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Gesundheit ist politisch! – Vom Medibüro zur Poli(t)klinik

Ausschnitt aus dem Flyer zur Tagung

Was hat Medizinische Versorgung mit Rechtsextremismus zu tun? Auf den ersten Blick scheinbar wenig, doch fragt man die Engagierten der sogenannten Medibüros, wird schnell klar, dass beide Dinge untrennbar zusammengehören. Auf einem von der Stiftung ermöglichten Vernetzungstreffen setzen sich die Ehrenamtlichen damit auseinander.

In immer mehr Städten gründeten sich bundesweit in den letzten 20 Jahren Anlaufstellen für Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus. Unter dem Label „Medibüro“, „Medizinische Flüchtlingshilfe“ oder „Medinetz“ kümmern sich Ehrenamtliche um einen regelmäßigen Zugang zu medizinischer Versorgung nicht nur für sogenannte „Illegale“, also Menschen ohne Aufenthaltsstatus und Papiere. Es sind immer mehr Menschen betroffen, die zwar hier leben und einen legalen Aufenthaltstitel haben, denen aber grundlegende soziale Rechte dennoch verwehrt werden.

Medibüros als Antwort auf Rassismus und Gewalt

Die ersten Medibüros entstanden Mitte der 1990er Jahre als Reaktion auf die starke Zunahme rassistischer Einstellungen und Gewalttaten. Zu jener Zeit wurde durch die Abschaffung des Asylrechts der Rassismus förmlich institutionalisiert. Fortan stellte sich die Frage, wie Gesundheitsversorgung in der Illegalität organisiert werden kann. 20 Jahre später haben die Medibüros schon viel erreicht. Ein breites Netzwerke aus Initiativen und Organisationen setzt sich für die Belange von Menschen ohne Papiere ein und die Arbeit im Verborgenen ist kaum mehr notwendig. Längst sind sie zu gefragten Experten geworden, deren Engagement gelobt wird.

Und doch hat sich an der alltäglichen Auseinandersetzung der oft ehrenamtlich Engagierten mit der allgegenwärtigen Ausgrenzung ihrer Klienten wenig geändert. Im Gegenteil: die Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsextremismus wird für die Engagierten immer wichtiger. Die aktuellen Krisenentwicklungen verschärfen den Konflikt um den Ausschluss aus sozialen Sicherungssystemen – und damit der medizinischen Grundversorgung noch zusätzlich. Und auch rassistische Ressentiments und die Anfeindung von sozialen Randgruppen, die vermeintlich auf Kosten der Allgemeinheit leben würden, nehmen immer stärker zu.

Veränderte Herausforderung Rassismus und Rechtsextremismus

Die Medibüros müssen bundesweit auf diese Entwicklung reagieren und treffen sich daher zu einem viertägigen Vernetzungstreffen in Hamburg. Mit finanzieller Förderung der Amadeu Antonio Stiftung konnte ein überregionales Treffen in Hamburg organisiert werden, das viel Zeit und Raum lässt, die inhaltliche Arbeit nach Gesichtspunkten der Rassismus- und Rechtsextremismusprävention auszurichten. In Workshops erfahren die Engagierten, welchen Diskriminierungen ihre Klientinnen und Klienten ausgesetzt sind und welche Interventionsfelder sich den Medibüros bieten. Das Beratungsangebot soll um Gegenstrategien erweitert werden und auch die Zusammenarbeit mit den Kommunen diesbezüglich verbessert werden.

Wir freuen uns, diesen notwendigen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und wünschen der so wichtigen Arbeit der Medibüros eine weiter erfolgreiche Zukunft!

Kongress und Vernetzungstreffen „Gesundheit ist politisch! – Vom Medibüro zur Poli(t)klinik“ finden vom 17. bis zum 20 Mai statt. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite des ausrichtenden Medibüros Hamburg.

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Tahera_Ameer_2022
Interview

Warum die Gesellschaft noch keinen sicheren Umgang mit Rassismus hat

Tahera Ameer im Interview: „Das gesellschaftliche Bewusstsein dafür, dass es Rassismus in Deutschland gibt, ist stark gestiegen. Das ist ein Schritt vorwärts, dazu hat die Amadeu Antonio Stiftung beigetragen. Bis praktische Maßnahmen umgesetzt werden, die Rassismus als strukturelles Problem bekämpfen, ist es noch ein weiter Weg. Wir brauchen Proviant und Ausdauer für einen Marathon, nicht für einen Sprint.“

Gruppenbild_algerische Vertragsarbeiter_Mohamed Kecheroud und Oral-History-Forschungsstelle der Universität Erfurt
Gefördertes Projekt

Nach 50 Jahren: Gedenken an rassistische Hetzjagd auf Vertragsarbeiter in Erfurt

Am 10. August 1975 jagten bis zu 300 DDR-Bürger*innen algerische Vertragsarbeiter durch die Erfurter Innenstadt und verletzten einige schwer. 50 Jahre später erinnerten Betroffene und Erfurter*innen an die Ereignisse. In der Öffentlichkeit spielt die Auseinandersetzung mit rassistischer Gewalt in der DDR weiterhin kaum eine Rolle. Die Auseinandersetzung mit rassistischer Gewalt findet auch Jahrzehnte später viel zu selten statt.

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