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Förderberichte des Opferfonds CURA

2023

Im Jahr 2023 unterstützte der Opferfonds CURA mithilfe seiner Spender*innen Betroffene rechter Gewalt in 81 Fällen mit einer Summe von insgesamt 54.082,25 Euro (Stand Dezember 2023). Die Unterstützungssumme stieg damit, wie auch schon im vergangenen Jahr, weiter an. Die Anzahl der Anträge war im Jahr 2023 so hoch wie nie zuvor seit Bestehen des Opferfonds CURA. In den meisten Fällen, in denen CURA Betroffene unterstützte, waren die Taten rassistisch motiviert, auch zahlreiche Fällen von queerfeindlicher und antisemitischer Gewalt waren darunter. Außerdem stieg die Zahl der Unterstützungsfälle, in denen Betroffene wegen ihrer (zugeschriebenen) „linken“ politischen Einstellung angegriffen wurden, im Vergleich zu 2022 deutlich an.

 

Häufig fanden die Taten im direkten Wohnumfeld der Betroffenen statt. Teilweise wurden sie von Nachbar*innen schon über einen langen Zeitraum immer wieder bedroht, schikaniert und angegriffen. CURA half den Betroffenen in solchen Fällen unter anderem bei der Installation von Sicherheitsmaßnahmen. In besonders drastischen Fällen blieb den Betroffenen aber aufgrund der Bedrohung und der Belastung durch die Situation keine andere Möglichkeit, als wegzuziehen. Hier half der Opferfonds CURA bei der Bewältigung der damit verbundenen Kosten.

 

Auch auf der Straße, in Lokalen oder öffentlichen Verkehrsmitteln fanden die rechten Gewalttaten statt und führten dazu, dass Betroffene in ihrem Alltag enorm eingeschränkt wurden und sich an bestimmten Orten gar nicht mehr oder nur unter großen Ängsten bewegen konnten. Mehrere der Betroffenen, die CURA unterstützte, wurden am Arbeitsplatz rassistisch schikaniert, beleidigt oder körperlich angegriffen. In einigen Fällen führte dies sogar dazu, dass die Betroffenen ihre Arbeitsstelle verloren. So kam zu der psychischen Belastung durch die Taten auch eine finanzielle Notlage.

Der Opferfonds CURA übernahm in einigen Fällen, in denen Betroffene durch die Angriffe teilweise schwer körperlich verletzt wurden, die Kosten für medizinische Behandlungsmaßnahmen oder die Kosten für die Fahrt zu Behandlungen. Auch durch die Übernahme von Lebenshaltungskosten, beispielsweise, wenn Betroffene durch Verletzungen und Erkrankungen durch die Angriffe von Einkommensausfällen betroffen waren, unterstützte CURA.

 

Mehrfach wurden die Betroffenen durch die Täter*innen im Nachhinein beschuldigt, selbst für die Taten verantwortlich zu sein, oder sie angriffen zu haben. Mit falschen Vorwürfen wurden sie angezeigt und so vom Opfer zur Täter*in erklärt. Diese Strategie wird gezielt angewendet, um Betroffene einzuschüchtern und daran zu hindern, selbst rechtlich gegen die Täter*innen vorzugehen. Die Betroffenen waren durch die Anzeigen und falschen Vorwürfe mit hohen Anwält*innen- und Gerichtskosten konfrontiert, bei denen der Opferfonds CURA sie unterstützte. Aber auch wenn die Betroffenen selber den Mut und die Kraft aufbrachten, juristisch gegen die Täter*innen vorzugehen, unterstützte sie der Opferfonds CURA bei den Kosten für die anwaltliche Vertretung. Auch Kosten für zerstörte Gegenstände oder Kleidung, Erholungsurlaub oder Selbstverteidigungskurse zur Wiederherstellung eines durch Angriffe zerstörten Sicherheitsgefühls übernahm der Opferfonds CURA.

 

In zahlreichen Fällen wurden Betroffene angegriffen, nachdem sie couragiert bei gewaltsamen Angriffen eingeschritten sind, sich gegen Rechtsextremismus eingesetzt, oder rassistische und antisemitische Aussagen nicht unwidersprochen stehen gelassen haben.

So beispielsweise Herr T., der in seinem Wohnort zufällig an einer rechtsextremen und verschwörungsideologischen Demonstration vorbeiläuft. Er macht deutlich, mit deren Parolen nicht übereinzustimmen. Ein vor Ort bekannter Rechtsextremist greift ihn gewaltsam an und stößt ihn zu Boden. Weitere Demonstrationsteilnehmer*innen kommen hinzu und versuchen, sich am Angriff auf Herrn T. zu beteiligen. Die Tat und ihre Folgen belasten ihn psychisch stark. Weil die Täter im gleichen Ort wohnen, ist er nach wie vor einer Bedrohung ausgesetzt und macht sich große Sorgen um die Sicherheit seiner Familie. Eine weitere enorme Belastung: Der Täter verdreht die Tatsachen und zeigt T. wegen Körperverletzung an. Um sich gegen diese falschen Vorwürfe verteidigen zu können, benötigt Herr T. eine anwaltliche Vertretung, der Opferfonds CURA unterstützt ihn bei den Kosten. Mit Erfolg: Herr T. kann die Einstellung der Ermittlungen gegen sich erreichen.

