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Interview: Was es mit uns macht?

Das Projekt „RaisoN – Radikalisierungsprozesse durch Verschwörungsideologien: Auswirkungen auf den sozialen Nahraum als Herausforderungen für die Bildungs- und Beratungsarbeit“ der Universität zu Köln und der Technischen Hochschule Köln läuft seit dem 01.01.2023 und noch bis zum 01.06.2026. Wir haben mit drei Personen aus dem Forschungsteam gesprochen.

 

  1. AAS: Worum geht es bei RaisoN und wer steckt hinter dem Vorhaben?

Prof.‘ Dr.‘ Schahrzad Farrokhzad: Im Rahmen des Forschungsprojekts „RaisoN – Radikalisierungsprozesse durch Verschwörungsideologien: Auswirkungen auf den sozialen Nahraum als Herausforderungen für die Bildungs- und Beratungsarbeit“ werden die Auswirkungen von Verschwörungsideologien auf zwischenmenschliche Beziehungen im sozialen Nahraum (u.a. Familie, Freundeskreis) systematisch erforscht.

RaisoN wird als Verbundprojekt von der Technischen Hochschule Köln zusammen mit der Universität zu Köln durchgeführt. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderlinie „Aktuelle und historische Dynamiken von Rechtsextremismus und Rassismus“.

Verschwörungsideologien sind integraler Bestandteil von extrem rechten bzw. völkisch-autoritären Weltbildern. Diese tragen zu Radikalisierungsprozessen in wachsenden Teilen der Bevölkerung bei, oftmals verbunden mit einer Ablehnung der liberalen Demokratie und einer Wissenschaftsfeindlichkeit. Dadurch ist der gesellschaftliche Zusammenhalt bis auf die gesellschaftliche Mikroebene des sozialen Nahraums betroffen und gefährdet. Die Auswirkungen von Verschwörungsideologien auf Betroffene, die Verschwörungsgläubige in ihren Familien und/oder Freundeskreisen haben, haben spezifische Anforderungen für Beratungsstellen und nonformale politische Bildungsangebote zur Folge. In diesem Zusammenhang ist ein praxisorientiertes Ziel des Projektes, Materialien für die Bildungs- und Beratungsarbeit zu entwickeln, die Praktiker:innen darin unterstützen, professionell und angemessen mit der Thematik umzugehen. Um den Theorie-Praxis-Transfer zu gewährleisten und passgenaue Materialien für Berater:innen und politische Bildner:innen entwickeln zu können, arbeiten wir im Sinne der partizipativen Forschung mit Praxispartner:innen aus der Bildungs- und Beratungsarbeit zusammen.

 

  1. AAS: Sie haben eine quantitative Erhebung zu Auswirkungen von VI auf den sozialen Nahraum und daraus resultierende Bildungs- und Beratungsbedarfe durchgeführt. Können Sie uns Einblicke in die zentralen Ergebnisse geben?

Anno Kluß: Im Februar und März 2024 wurde eine quantitative Onlinebefragung in sechs Bundesländern durchgeführt, die von knapp 700 Fachkräften der Beratung und politischen Bildung beantwortet wurde. Dabei handelt es sich um die erste wissenschaftliche Untersuchung mit Fokus auf Auswirkungen im sozialen Nahraum sowie die Informations- und Beratungsbedarfe der Einrichtungen. Gegenstand der Befragung waren die Erfahrungen der Berater:innen und politischen Bildner:innen mit dem Thema Verschwörungsideologien im Rahmen ihrer professionellen TätigkeitEs hat sich gezeigt, dass mehr als zwei Drittel der befragten Fachkräfte im Rahmen ihrer Arbeit Erfahrungen mit Ratsuchenden oder Bildungsteilnehmer:innen gemacht haben, die mit Verwschwörungsanhänger:innen in deren sozialen Nahräumen konfrontiert waren.. Die Fachkräfte gehen davon aus, dass das Thema in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich Verschwörungsideologien massiv auf das soziale Umfeld der Verschwörungsanhänger:innen auswirken. Dies betrifft unter anderem die psychische Verfassung von Familienmitgliedern, Freund:innen, Bekannten oder Kolleg:innen. Kinder und Jugendliche sind von Verschwörungsideologien in ihrem sozialen Nahraum in Bezug auf ihre Persönlichkeitsentwicklung besonders gefährdet. Derzeit führen wir im Projekt vertiefende problemzentrierte Interviews mit den Fachkräften und bald auch mit Betroffenen, um weitere Erkenntnisse zu generieren.

 

  1. AAS: Es soll außerdem ja auch um Betroffene selbst gehen: Was wollen Sie herausfinden?

Elisabeth Faria Lopes: Im Projekt werden auch qualitative Interviews mit Personen geführt, die wir als „Betroffene“ bezeichnen, da sie selbst Erfahrungen mit Verschwörungsanhänger:innen in ihren sozialen Nahräumen machen bzw. davon betroffen sind. Dabei folgen wir der in Fachbeiträgen, Medienberichten und Selbsthilfeforen formulierten Annahme, dass Verschwörungsideologien im sozialen Nahraum zu psychosozialen Belastungen und Konflikten führen können und verschiedene Formen von Konfliktdynamiken entstehen können. So können Freundschaften, Bekanntschaften und Arbeitsbeziehungen beeinträchtigt werden oder sogar in die Brüche gehen. Menschen, die Verschwörungsanhänger:innen in ihrem sozialen Nahraum haben, sind häufig mit „missionierenden“ Ansprachen konfrontiert. Die Auswirkungen von Verschwörungsideologien auf den sozialen Nahraum sind bisher nicht systematisch erforscht worden. Wir im RaisoN-Projekt möchten zur Schließung dieser Forschungslücke beitragen.

 

AAS: Vielen Dank für das Interview!

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