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Einweihung May-Ayim-Gedenktafel


Am May-Ayim-Ufer in Kreuzberg steht nun eine Gedenktafel, die über das Leben und Wirken der namensgebenden Berliner Schriftstellerin informiert. Die Amadeu Antonio Stiftung hat sie unterstützt.

Bereits im Februar 2010 wurde das Gröbenufer in Kreuzberg in May-Ayim-Ufer mit dem feierlichen Austausch der Straßenschilder unbenannt. Nun folgte Ende August die Einweihung einer dazugehörigen Gedenktafel und ein fast fünf Jahre andauernder Prozess ist abgeschlossen.

Straßenumbenennung als Neuakzentuierung

Bereits im Jahr 2007 brachten Die Grünen den Vorschlag, das von der Pfuelstraße im Nordwesten bis zur Oberbaumstraße verlaufende Gröbenufer umzubenennen, in die zuständige Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg ein. Dies geschah auf Anregung des Berliner entwicklungspolitischen Ratschlags e.V. (BER). Dieser hatte in einem Dossier 70 Plätze und Straßen in Berlin zusammengetragen, deren Namen einen kolonialen Bezug aufweisen. Deshalb forderte der BER Hinweise auf die jeweiligen Namensgeber bzw. teilweise eine Umbenennung dieser Straßen und Plätze.

Zwei Jahre diskutierten die Bezirksverordneten über die Verwicklung des namensgebenden Otto Friedrich von der Groeben in den Sklavenhandel kontrovers. Dieser hatte im 17. Jahrhundert als Leiter einer Westafrika-Expedition im Auftrag des Großen Kurfürsten die brandenburgische Kolonie Groß Friedrichsburg im heutigen Ghana gegründet und damit den Grundstein für den dort stattfindenden Menschenhandel gelegt. 2009 wurde die Umbenennung in May-Ayim-Ufer mit den Stimmen der Grünen, Linken und der SPD beschlossen. Mit dem Anbringen neuer Straßenschilder sowie einer daran angebrachten kleinen Erläuterungstafel zur Namensgeberin Anfang 2010 war die erste parlamentarische Umbenennungsinitiative in Berlin erfolgreich abgeschlossen.

Ein Ort der Information und Aufklärung

Nun erfolgte Ende August die langerwartete Einweihung der dazugehörigen Gedenktafel, die sich gegenüber der frisch restaurierten historischen Doppelkaianlage befindet. Diese informiert und erinnert an May Ayim, die sich sowohl in ihrem politischen Engagement als auch ihrem schriftstellerischen Wirken mit Rassismus und Diskriminierung auseinandersetzte und diesem entgegentrat. May Ayim, die 1960 in Hamburg als Tochter einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters geboren wurde und 1996 in Berlin-Kreuzberg starb, kämpfte in ihren Vorträgen und Gedichten gegen rassistische Diskriminierung und war Gründungsmitglied der „Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland“. Auch über den vorherigen Namensgeber Groeben und seine historische Rolle informiert die Tafel.

Damit wurde aus der Straße, die einst einen Pionier der Kolonialgeschichte ehrte, nun ein Ort, an dem an eine antirassistische Aktivistin erinnert wird. Diese Umkehrung der Perspektive ist notwendig, um das Kapitel deutscher Kolonialgeschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sondern um Aufklärungsarbeit und die Diskussion anzuregen.

Zur Einweihung der Gedenktafel erklärte Hella Dunger-Löper, Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das May-Ayim-Ufer zurecht zu einem „Ort der Integration, der dem Stadtteil gerecht wird“. Auch Joshua Kwesi Aikins von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland würdigte diesen dringend notwendigen Perspektivwechsel. „Bis ins Stadtbild hinein wirkt diese Ideologie prägend, die aber veraltet ist. Jedoch ist das kolonialrassistische Denken dadurch keineswegs überwunden, sondern immer noch gegenwärtig“, so Joshua Kwesi Aikins.

Um die Erinnerung an May Ayim, an ihr Engagement und ihre Leistungen wach zu halten, beteiligte sich die Amadeu Antonio Stiftung an der Finanzierung der Gedenktafel. Von nun an hat jeder, ob Berliner oder Tourist, ob zufällig vorbeilaufend oder gezielt diesen Abschnitt des Spreeufers besuchend, die Möglichkeit sich über May Ayim ebenso wie über Gröben zu informieren. Dadurch wird man mit einem wichtigen Teil der fast in Vergessenheit geratenen deutschen Kolonialgeschichte sowie der oft übersehenen Geschichte der Schwarzen-deutschen Bewegung konfrontiert.

Von Katharina Weile

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