 

Viele der Betroffenen, die CURA unterstützte, waren Geflüchtete. Nicht nur auf offener Straße wurden sie angegriffen, wie im Fall von Frau B. Sie erlebte in ihrem Wohnort schon früher etliche rassistische Anfeindungen und Bedrohungen. Eines Abends wird sie auf dem Heimweg vom Bahnhof zu der Unterkunft, in der sie lebte, von einem unbekannten Mann mit einem Messer bedroht. Über mehrere Wochen traut sie sich nicht, ihre Unterkunft zu verlassen. Der Opferfonds CURA übernimmt die Kosten für einen Selbstbehauptungskurs, um Frau B. dabei zu unterstützen, ihr zerstörtes Sicherheitsgefühl zu stärken. Auch innerhalb von Geflüchtetenunterkünften kam es mehrfach zu Angriffen auf Bewohner*innen, beispielsweise durch Sicherheitsmitarbeiter*innen, die Betroffene teilweise schwer verletzten.

 

Auffällig war 2023 außerdem, dass die rechte Gewalt in mehreren Fällen in Form von Brandanschlägen ausgeübt wurde. Betroffen war davon beispielsweise Familie A. Über mehrere Jahre wurden immer wieder Gegenstände wie beispielsweise Möbel, Kleidung oder Kinderwagen, auf die die Familie in ihrem Alltag dringend angewiesen ist, von Nachbar*innen angezündet. Das hat nicht nur große finanzielle Herausforderungen zur Folge, da die zerstörten Gegenstände immer wieder ersetzt werden müssen, sondern führt auch zu Ängsten und Unwohlsein im eigenen Zuhause. Um zumindest hinsichtlich der finanziellen Belastung etwas Abhilfe zu schaffen, unterstützte der Opferfonds CURA Familie mit einem Zuschuss zu den Kosten für die Wiederbeschaffung der zerstörten Gegenstände.

Die Anfragen auf Unterstützung für Betroffene, die bei CURA dieses Jahr so zahlreich waren wie nie zuvor, machen nicht nur die erschreckende Entwicklung von rechter, rassistischer, antisemitischer und anderer menschenverachtender Gewalt deutlich, sondern auch die dringende Notwendigkeit einer solidarischen Zivilgesellschaft, die sich dem entgegenstellt. Die Spender*innen des Opferfonds CURA machen diese Solidarität praktisch. Sie ermöglichen die finanzielle Unterstützung der Betroffenen und senden Ihnen damit eine wichtige Botschaft: wir lassen euch nicht alleine, sondern stehen an eurer Seite.

2022

2022 unterstützte der Opferfonds CURA Betroffene von rechter Gewalt in 89 Fällen mit insgesamt 57.836,22 Euro (Stand Dezember 2022). Sowohl die Fallzahlen, als auch die Fördersumme stiegen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich an. Auch in diesem Jahr waren die Taten meist rassistisch motiviert und fanden häufig im direkten Wohnumfeld der Betroffenen statt, was unter anderem zu erzwungenen Umzügen und einer starken Erschütterung des allgemeinen Sicherheitsgefühls bei den Betroffenen führte.

 

Neben der Erstattung zerstörter dringend benötigter Gegenstände, Umzugskosten oder Sicherheitsvorkehrungen an der Privatwohnung wurden Betroffene durch den Opferfonds CURA in einem großen Teil der Fälle durch die Übernahme von Anwält*innenkosten unterstützt. Dabei ging es nicht nur um die anwaltliche Vertretung bei Nebenklagen oder Strafanzeigen durch die Betroffenen. In vielen Fällen waren Betroffene neben den unmittelbaren Folgen der Taten mit Gegenanzeigen und falschen Beschuldigungen konfrontiert, gegen die sie sich verteidigen mussten. Diese Strategie der Täter-Opfer-Umkehr wird häufig von Täter*innen genutzt, um die Betroffenen einzuschüchtern und davon abzuhalten, juristische Schritte einzuleiten. In einigen Fällen unterstützte CURA zudem durch die Übernahme von therapeutischen Behandlungskosten oder finanzielle Zuschüsse zu Erholungsreisen, durch die Betroffene einen vorübergehenden Abstand zu dem Erlebten gewinnen und sich psychisch etwas erholen konnten.

 

In der überwiegenden Anzahl der Fälle waren die Taten rassistisch motiviert. CURA unterstützte außerdem bei queerfeindlichen und antisemitischen Taten sowie Bedrohungen und Angriffen aufgrund des politischen Engagements der Betroffenen gegen Rechtsextremismus oder Verschwörungsideologien.

 

Auch in diesem Jahr unterstützte CURA zahlreiche Betroffene, die von ihren direkten Nachbar*innen teilweise über Jahre hinweg beschimpft, bedroht und angegriffen wurden. Solche Angriffe durch Nachbar*innen zeigen eine besondere Enthemmung: die Täter*innen sind leicht identifizierbar, treffen teils täglich auf die Betroffenen und scheinen sich dennoch sicher vor den Konsequenzen ihrer Taten zu fühlen. Zudem sind solche Angriffe für Betroffene besonders belastend, da ihnen ihr sicherer Rückzugsraum genommen und ihr allgemeines Sicherheitsgefühl schwer beschädigt wird.

