Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Trotz alledem: Engagement in Zossen

abgebranntes "Haus der Demokratie", Foto: Eric Stritter


In der Nacht vom 22. auf den 23. Januar brannte das „Haus der Demokratie“ der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesischt“ und des BAZ e.V. vollkommen nieder. Ein 16jähriger Rechtsextremer gestand die Brandstiftung. Die Amadeu Antonio Stiftung stellt 1.000 Euro zur Verfügung und bittet um weitere Spenden.

„Wir sind erschrocken und traurig über die vollständige Zerstörung des Hauses der Demokratie in Zossen“, sagt Jörg Wanke von der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“. Monate von Engagement und Anstrengung sind mit dem Brand des „Hauses der Demokratie“ zunichte gemacht worden. Ein 16jähriger Rechtsextremer gestand die Tat. Seit der Eröffnung des Hauses waren es und die Bürgerinitiative Ziele von Anschlägen. Schon nach zwei Wochen sind Scheiben eingeschlagen und Büroräume verwüstet worden. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden angefeindet und bedroht. „Mit dem Brandanschlag bestätigt sich aufs Traurigste die Warnung der Bürgerinitiative ‚Zossen zeigt Gesicht‘, die seit Jahren vor der Gefährlichkeit der lokalen Neonazis warnen“, sagt Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung.

Treffpunkt für Engagierte

Das „Haus der Demokratie“ ist eine Anlaufstelle für viele Engagierte und Initiativen gewesen. Es fanden Workshops statt. Lokale Jugendbands konnten proben. Ausstellungen wurden gezeigt, die auch beim Brand zerstört wurden. „Wir wollen demokratische Strukturen in Zossen weiterentwickeln und einen Beitrag für die politische, kulturelle und soziale Entwicklung der Stadt leisten“, erklärt Wanke das Ziel des Gesamtprojektes. Doch Engagement für demokratische Kultur ist in Zossen eine große Anstrengung. „Dem Rechtsradikalismus in Zossen den Kampf anzusagen ist unsere wichtigste Herausforderung“, sagt Wanke. Wie dringend das ist, zeigen die Vorkommisse am internationalen Holocaustgedenktag, dem 27. Januar. In diesem Jahr jährte sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz zum 65. Mal. Die Gedenkveranstaltung der Bürgerinitiative auf dem Zossener Marktplatz wurde von Neonazis gestört. Lärm, rechtsextreme Parolen und Hitlergrüße verunmöglichten ein respektvolles Gedenken an die Opfer des Holocausts. Doch die Polizei schritt trotz mehrmaliger Aufforderung nicht ein. „Manchmal muss man eben gewisse Dinge ignorieren, denn Ziel war es, dass die Kundgebung reibungslos durchgeführt werden kann“, so Polizeisprecher Wolf auf Anfrage von netz-gegen-nazis.de. Ignoranz hat gegen Nazis noch nie geholfen.

Trotz allem: Es geht weiter!

Die Courage und Aktivität, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen trotz aller Anfeindungen und Bedrohungen an den Tag legen, ist bewundernswert. Sie sind beispielhaft und mutig. „Wir wollen so schnell wie möglich wieder an den Start gehen“, betont Wanke. Und das trotz der mangelnden Solidarität, die sie seitens der Stadt Zossen erfahren. Oder vielleicht gerade deswegen. „Zossen schreit nach einem Haus der Demokratie“, betont Wanke. In welchem Gebäude nun ein neues „Haus der Demokratie“ untergebracht wird, ist muss noch geklärt werden. Für die Bürgermeisterin Zossens Michaela Schreiber ist „Zossen zeigt Gesicht“ eine Bürgerinitiative wie jede andere. „Bürgerinitiativen sind eine gute Ergänzung zu städtischen Angeboten. Sie ersetzen aber nicht die demokratische Stadtverordnetenversammlung“, so Schreiber. Doch gerade eine demokratisch gewählte Stadtverordnetenversammlung könnte angesichts dieser Übergriffe reagieren, sich solidarisch mit den wichtigen Anliegen der Bürgerinitiative erklären und Unterstützung anbieten. „Die politische Konsequenz für uns besteht in einer Verstärkung des Engagements für Demokratie und gegen Rechtsextremismus in der Region und im Land Brandenburg“, so die Bürgerinitiative. „Wir hoffen, dass alle demokratisch gesinnten Kräfte für sich die politische Konsequenz ziehen – über Meinungsunterschiede in anderen Fragen hinweg – mit uns in diesem Sinne zusammenzuarbeiten“.

Damit die Mitglieder der Bürgerinitiative ihre wichtige Arbeit weiter führen können, hat die Amadeu Antonio Stiftung in erster Reaktion 1.000 Euro zur Verfügung gestellt. Das Engagement für demokratische Kultur und gegen Rechtsextremismus in Zossen muss weiter gehen.

Von Nora Winter

Weiterlesen

Nickolas(3)
Interview

Schule, aber rechts: Was tun gegen rechtsextreme Schüler*innen und Eltern?

Vor wenigen Tagen warnten die Schülervertretungen aller ostdeutschen Bundesländer vor wachsenden Rechtsextremismus. Inzwischen belegen auch Zahlen aus den Ländern diesen Eindruck: Nicht nur
im Osten haben sich rechtsextreme Vorfälle an Schulen vervielfacht. Rechtsextreme Cliquen auf dem Schulhof, Hakenkreuzschmierereien im Klassenzimmer und überforderte Lehrer*innen mittendrin. Was tun? Unser Kollege Benjamin Winkler klärt auf.

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.