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Keine Lust auf Klischee-Rollen

Lara Sophie Milagro, künstlerische Leiterin des Ensembles


Im Stück „Heimat, Bittersüße Heimat“ werden durch Parodieren alltäglicher Erfahrungen Schwarzer in Deutschland Rassismen sichtbar gemacht. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert das Schauspielensemble.
Ein Interview mit der künstlerischen Leiterin des Ensembles Lara Sophie Milagro.

Das afro-deutsche Ensemble Label Noir bringt ein Theaterstück auf die Bühne, welches im Juni in Berlin Premiere hatte und im Herbst auf Brandenburg-Tour geht. In „Heimat, Bittersüße Heimat“ werden durch das Darstellen, Parodieren und Abstrahieren alltäglicher Erfahrungen Schwarzer in ihrer Heimat Deutschland Rassismen sichtbar gemacht. Gleichzeitig porträtiert das Stück die Suche nach Heimat, Identität und Zugehörigkeit als grundlegende menschliche Erfahrung – jenseits äußerer Kategorien von Hautfarbe, Nationalität oder sozialem Status.
Die Amadeu Antonio Stiftung förderte die Aufführungen in Berlin. Ein Gespräch mit der künstlerischen Leiterin des Ensembles und Autorin des Stückes, Lara Sophie Milagro, über die schwere Stellung von Schwarzen Deutschen im Theater und die Arbeit von Label Noir.

AAS: Was ist das Anliegen von Label Noir?

Lara Sophie Milagro: Zunächst sind wir alle professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler. Alle von uns haben schon am Staatstheater und /oder in der freien Szene gespielt. Wir haben uns zusammengefunden, um schwarze Schauspieler auf deutschen Bühnen sicht- und hörbar zu machen. Und zwar nicht in Klischee-Rollen sondern in ganz normalen: in antiken, in klassischen, in modernen – in komplexen interessanten Rollen. Allgemeiner gesprochen möchten wir die Vorstellungen davon, was deutsch ist und deutsch sein kann, ändern und erweitern. Die kulturelle Identität ist nicht das äußere Erscheinungsbild eines Menschen. Außerdem möchten wir einfach interessantes Theater für alle machen.

AAS: Was sind ihre alltäglichen Erfahrungen als Schwarze am deutschen Theater?

Milagro: Die gravierendsten Diskriminierungen sind Besetzungsfragen, etwa wenn Schwarze sexualisierte Rollen spielen sollen oder als nicht sonderlich intelligente Nebenfiguren auftreten. Das greift tief in die eigene Identität ein. Unsere deutsche Kultur dürfen wir fast nie präsentieren, was sehr schmerzlich ist. Abgesehen davon gibt es am Theater die gleichen Erlebnisse wie sonst im Alltag auch: Menschen, die wir gerade erst kennen gelernt haben, stellen uns sehr persönliche Fragen nach unseren Eltern oder unserer „Herkunft“ oder wollen unsere Haare anfassen. Wir werden nicht wirklich ernst genommen, als Objekt betrachtet und exotisiert. All das passiert leider auch am Theater.

AAS: Wie ist „Label Noir“ entstanden?

Milagro: Die ursprüngliche Gruppe nannte sich „Libération Noire“, wobei die meisten damaligen Mitgliedern inzwischen aufgehört haben. Seit Anfang 2008 war ich künstlerische Leiterin des Ensembles. 2009 benannte sich das Ensemble in „Label Noir“ um, seit Winter 2009 arbeitet es in seiner heutigen Besetzung zusammen, gemeinsam mit Vanessa Rottenburg bin ich in der künstlerischen Leitung. Mit ihr gemeinsam habe ich auch bei „Heimat, Bittersüße Heimat“ Regie geführt. Wir haben die Idee entwickelt, ein Netzwerk für schwarze Menschen die künstlerisch tätig sind zu schaffen. Dabei wollen wir uns in Zukunft europaweit vernetzen und neben dem Theater auch andere Kunstformen mit einschließen.

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