 

Eine Familie, die Unterstützung durch CURA erhielt, war immer wieder mit dem antimuslimischen Rassismus ihres Nachbarn konfrontiert. So verfolgte er die beiden Töchter und ihren Vater im Auto auf dem Weg zur Schule, lauerte ihnen immer wieder auf, stalkte und bedrohte sie mit antimuslimischen Gesten und Parolen. Zudem beschädigte er wiederholt ihr Auto und ritzte ein Hakenkreuz in den Lack. Die Familie ist durch die Taten psychisch stark belastet, insbesondere auf dem Weg zur Schule und zur Arbeitsstelle begleiten sie starke Ängste. Um zumindest die finanzielle Belastung der Angriffe etwas zu erleichtern, übernahm der Opferfonds CURA die angefallenen Reparaturkosten am Auto.

 

In einem Fall von rassistischer Polizeigewalt unterstützte CURA Herrn F. Bei dem Versuch, einen Streit unter angetrunkenen Personen vor einem Supermarkt zu schlichten, wurde er gewaltsam festgenommen und in einem Polizeiauto auf brutale Weise körperlich misshandelt. Er erlitt dabei Verletzungen, durch die er bis heute Einschränkungen und Schmerzen erleidet. Nachdem Herr F. eine Anzeige wegen Körperverletzung im Amt gestellt hatte, reagierten die Polizeibeamt*innen mit einer Gegenanzeige wegen Falschaussage gegen Herrn F. Auch hier zeigte sich eine übliche Praxis der Täter-Opfer-Umkehr. Neben enormen psychischen stellen diese Verfahren auch große finanzielle Belastungen für Herrn F. dar. Durch den Opferfonds CURA erhielt er daher eine Unterstützung bei der Begleichung der Anwält*innenkosten.

 

CURA unterstütz neben Einzelpersonen auch Organisationen oder Institutionen, die durch rechte Gewalt betroffen sind. In diesem Jahr betraf dies beispielsweise eine jüdische Gemeinde, die nach dem antisemitischen rechtsterroristischen Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 seit mehr als zwei Jahre auf staatliche finanzielle Hilfen für notwendige Schutzmaßnahmen wartete. Die anhaltende Bedrohungslage, mit der jüdische Gemeinden in Deutschland konfrontiert sind, spitzte sich in diesem Fall enorm zu: Von den Sicherheitsbehörden, die eigentlich zum Schutz der Gemeinde verpflichtet sind, ging ein zusätzlicher Bedrohungsfaktor aus. Der Polizeibeamte, der das Sicherheitsgutachten für die Gemeinde erstellte und somit über sensibles Wissen verfügte, trat auf Querdenken-Demonstrationen auf, äußerte sich antisemitisch und verschwörungsideologisch und pflegte Verbindungen zu Reichsbürger*innen. Trotz seiner Suspendierung aus dem Dienst ist die Gemeinde stark verunsichert und fürchtet um die Sicherheit ihrer Mitglieder. Um in dieser extremen Bedrohungssituation dennoch Feierlichkeiten zu Jom Kippur durchführen zu können, waren Sicherheitsmaßnahmen notwendig, bei deren Finanzierung die Gemeinde einen Zuschuss durch den Opferfonds CURA erhielt.

 

Die Unterstützung durch den Opferfonds CURA und seine Spender*innen schafft für Betroffene nicht nur finanzielle Entlastung, sondern sie sendet ihnen auch ein wichtiges Zeichen der Solidarität und Anerkennung ihrer Erfahrungen.

2021

Der Opferfonds CURA unterstützte im Jahr 2021 in 69 Fällen rechter Gewalt. Die Betroffenen rassistischer, antisemitischer und queerfeindlicher Gewalt bekamen in diesem Jahr finanzielle Unterstützung in Höhe von insgesamt 45.788,84 Euro. 

 

Wie schon im letzten Jahr zeichnete sich ein Anstieg rechter Gewalt aus der direkten Nachbar*innenschaft ab. So mussten viele Personen und Familien vor dieser rassistischen oder antisemitischen Gewalt in eine sicherere Umgebung fliehen. CURA konnte den Opfern unter anderem durch die Beteiligung an den Umzugskosten helfen. Wie auch im Falle von Frau A. Die alleinstehende Frau wurde von einem anderen Hausbewohner so heftig angegriffen, dass sie nach langer Wehrhaftigkeit keine andere Möglichkeit mehr sah, als in eine sichere Umgebung umzuziehen. Auffällig ist, dass sich für Frauen oftmals die Dimension von rechter Gewalt um sexualisierte Gewalt erweitert. Die finanziellen Belastungen der Opfer rechter Gewalt waren unterschiedlichster Art. Neben den Kosten für einen Umzug, waren es unter anderem Kosten für Therapeut*innengespräche oder Anwält*innenkosten, um sich gegen die Täter*innen zu wehren.

