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Der Hass zieht in den Bundestag

© Andreas Issleib (CC BY-NC-ND 2.0)

Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag wird sich das politische Klima verändern. Aber wie sieht das aus? Während sich bundesweit bereits einige Veränderungen abzeichnen, gibt der Einzug der AfD in zahlreiche Länderparlamente bereits einen Vorgeschmack auf ihre Rolle im Bundestag. Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigen, was sich erwarten lässt.

Von Franziska Schindler

Bundesweit arbeitet die AfD an einer rechtspopulistischen Diskursverschiebung. „Menschenfeindliche Positionen wie Rassismus oder Islamfeindlichkeit werden beständig wiederholt, um eine Gewöhnung zu erzielen“, sagt Timo Reinfrank. Erfolgreich ist die AfD auch darin, gegenüber ihren Kontrahent_innen eine Drohkulisse aufzubauen: „Viele Organisationen, aber auch Verwaltungen oder Abgeordnete zeigen keine klare Haltung gegenüber der AfD, weil sie Angst haben, das nächste Opfer eines rechtspopulistischen Shitstorms oder weitergehender Bedrohungen zu werden“.

Thüringen steht beispielhaft dafür, wie sich das politische Klima durch die AfD im Parlament ändert. Anstatt einer sachlichen Diskussion stehen Beleidigungen und Verleumdungen auf der Tagesordnung. Das ist nicht nur respektlos gegenüber den Betroffenen, sondern beschädigt auch die demokratische (Diskussions)kultur insgesamt. Mit Herabwürdigungen lenkt die AfD gleichzeitig davon ab, dass sie zu Landesthemen nicht viel zu sagen hat. Stattdessen nutzt sie das Parlament lieber als Bühne für ideologische Kampagnen, die mit der Realität in Thüringen nichts zu tun haben, beispielsweise die angebliche Islamisierung und linke Gewalt. Gefährlich ist auch, welche Personen in den Länderparlamenten beschäftigt werden: „Mit der AfD ziehen Rechtsradikale in die Parlamente ein“, warnt Matthias Quent, Leiter des „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft“ in Jena. Neben Abgeordneten mit rechtsextremem Gedankengut sind das vor allem auch deren Mitarbeitende, die zum Teil zuvor bei der NPD aktiv waren.

In Sachsen-Anhalt ist die AfD offen mit den Rechtsextremen des Landes vernetzt. „Wenn es eine Demonstration gegen das Haus der rechtsextremen ‚Kontrakultur‘-Gruppe gibt, stehen Mitglieder der Identitären Bewegung, rechtsextreme „JN“-Kader, Rechtsrocker und AfD-Landtagsabgeordnete gemeinsam davor, um es zu verteidigen“ berichtet Torsten Hahnel von der Mobilen Beratungsstelle „Miteinander e.V.“ Grund dafür: die AfD strebt einen Systemwandel an – hin zu einer Gesellschaft, in der Pluralismus Leitkultur und Autoritarismus Platz machen. Mit ihrer parlamentarischen Arbeit versucht sie, Politiker_innen und zivilgesellschaftliche Initiativen zu diskreditieren. Dazu nutzt sie parlamentarische Kontrollmechanismen wie Kleine Anfragen und Untersuchungsausschüsse, die ihr außerdem Zugang zu sensiblen Daten verschaffen.

Was ist nun der richtige Umgang mit der AfD? Es ist ein schmaler Grat zwischen Situationen, in denen eine sachliche Auseinandersetzung nötig und nicht zu umgehen ist, und solchen, in denen der AfD unnötige Foren geboten und sie durch Aufmerksamkeit legitimiert wird. Gerade jetzt, wo die AfD in Parlamenten sitzt, wird klar, dass es nicht damit getan ist, Grenzen zu ziehen – Konflikte um Grundwerte unserer Gesellschaft lassen sich nicht lösen, indem man sie aussitzt.

Timo Reinfrank plädiert deshalb dafür, mit der AfD über Inhalte zu streiten: „In der Auseinandersetzung gilt es, sich offensiv für Grundrechte und Minderheitenschutz zu positionieren“. Damit dies gelingt, muss mit der AfD professionell umgegangen werden – und die AfD sollte nicht unterschätzt werden: ungeschulte Redner_innen werden sich selten auf Podien befinden. Deshalb rät Thorsten Hahnel, sich über Fallstricke bewusst zu sein, sich adäquat vorzubereiten und überlegt zu reagieren. Sich der Auseinandersetzung mit der AfD zu stellen, bedeutet für Matthias Quent aber gleichzeitig nicht, dass die AfD zu jeder Diskussion eingeladen werden muss:  „Die wehrhafte Demokratie in Deutschland ist als Gegenentwurf zum Nationalsozialismus entstanden und muss Rassismus und Hass nicht auf alle Podien setzen“.

Mit der Handreichung „Positionieren. Konfrontieren. Streiten. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD“  gibt die Amadeu Antonio Stiftung Tipps zum praktischen Umgang mit der AfD.

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