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„Wir waren die Mohren, die man da brauchte“ – Lesung mit Theodor Michael in Berlin

Theodor Michael

Die Geschichte Schwarzer Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus ist eine Geschichte der Rassenpolitik, der Isolierung und der Verfolgung. Es gibt aber auch die anderen Geschichten – von Kolonialmigration und Instrumentalisierung.
Theodor Michael wird 1925 als Sohn eines Kameruner Kolonialmigranten und dessen deutscher Ehefrau in Berlin geboren. Nur ein Jahr später stirbt seine Mutter, die Pflegefamilie setzt ihn als Komparsen bei einer sogenannten „Völkerschau“ ein. Mit der Blüte des Kolonialismus und der Sehnsucht nach vermeintlicher „Exotik“ findet diese Form der rassistischen Zurschaustellung große Verbreitung in Europa und zieht ein Massenpublikum an.

Schwarzer Deutscher für die Propaganda

Unterwerfung und Instrumentalisierung der eigenen Person prägen fortan den Lebensweg von Theodor Michael. Wegen seiner Hautfarbe kann Michael keine Ausbildung aufnehmen und muss sich seinen Lebensunterhalt als Zirkusdarsteller verdienen. Als Komparse spielt er in Filmen der UFA mit. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda dreht bis 1942 etwa 100 Kolonialfilme, die die Kolonialzeit glorifizieren. Hierfür wurden Schwarze Darsteller instrumentalisiert, die dafür der Verfolgung entgingen. Über die Intention der Filme war sich Theodor Michael im Klaren: „Wir waren die Mohren, die man da brauchte. Für uns war das eine Existenzfrage.“ Die Instrumentalisierung für die Nazi-Propaganda hat ihm damals das Leben gerettet.

1943 wird er zur Zwangsarbeit verpflichtet und in einem Arbeitslager interniert. Erst nach Ende des zweiten Weltkriegs kann Theodor Michael das Abitur machen und studieren. Er wird Chefredakteur der Zeitschrift „Afrika Bulletin“ und kann endlich qualifizierte Schauspielrollen übernehmen.

Theodor Michaels Lebensgeschichte ist ein bewegendes Zeitzeugnis und steht stellvertretend für die Schicksale schwarzer Deutscher. Wie nötig die Besinnung auf die Geschichte schwarzer Menschen ist, zeigt die Debatte um den Gebrauch des Unwortes „Neger“. Katharina Oguntuye, Leiterin des Vereins Joliba e.V. findet die Debatte trotz ihrer Schärfe sehr wichtig: „Selbst wenn viele Beiträge sehr hässlich sind, sind sie ein wichtiges Barometer, um zu zeigen, wo unsere Gesellschaft derzeit steht. Und wo, vor allem auch in den Institutionen, man gegen Rassismus vorgehen sollte.“

Denkmuster aufbrechen

„Schwarzsein“ und „Deutschsein“ sind keine Gegensätze. Vielmehr prägen Schwarze Deutsche schon lange Deutsche Geschichte. Eine Feststellung, die heute noch keineswegs selbstverständlich ist. „Meine Familie ist seit mehr als hundert Jahren in Deutschland“, sagt Theodor Michael. „Seitdem sind wir Deutsche“, sagt er, nicht ohne Stolz.

Dass Theodor Michael seinen Lebensbericht aufgeschrieben hat, ist ein großer Glücksfall. Seine Autobiographie wird im Herbst erscheinen. Der afro-deutsche Verein Joliba e.V kann den Zeitzeugen mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung für eine einzigartige Lesung aus seinem Werk nach Berlin holen. Wegen Theodor Michaels Gesundheitszustand war bis zuletzt unklar, ob dies möglich sein würde. Umso wichtiger war es uns, diese Lesung kurzfristig möglich zu machen.

Eine Tonaufnahme, sowie eine Videoaufzeichnung der Veranstaltung sind geplant.
Die Lesung findet am Donnerstag dem 21.02.2013 um 19 Uhr statt. Veranstaltungsort ist der Lichthof der Humboldt Universität Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin.

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