 

In einem anderen Fall, den CURA in diesem Jahr unterstützte, musste sich eine Familie nach einer jahrelangen Verleumdungskampagne und rassistischer Terrorisierung durch einen Nachbarn, die in einen Mordanschlag durch die Manipulation am PKW der Familie gipfelte, strafrechtlich zur Wehr setzen. Viele weitere Anfragen bezüglich einer solchen Unterstützung für Anwält*innen- oder Verfahrenskosten erreichten das Projekt in diesem Jahr. Diese entstanden häufig, da die Behörden weder die Angriffe noch die Betroffenen ernst nahmen. Teilweise wurden gestellte Anzeigen aufgrund einer rassistisch motivierten Täter*innen-Opfer-Umkehr umgekehrt, indem von den Täter*innen Anzeigen gegen die Betroffenen gestellt wurden.

 

Eine weitere Form rechter Gewalt, die in den Anträgen an den Opferfonds CURA geschildert wurde, ist die gezielte Gewalt gegen Menschen, die sich in links-alternativen Milieus aufhalten und/oder sich aktiv gegen rechte Strukturen und Rechtsextreme einsetzen. So ersuchte dieses Jahr ein Betroffener finanzielle Hilfe, dessen Wohnanhänger während eines Brandanschlags auf ein links-alternatives Kulturzentrum angezündet wurde. Hier verlor der Betroffene nicht nur sein Dach über dem Kopf, sondern ebenso einen wichtigen Teil seines kleinen Gewerbebetriebes. CURA konnte ihm bei der Bewältigung der Reparaturkosten helfen. Ebenso konnte der in einem Jugendclub engagierte Herr F. durch den Opferfonds finanziell unterstützt werden. Der Betroffene musste sich 2021 Kosten stellen, welche wegen des wiederholten Angriffs auf seinen Druckgeschäft durch Neonazis entstanden sind.

Besonders erschütterte uns außerdem ein Brandanschlag in Nordrhein-Westfalen. Ein Mann bedrohte eine Familie und bewarf sie aus rassistischen Motiven mit Molotov-Cocktails. Dieser Anschlag hatte gravierende psychische und emotionale Folgen für die Betroffenen. Auch eine Mitarbeiterin in einem nahegelegenen Laden für bulgarische Spezialitäten wurde direkt vor dem Anschlag vom Täter angeschrien und bedroht. Um sich von diesem furchtbaren Angriff zumindest teilweise zu erholen und um Abstand von der Situation zu bekommen, half der Opferfonds CURA der Familie und den Angehörigen sowie der traumatisierten Verkäuferin bei der Finanzierung einer Erholungsreise.

 

Für die Betroffenen rechter Gewalt hat die kontinuierliche Terrorisierung sowie jeder einzelne Angriff verschiedenste Folgen auf finanzieller, mentaler und materieller Ebene. Dank der Spender*innen konnte CURA auch in diesem Jahr die Betroffenen rechter Gewalt unterstützen.

2020

Der Opferfonds CURA unterstütze Betroffene von rechter, rassistischer, antisemitischer und queerfeindlicher Gewalt im Jahr 2020 mit 29.989,86 Euro in 58 Fällen. Zur Unterstützung der Betroffenen des rechtsterroristischen Anschlags in Hanau startete die Amadeu Antonio Stiftung zudem gemeinsam mit anderen Organisationen eine Spendensammlung. Damit konnten bis Ende 2020 über 80 Betroffene mit insgesamt über 100.000 Euro unterstützt werden.

 

Am Abend des 19.Feburauar 2020 wurden bei dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau neun Menschen getötet: Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. Die jungen Menschen, die teilweise untereinander gut befreundet und gemeinsam in Hanau Kesselstadt aufgewachsen waren, wurden von einem Rechtsterroristen auf offener Straße, auf einem Parkplatz, in zwei Bars, einer Shisha-Lounge und einem Kiosk aus rassistischen Motiven ermordet. Fehler beim Polizeieinsatz an dem Abend sowie im Umgang der Behörden mit den Betroffenen stellten eine zusätzliche Belastung zu den Verlusten geliebter Menschen und den traumatischen Erfahrungen dar. Viele Recherchen zu Versäumnissen und Fehlverhalten der Behörden unternahmen die Betroffenen selbst, leisteten Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit mit ihrer nach dem Anschlag gegründeten „Initiative 19. Februar Hanau“.

 

Für die Angehörigen und Freund*innen der Opfer, für Überlebende und weitere Betroffene bedeutet der Anschlag nicht nur ein enormes psychisches und physisches Leid, sondern häufig auch große finanzielle Belastungen durch Arbeitsunfähigkeit, Therapie-, Bestattungs- oder Anwält*innenkosten, notwendige Umzüge oder Fahrten. Um bei der Bewältigung dieser Kosten zu unterstützen, startete die Amadeu Antonio Stiftung gemeinsam mit Partner*innen eine Spendensammlung. Neben den direkt Betroffenen und Angehörigen der Ermordeten, wurden auch mit einem kleineren Teil der Spenden indirekt Betroffene unterstützt, so zum Beispiel Freund*innen und Mitarbeiter*innen der angegriffenen Lokale, die zur Tatzeit nicht vor Ort waren und durch die anschließende Schließung starke Einschnitte in ihren Lebensunterhalt hatten.

