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„Diesem Hass liegen Lügen zugrunde“ – Newsletter November 2020

In eigener Sache

Liebe Leserinnen und Leser,

 

wie erleichtert sind wir über die Abwahl von Donald Trump und dass die Gewalt in den USA nicht weiter eskaliert ist. Denn die Wahl in den USA bedeutet weit mehr als den Amtswechsel zweier Kontrahenten. In den letzten Jahren hatten wir es mit einem massiven Anstieg von Hass im Netz zu tun. Diesem Hass liegen Lügen zugrunde. Die Folgen von Trumps Amtszeit zeigen sich auch hier darin, dass eine weitere Stufe der Entfesselung von Hass und rechtsextremer Gewaltphantasie erreicht ist. Das Muster gegenseitiger Konkurrenz in der Radikalisierung ist typisch für die sozialen Medien.

 

Es macht jeden Menschen fassungslos, wenn seine eindeutigen Wahrnehmungen geleugnet, wenn Fakten zu Lügen umgedeutet werden. Fassungslos, denn es stellt sich ein Gefühl von Ohnmacht ein, wenn jemand bei glänzendem Sonnenschein behauptet, dass es in Strömen regnete. Das Offensichtliche hämisch zu leugnen verletzt die Sinne der Vernunft des Gegenübers, sie führt beim Lügner selbst geradewegs in das Irrationale. Dieser Vorgang ist hochgradig aggressiv. Und wenn ein amerikanischer Präsident selbst über vier Jahre dieses Spiel betreibt, entsteht selbstverständlich eine Spaltung in der Gesellschaft. Schlimmer wäre es, wenn dies nicht geschehen würde, wenn alle dem Pfad des aggressiven Lügens folgen würden. Ja, es sind in den USA viele Menschen diesem Pfad gefolgt, aber es gibt keinen Anlass, dass sich ausgerechnet die Deutschen deswegen als Lehrmeister aufspielen. Im Deutschland des Nationalsozialismus mit seinem Vernichtungswahn und Tötungsmaschinerie waren es viel mehr.

 

In diesem November fand das Gedenken an den Jahrestag der Pogrome von 1938, dem Auftakt für die Verfolgung und Ermordung der Juden online statt. Klar, das geht nicht anders in Zeiten der Pandemie. Dass jedoch gleichzeitig tausende Gegner der Corona-Maßnahmen ohne jeden Infektionsschutz in Leipzig Bürgerkrieg spielen konnten, kann man nur mit Fassungslosigkeit zur Kenntnis nehmen. Die Polizei war unvorbereitet, kapitulierte an manchen Stellen sogar vor dem rechtsextremen Mob. Das war kein friedlicher Protest aus Sorge vor demokratischen Standards in Corona-Zeiten. Das war ein Aufmarsch der Verschwörungsideologen. Und viele von ihnen sind durch die amerikanische QAnon-Bewegung, deren Held Donald Trump ist, inspiriert worden.

 

Jetzt ist es vorbei mit Donald Trump. Die Wahl hat einen Sieger. Es ist der Wunsch der Mehrheit der Amerikaner zu dem zurückzukehren, was viele bisher nur für eine Show gehalten haben: die Tradition, sich an Regeln zu halten, respektvoll und würdig zu handeln. Allein das ist wertvoll; wie sehr, merkt man, wenn es fehlt. Denn ob die Stimmung voller Lügen und Hass ist oder eben nicht, macht einen großen Unterschied. Diese Erfahrung ist auch für uns in Deutschland wichtig. Erinnerungskultur, Umgangskultur, demokratische Kultur zu bewahren und vor Hass, Lügen und Aggression zu schützen, auch wenn es "nur" fahrlässig geschieht, ist nicht egal.

 

Deshalb finden wir es wichtig, in Würde zu erinnern. An all diejenigen, die Opfer von Rechtsextremismus und Islamismus wurden. Und an die Toten der Shoa.

 

Ihre Anetta Kahane

Anetta Kahane. Foto: © Peter van Heesen

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