Eine Perspektive auf die Kategorie Geschlecht in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rechtspopulismus ist notwendig. Was bedeutet das?
Erstens geht es um die rechtsextremen Mädchen und Frauen, welche wahr- und ernst genommen werden müssen. Zweitens verfolgen rechtsextreme Akteure und Organisationen eine geschlechter- und familienpolitische Agenda. Darüber hinaus instrumentalisieren diese Drittens geschlechterpolitische Themen wie sexualisierte Gewalt, Missbrauch und Frauenrechte. Schließlich geht es viertens – und das ist pädagogisch besonders relevant – um geschlechtsbezogene Facetten in der Hin- und Abwendung zu rechtsextremen Szenen, um subjektive Attraktivitäten und Motive für Mädchen und Jungen und damit auch um die dort propagierten Geschlechterbilder. Hier setzen geschlechterreflektierende Ansätze der Prävention an.
Traditionalistische Geschlechterrollen, Vorstellungen vom „richtigen Mann“ und das Bild der „deutschen Mutter“ prägen den modernen Rechtsextremismus nach wie vor. Diese Geschlechterideologie ist ein zentrales Element der vorgestellten deutschen Volksgemeinschaft, ohne sie würden rechte Gruppierungen und ihre Ideologie nicht funktionieren. Im Umgang mit gesellschaftlichen Pluralisierungen werden die propagierten Geschlechter- und Familienvorstellungen als bedrohte und gefährdete Positionen behandelt.
Geschlecht spielt so im Rechtspopulismus, bei den Straßenprotesten von PEGIDA, bei der Neuen Rechten, in völkischen Bewegungen im ländlichen Raum oder im Rechtsextremismus eine tragende Rolle – ganz gleich ob in der Politik, den Medien, auf der Straße oder im Netz. Themen wie die vermeintliche Zerstörung einer angeblich naturgegebenen Geschlechter- und Familienordnung durch Feminismus und Gender Mainstreaming, die (rassistische) Instrumentalisierung sexueller Gewalt an Frauen oder von Kindesmissbrauch, Frühkindliche Sexualerziehung als „Frühsexualisierung“ bis hin zu Ideen eines bevorstehenden oder bereits laufenden Bevölkerungsaustauschs in denen sich Rassismus, Antisemitismus und Antifeminismus verbinden, liefern den Kitt zwischen sehr unterschiedlichen rechten Bewegungen. Diese Themen werden gegen „die Anderen“ bzw. gesellschaftliche Minderheiten in Stellung gebracht, auch hier spielen vergeschlechtlichte Vorstellungen eine relevante Rolle. Strategisch werden darüber Ängste geschürt und Interessen gesellschaftlicher Gruppen gegeneinander ausgespielt. Diese Themen sind emotional aufgeladen, haben hohes Mobilisierungspotential und bringen Menschen auf die Straße, lösen Hasswellen im Netz aus oder sind Einstiegs- und Radikalisierungsfaktoren für junge Frauen und Männer in die rechten Szenen. Antisemitismus, Rassismus und Geschlechterthemen und -inszenierungen bieten aber auch eine entscheidende Anschlussfläche zur sogenannten gesellschaftlichen Mitte.
Weitere Informationen:
- Broschüre „(R)echte Männer und Frauen. Analysen zu Geschlecht und Rechtsextremismus“ (Juni 2024)
- Scrollytelling zu Frauen in der extremen Rechten (Februar 2023)
- Broschüre „Weiblich, bewegt, extrem rechts. Frauen, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in NRW“ (Mai 2021)
- Broschüre „Peggy war da! Gender und Social Media als Kitt rechts populistischer Bewegungen“ (2016)
- Broschüre „Das Bild des übergriffigen Fremden“ (2016)
- Broschüre „Instrumentalisierung des Themas „sexueller Missbrauch“ durch Neonazis. Strategien und Handlungempfehlungen“ (Nachdruck, Dezember 2015)
- Broschüre „Rechtsextreme Frauen – übersehen und unterschätzt. Analysen und Handlungsempfehlungen“ (aktualisiert, Dezember 2015)
- Broschüre „Frauen und Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern“ des Vereins »Lola für Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern e.V.« im Auftrag des Landesfrauenrates M-V e.V. (2015)
- Länderfallstudie Deutschland zu Frauen und Rechtspopulismus. In: Elisa Gutsche/ Freidrich Ebert Stiftung (2018): Triumph der Frauen? – The Female Face of the Far Right in Europe.
- Judith Rahner (2018): Weiblich, bewegt und »knallrechts« Neue Gesellschaft, Frankfurter Hefte 5/2018
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Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus
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