 

Ein wichtiges Anliegen von CURA ist es unter anderem, Betroffenen rechter Gewalt den Zugang zu Rechtsprechung zu erleichtern. Dieser wird ihnen häufig durch Hindernisse wie institutionellem Rassismus erschwert. So wurde zum Beispiel ein Nebenkläger im Prozess um den Mord an Walter Lübcke mit Fahrt- und Unterkunftskosten unterstützt. Die Unterstützung durch CURA trug dazu bei, dass er regelmäßig an den Verhandlungen auch jenseits seiner Zeugenaussagen teilnehmen konnte.
Der Betroffene wurde bereits 2016 Opfer eines Mordversuchs durch den selben rechtsextremen Täter, der auch Walter Lübcke ermordet hat. Er war am Abend auf dem Weg von der Geflüchtetenunterkunft, in der er lebte, zu einer Tankstelle, um sich Zigaretten zu kaufen, als er mit einem Messer niedergestochen wurde. Nachdem die Ermittlungen wegen versuchten Mordes 2016 ohne Untersuchung eines rassistischen Tatmotivs eingestellt wurden, war es für den Betroffenen besonders wichtig, den Prozess um den Mord an Walter Lübcke verfolgen zu können, um ein besseren Umgang mit seinen traumatischen Erfahrungen zu finden.

 

Ein weiterer Betroffener rechter Gewalt, den CURA 2020 unterstützte, wurde wiederholt an seinem Arbeitsplatz rassistisch beleidigt. Seine Arbeitskleidung, die er selber finanzieren musste, wurde mehrfach zerschnitten. Aufgrund der psychischen Belastung war der Betroffene für eine so lange Zeit arbeitsunfähig und krankgeschrieben, dass er aus der Lohnfortzahlung ausschied. Sein Arbeitgeber, der selber an der rassistischen Behandlung des Betroffenen beteiligt war, hatte ihn jedoch von der Krankenversicherung abgemeldet, sodass auch das Krankengeld wegfiel. Da er nicht gekündigt wurde, erhielt er über Monate hinweg weder Lohn, noch Kranken- oder Arbeitslosengeld, sodass er ohne Einkommen dastand. Der Opferfonds CURA unterstützte den Betroffenen bei der Bewältigung des durch die finanzielle Notlage entstandenen Mietrückstandes.

 

Auch in diesem Jahr war die Mehrzahl der Fälle, in denen CURA Betroffene unterstützte, rassistisch motivierte Taten. Auffällig ist, dass die Betroffenen häufig von Personen aus ihrem direkten Wohnumfeld angegriffen wurden. Insbesondere solche Taten stellen für die Betroffenen eine starke Erschütterung des allgemeinen Sicherheitsgefühls dar, weshalb CURA mehrfach bei notwendigen Umzügen oder der Anbringung von Sicherheitsmaßnahmen unterstützte. Außerdem kam es in vielen Fällen zu einer Täter*innen-Opfer-Umkehr, sodass die Betroffenen mit einer Anzeige gegen sich selbst konfrontiert waren, was neben den psychischen und physischen Folgen einer Tat eine zusätzliche enorme Belastung darstellt. Hier unterstützte CURA bei der Finanzierung der notwendigen anwaltlichen Betreuung.

2019

Im Jahr 2019 unterstützte der Opferfonds CURA in 47 Fällen Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt mit insgesamt 23.947,21 Euro. Dazu zählen auch Betroffene des rechtsterroristischen Anschlags in Halle (Saale), die sich auf die schnelle und unbürokratische Unterstützung des Opferfonds verlassen konnten. Zudem fiel in der Förderung besonders eine Serie von Brandanschlägen gegen alternative Wohnprojekte im Großraum Frankfurt am Main auf.

 

Am 9. Oktober verübte ein Rechtsterrorist einen Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale. Er versuchte sich Zutritt zu der Synagoge zu verschaffen, in der über 50 Jüdinnen und Juden Jom Kippur feierten. Als ihm das nicht gelang, erschoss er die 40-jährige Jana L. hinterrücks auf offener Straße. Danach fuhr er weiter zu einem nahegelegenen Döner-Imbiss, verletzte dort mehrere Personen und erschoss in den Räumen des Kiez-Döners auch den 20-jährigen Kevin S. Danach flüchtete der Täter und verletzte noch weitere Personen auf seiner Flucht, bis ihn die Polizei festnehmen konnte.

 

Der Kiez-Döner war in der Folge des Anschlags für 40 Tage geschlossen. Der Verkaufsraum wurde in dieser Zeit in Teilen renoviert. Dabei entstand auch eine Gedenkwand für die beiden Ermordeten, Kevin S. und Jana L. Der Opferfonds CURA unterstützte den Kiez-Döner mit finanziellen Mitteln bei der Renovierung sowie der Übernahme von angefallenen Kosten während der geschlossenen Zeit.

