Weiter zum Inhalt

Gegen die rassistische Stimmung – Musiktheater gegen Rechts

Engagierte schicken den Flüchtlingen Willkommensbriefe in ihrer Heimatsprache. Foto: Initiative "Hellersdorf hilft Asylbewerbern"

Berlin-Hellersdorf: eine ehemalige Grundschule wird zum Flüchtlingsheim umfunktioniert. Anwohnende protestieren in aggressivem Ton, aufgeheizt von Neonazis. Mutige Menschen stellen sich gegen die Stimmungsmache und setzen ein Zeichen des Willkommens.

Die Stimmungslage im Bezirk ist extrem angespannt. Seit der Ankündigung des Flüchtlingsheims im Sommer dieses Jahres gerät der Fall immer wieder in die Schlagzeilen. Denn die Protesten werden nicht leiser. Immer wieder äußerten die Anwohnerinnen und Anwohner ihre Sorge vor wachsender Kriminalität im Umfeld des neuen Auffanglagers. Woraus dieses Vorurteil sich speist, ist unklar. „Keine dieser Einrichtungen bilden derzeit Kriminalitätsschwerpunkte“ attestiert die zuständige Polizeibehörde in Hinsicht auf die Flüchtlingsheime.

Doch die rassistische Grundstimmung ist ein fruchtbarer Boden für die NPD. Mit Flugblättern macht sie seit Wochen Stimmung gegen das Heim, will inzwischen eine eigene Bürgerwehr organisieren. Böse Erinnerungen an die rassistischen Ausschreitungen der 1990er Jahre werden wach. Es stellt sich die drängende Frage, wessen Sicherheit hier eigentlich gefährdet ist. Unverhohlen machen viele Anwohnende ihrem Unmut auch mit Gewaltaufrufen und-Drohungen Luft.

Willkommenskultur statt Misstrauen

Doch es gibt auch Gegenstimmen in der aufgeheizten Atmosphäre. Zu den aktiven Akteuren gehört das Kulturforum Hellersdorf, das seinen Sitz nur wenige Meter vom Flüchtlingsheim entfernt hat. Es verfolgt einen integrativen Ansatz und bietet seit Jahren Angebote für die Anwohnenden aus dem Umfeld, von denen zahlreiche einen Migrationshintergrund haben. Erst Anfang des Jahres hat der Verein die Reihe „Theater ohne Grenzen“ ins Leben gerufen. Für die aktuelle Aufführung wurde ein besonderes Stück gesucht, das die Position des Vereins sowie aller Unterstützenden der Asylsuchenden deutlich macht.
Die musikalische Satire „Friederich, der Wüterich“ nimmt das weit verbreitete rechte Gedankengut in unserer Gesellschaft scharf aufs Korn. Auf der Bühne werden singend und spielend mit Zitaten aus dem „Struwwelpeter“ und „Max und Moritz“ die „Streiche“ einer Nazi-Gruppe erzählt. Sie nehmen rassistisches Gedankengut in unserer Gesellschaft unter die Lupe sowie heutige, geistige Wegbereiter des Friederichs.

Eine Szene spielt im „Nazihimmel“. Der Türke Halit Yozgart (eines der sogenannten „Döner-Mord“-Opfer) hat sich dorthin verirrt. Er wird vom Nazigott wutschäumend und fluchend vertrieben, während Uwe Mundlos, der von seinen „guten Taten“ und seinen Helfershelfern in der Politik und bei der Polizei erzählt, wie ein Held und Retter empfangen wird. In der Szene „Justitia geht zum Presseball“ trainiert ein Staatsanwalt das Flittchen Justitia für die gewünschten Urteile.

Neue Einblicke und Einladung zum Dialog

Die Stückinhalte des Weber-Herzog-Musiktheaters beziehen Stellung zu aktuellen und grundsätzlichen Fragen des menschlichen Zusammenlebens. Alltägliches steht neben Besonderem, Skurrilem und Traumhaftem. Dabei ist es den Künstlern wichtig, den Zuhörenden etwas mit auf den Weg zu geben: ein Stück Sehnsucht, ein Stück kritisches Verständnis, den Versuch einer Aufklärung oder den Blick auf eine neue Perspektive zu einer Geschichte.

Den Blick zu öffnen, dabei wird auch eine anschließende Gesprächsrunde dienen. Eingeladen wurden vor allem Jugendliche aus dem Stadtviertel und andere Interessierte. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt die Aufführung sehr gern finanziell, weil sie einen wichtigen und dringend nötigen Gegenpol zur Stimmung im Bezirk setzt, die Neonazis gezielt für sich zu nutzen versuchen. Mit einer gemeinsamen Anstrengung aller demokratisch Engagierten werden wir das zu verhindern wissen.

 

Foto: Initiative „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“

Weiterlesen

Druck auf Zivilgesellschaft
Gefördertes Projekt

Druck auf die Zivilgesellschaft: Aufgeben ist keine Option

Dass die Zivilgesellschaft „unter Druck“ steht, ist seit einiger Zeit überall zu hören. Was aber bedeutet es, sich in diesen Zeiten gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu engagieren? Einige der Projekte, die wir 2025 gefördert haben, haben wir gefragt, wie sie auf das Jahr 2025 zurückblicken und was sie sich für 2026 wünschen.

Projektförderung Bilanz 2025 Beitragsbild
Hier wirkt deine Spende

Menschenwürde verteidigen: Hier macht deine Spende einen echten Unterschied!

Die demokratische Zivilgesellschaft steht bundesweit unter Druck, Angriffe und Diffamierungen haben sich in 2025 weiter zugespitzt. Engagierte Menschen bleiben trotzdem stabil und kämpfen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus – für die Werte des Grundgesetzes und eine lebendige Demokratie. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert und unterstützt sie dank zahlreicher Spender*innen.

Bleib informiert!

Melde dich jetzt zum Newsletter an und verpasse keine unserer nächsten Publikationen!

Schön, dass du dich für unsere Publikation interessierst! In unserem monatlichen Newsletter erhältst du spannende Einblicke in den Alltag demokratischer Zivilgesellschaft und in unsere Arbeit.

    Mit dem Absenden des Formulars erkläre ich mich mit der Verarbeitung meiner Daten gemäß der Datenschutzerklärung einverstanden und erhalte den Newsletter. Ich kann meine Einwilligung jederzeit über den Abmeldelink im Newsletter widerrufen.

    Publikation bestellen Direkt zum PDF