Khalil von Jugendliche ohne Grenzen, einer bundesweit aktiven Selbstorganisation junger Geflüchteter, betont: „Auch geflüchtete Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bildung. Viele wollen begonnene Bildungswege weiterführen oder abschließen und eine Ausbildung oder ein Studium beginnen.“ Er weiß, wie schwierig sich die Situation von jungen Geflüchteten gestaltet. So wartet zum Beispiel ein 17-Jähriger aus Somalia, der mit seiner Mutter in Potsdam lebt, seit 1 ½ Jahren auf seine Einschulung. Auch wenn eine Einschulung in eine so genannte Willkommensklasse stattfindet, wird in den Vorbereitungsklassen Fachunterricht nicht in vollem Umfang angeboten. Viele verlassen die Schule, ohne jemals in einer Regelklasse unterrichtet worden zu sein, oder bleiben ganz ohne Schulabschluss.

Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt deshalb die Forderungen der Kampagne „Schule für alle!“:

Es müssen unverzüglich ausreichend Regelschulplätze für alle neu zugezogenen Kinder und Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden. Dafür sind geeignete strukturelle und personelle Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zu Bildung ab dem ersten Tag, spätestens aber zwei Wochen nach Ankunft. Voraussetzung hierfür ist ein zügiges Ankommen in der Kommune.
Der Zugang zu Bildungsangeboten muss passend zum Lern- und Bildungsstand der Kinder und Jugendlichen gewährleistet werden.
Junge Menschen bis 27 Jahre brauchen flächendeckend und systematisch die Möglichkeit, schulische Bildung und Abschlüsse nachzuholen – etwa über die Erweiterung der (Berufs-) Schulpflicht.
Die Bildungsförderung (BAföG und BAB) muss für alle geflüchteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen geöffnet werden.

Mehr Informationen finden Sie auf der Website http://kampagne-schule-fuer-alle.de/ und via Facebook https://www.facebook.com/schulefueralle/

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