 

In diesem Jahr hat CURA außerdem in mehreren Fällen Betroffene einer mutmaßlichen Serie von Angriffen unterstützt. Im Großraum Frankfurt am Main begann im September 2018 eine Serie von Brandanschlägen gegen alternative Haus- und Kulturprojekte. Glücklicherweise kam bei keinem Fall eine Person ums Leben, jedoch brannte ein Haus bis zur Unbewohnbarkeit nieder. Die Serie setzte sich noch bis Oktober dieses Jahres fort. Bei einem dieser Fälle verlor ein Betroffener all seine Habseligkeiten. Mithilfe des Opferfonds CURA konnte er sich zumindest die nötigsten Dinge erneut kaufen. Auch eine Wohngemeinschaft verlor viele Gegenstände ihres Hausrates bei einem Feuer. Der Opferfonds CURA unterstützte auch sie bei der Anschaffung neuer Geräte und der Übernahme von angefallen Kosten durch die Löscharbeiten.

 

Auch in diesem Jahr überwog ein Tatmotiv. In der Mehrzahl der Fälle, in denen der Opferfons CURA aktiv wurde, waren die Angriffe sehr wahrscheinlich rassistisch motiviert. Die Folgen der rassistischen Angriffe waren häufig psychische oder körperliche Beschwerden, bei deren Behandlung der Opferfonds CURA unterstützte, oder eine Erschütterung des Sicherheitsgefühl in der eigenen Wohnumgebung, weshalb CURA in mehreren Fällen bei Umzügen oder der Anbringung von Sicherheitsvorkehrungen unterstützte. Aus den psychischen Folgen, die die Betroffenen durch die Angriffe erlitten, folgten häufig, z.B. durch Arbeitsunfähigkeit, auch finanzielle Notlagen, bei deren Bewältigung der Opferfonds CURA half. In mehreren Fällen kam es auch in diesem Jahr zu einer Täter:innen-Opfer-Umkehr und Anzeigen gegen die Opfer, wobei der Opferfonds CURA den Betroffenen durch die (teilweise) Übernahme von Altwält*innenkosten zur Seite stand. Weitere Tatmotive neben Rassismus waren Antisemitismus, Queerfeindlichkeit und Antiziganismus. Betroffen von rechter Gewalt waren außerdem Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren.

2018

Im Jahr 2018 unterstützte der Opferfonds CURA Betroffene rechter Gewalt mit 25.092,75 Euro. Auffällig ist in diesem Jahr, dass viele Gewalttaten im direkten Wohnumfeld und somit in nächster Nähe zu den Rückzugsorten der Betroffenen stattfanden. Ein Rückblick.

 

Kurz nach ihrem Einzug in die neue Wohnung entdeckte Frau V. verwundert Zigarettenstummel und Asche in ihrem Briefkasten. Schnell wurde klar, dass dies kein Zufall war, sondern ein erster Einschüchterungsversuch einer Nachbarin. Deren systematische rassistische Anfeindungen und Bedrohungen nahmen in der Folge kontinuierlich zu. Sie gipfelten in einem tätlichen Angriff, begleitet von rassistischen und antisemitischen Beleidigungen. „Du gehörst hier nicht her“ – das war die klare Botschaft an Frau V.

Von der Polizei wurde die Situation nicht ernst genommen, stattdessen wurde Frau V. abfällig behandelt und das Verfahren kurz darauf eingestellt. Auch nachdem es durch das Einwirken einer Opferberatungsstelle wiederaufgenommen wurde, zeigte sich keine Besserung der Situation, sodass sich Frau V. zum Umzug gezwungen sah. Der Opferfonds CURA unterstützte sie dabei.

 

Dieser Fall von Bedrohung aus dem direkten Wohnumfeld, der die Betroffenen in ihrem eigenen Zuhause trifft, ist nicht der Einzige, sondern steht beispielhaft für eine ganze Reihe von Fällen, in denen der Opferfonds CURA im Jahr 2018 Unterstützung leisten musste. Die Betroffenen wurden mit verbalen Bedrohungen über tätliche Angriffe bis zu angezündeten Autos direkt neben ihren Wohnhäusern konfrontiert. Häufig werden die Fälle von den Ermittlungsbehörden nicht ernst genommen oder die Täter*innen sind nicht zu ermitteln. Schnell kommt es zur Einstellung von Verfahren. In solchen Fällen wird der Opferfonds CURA aktiv und übernimmt Kosten für die Akteneinsicht durch Anwält*innen, um die Ermittlungen wieder anzuschieben.

 

Mit insgesamt 25.092,75 Euro unterstützte der Opferfonds CURA im Jahr 2018 Betroffene rechter Gewalt (Stand: November 2018). Neben Anwaltskosten ging es hierbei vor allem um die Unterstützung bei der Erstattung von Alltagsgegenständen, ohne die die Betroffenen stark in ihrem Leben eingeschränkt wären. So unterstützte CURA Herrn R. beim Kauf eines neuen Handys, das er dringend benötigt, um im Notfall die Polizei zu rufen und Kontakt zu seiner Familie in Syrien zu halten, oder auch Familie S. mit einem symbolischen Anteil beim Kauf eines neuen Autos. Zuvor war das alte Auto bei einem Brandanschlag vollkommen ausgebrannt, und Herr S. ist auf das Auto für den täglichen Weg zu seiner Arbeit angewiesen. In weiteren Fällen beglich CURA die anfallenden Kosten von Übersetzungen, die für die gerichtliche Aufarbeitung rassistischer Gewalttaten notwendig waren, wie Ärzt*innenberichte oder Therapeut*innengespräche.

Bei den meisten Fällen in diesem Jahr handelte es sich um rassistische Angriffe, oft „Gelegenheitstaten“, jedoch auch geplante Überfälle. So wurde in einem Fall der Betroffene in einen Hinterhalt gelockt, dann brutal zusammengeschlagen und letztlich mit schweren Verletzungen alleine zurückgelassen.

 

Am 20. September dieses Jahres jährte sich zudem zum zweiten Mal der Tod des damals 34-jährigen Eugeniu Botnari. Der Wohnungslose wurde beim Stehlen durch den damaligen Filialleiter André S. der Edeka-Filiale im Bahnhof Berlin-Lichtenberg beobachtet. Statt die Polizei zu rufen und die Tat anzuzeigen, verprügelte er Botnari mit Quarzhandschuhen in einem verschlossenen Raum der Filiale. Zwei Tage nach der Tat verstarb Eugeniu Botnari an den Folgen der brutalen Misshandlung. Zusammen mit anderen Initiativen und Anwohner*innen erinnerte der Opferfonds CURA am diesjährigen Todestag an das Opfer und warnte vor dem gesellschaftlichen Rassismus und der Feindlichkeit gegen Obdachlose, die diese Tat ermöglichten.

 

Dass der Opferfonds CURA Betroffene rechter Gewalt unterstützen kann, verdanken wir unseren Spender*innen.

2017

Die Notwendigkeit von CURA zeigt sich nicht zuletzt an der unverändert hohen Zahl der politisch motivierten Kriminalität-rechts für das Jahr 2016: Mit 23.555 rechtsextremen Straftaten und 1.698 Gewalttaten wurden die hohen Zahlen des Vorjahres (22.960 Straftaten, darunter 1.485 Gewalttaten) sogar noch übertroffen, wodurch gleichzeitig der höchste Stand seit der Reform zur Erfassung der PMK im Jahr 2001 verzeichnet wurde. Viele Betroffene rechter Gewalt erleben nach einem Angriff ein Gefühl der Ohnmacht. Der Opferfonds CURA bietet finanzielle Hilfe, damit die Opfer zurück in den Alltag finden. In 2017 wurde der Opferfonds CURA in 22 Fällen mit 18.208,53 Euro aktiv.


Der Opferfonds CURA half insbesondere Einzelpersonen, aber auch Organisationen, die sich für eine demokratische Zivilgesellschaft einsetzen. Gerade letztere sind immer wieder Angriffen und Attacken ausgesetzt: Im vorpommerschen Schmarsow dringen Unbekannte in den  Sitz des Vereins Land und Leute ein und hinterlassen einen Ort der Verwüstung. Ein ins Sofa eingeritztes Hakenkreuz sowie der Umstand, dass wenige Tage vor der Tat israelische Jugendliche in dem Gebäude untergebracht waren, sprechen für ein rechtsextremes bzw. antisemitisches Tatmotiv. Neben dem hohen Sachschaden bleibt nach wie vor ein Gefühl der Unsicherheit. Um dem Verein Land und Leute e.V., der im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern wertvolle zivilgesellschaftliche Arbeit leistet, bei dieser doppelten Belastung beizustehen, unterstützt der Opferfonds CURA die notwendigen Renovierungsarbeiten mit 2.000€, damit der Verein seine Arbeit schnell wieder wie gewohnt aufnehmen kann.

Der Opferfonds unterstützt Betroffene rechtsextremer, rassistischer oder antisemitischer Gewalt schnell und unbürokratisch. Wie im Fall eines geflüchteten Paares aus Syrien, welches in einer Plattenbausiedlung im Landkreis Spree-Neiße nähe Cottbus wohnte. Im Frühjahr dieses Jahres waren zwei Freund_Innen des Paares zu Besuch in der Wohnung. Als einer von ihnen am Fenster stand, wurde er von zwei Personen, die vor dem Fenster standen u.a. mit den Worten „Scheiß Ausländer, was macht ihr hier in unserem Land?“ beleidigt. Da das Paar eine der beiden Personen als einen Nachbarn erkannte, beschlossen die beiden Männer in der Wohnung zu dem Nachbarn zu gehen, um etwaige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Als sie aus dem Hauseingang traten, wurde sie unter anderem mittels eines Kopfstoßes attackiert und verletzt. Die beiden schwangeren Frauen sahen dies von der Wohnung aus und erlitten einen Shock und Blutungen im Unterleib. Eine der beiden Frauen verlor wenige Tage nach dem Angriff auf ihren Mann ihr Kind. Da das besuchende Paar in der Nähe des Tatorts wohnt und somit die Gefahr besteht, dass sie dort von den Tätern erneut aufgesucht werden, musste das Paar umziehen. Mithilfe des Opferfonds CURA konnten wir uns an den Umzugkosten beteiligen.

Wenn über menschenverachtende und rassistische Gewalt berichtet wird, stehen häufig die Täter_innen im Mittelpunkt. CURA sorgt in Kooperation mit lokalen Beratungsstellen dafür, dass es die Betroffenen sind, die nicht in Vergessenheit geraten.

All diese Erfolge wären ohne unsere Spenderinnen und Spender nicht möglich gewesen. Ihnen gilt unser ganz herzlicher Dank dafür, dass Sie die Arbeit der Amadeu Antonio Stiftung kontinuierlich unterstützen und damit überhaupt erst ermöglichen!

 

Maximilian Kirstein, 29.01.2018

2016

Wie schon im letzten Jahr zeigt sich auch 2016 ein massiver Anstieg der Vorfälle rechter Gewalt: Die Anzahl der rechtsextremen Straftaten, die durch das staatliche Erfassungssystem in der Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" erfasst wurden, sind im Vergleich zum Vorjahr um 34% gestiegen. Viele Betroffene rechter Gewalt erleben nach einem Angriff ein Gefühl der Ohnmacht. Der Opferfonds CURA bietet finanzielle Hilfe, damit die Opfer zurück in den Alltag finden. Im Jahr 2016 wurde der Opferfonds CURA bereits in 38 Fällen mit 61.878,74 Euro aktiv.

Eine große Spendenbereitschaft für den Opferfonds CURA gab es nach den Anschlägen im Leipziger Stadtteil Connewitz im Januar dieses Jahres. Am 11. Januar 2016 hatten über 200 Neonazis im linksalternativen Stadtteil Connewitz randaliert. Fensterscheiben zahlreicher Lokalitäten gingen zu Bruch und dutzende Autos wurden beschädigt. Hier sammelten der Opferfonds CURA zusammen mit dem Roten Stern Leipzig über 45.000 Euro für Ladenbesitzer, die von rechten Angriffen betroffen waren. Neben der finanziellen Unterstützung entlaste die Spendenbereitschaft auch die Seele, so die Inhaberin eines Leipziger Geschäftes nach dem Angriff.

Der Opferfonds CURA half darüber hinaus noch vielen anderen Einzelpersonen. Gerade Flüchtlinge sind immer wieder Angriffen und Attacken ausgesetzt: In Forst (Lausitz) wird ein Flüchtling auf dem Heimweg Opfer eines brutalen Angriffs. Die stark alkoholisierten Täter attackieren ihn und verletzen ihn so schwer, dass er sich nur mit Mühe in seine Unterkunft retten kann und dort die Polizei verständigt. Sein Smartphone, welches für das Lernen der deutschen Sprache sowie für den weiteren Ausgang seines Asylverfahrens entscheidend ist, wird dabei zerstört. Aufgrund seines ungewissen Aufenthaltsstatus fehlen ihm die finanziellen Mittel, um das defekte Gerät zu ersetzen. Der Opferfonds CURA half hier unbürokratisch, indem sich der Mann ein neues Smartphone kaufen konnte.

Ob bei der Übernahme der Kosten für Sachschäden, Anwaltskosten oder Therapiestunden – der Opferfonds CURA unterstützt Betroffene rechtsextremer, rassistischer oder antisemitischer Gewalt schnell und unbürokratisch. Wie im Fall eines aus dem Irak geflüchteten Mannes: Er wird von einer gewalttätigen Gruppe rassistisch beleidigt und mit einem Messer angegriffen. Ausgehend von weiteren rassistischen Angriffen leidet der Betroffene an einer großen psychischen Belastung. Um die traumatischen Auswirkungen der rassistischen Gewalt zu verarbeiten, hat sich der Betroffene mithilfe des Opferfonds CURA in Therapie begeben.

Wenn über menschenverachtende und rassistische Gewalt berichtet wird, stehen häufig die Täter im Mittelpunkt. CURA sorgt in Kooperation mit lokalen Beratungsstellen dafür, dass es die Betroffenen sind, die nicht in Vergessenheit geraten.

Diese Beispiele zeigen eindringlich, wie wichtig der Opferfonds CURA ist. Damit Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt auch in Zukunft schnell und unbürokratisch geholfen werden kann, brauchen wir Ihre Unterstützung.

 

Maximilian Kirstein, 08.02.2017

2015

Das Jahr 2015 in Deutschland war geprägt von einem rassistischen Klima. Flüchtlingsfeindliche Demonstrationen und Angriffe auf Geflüchtete, ihre Unterkünfte, vermeintliche Migrant*innen sowie Unterstützer*innen kamen beinahe täglich vor. Die Liste rechter und rassistischer Gewalt ist lang. Angesichts der traurigen Realität dieser alltäglichen Gewalt in Deutschland sind Projekte wie der Opferfonds CURA unerlässlich, um Betroffenen Unterstützung bieten zu können. Die Unterstützung kann dabei viele verschiedene Formen annehmen. Wichtig ist vor allem, dass sie direkt erfolgt. Mit Mitteln des Fonds konnten im Jahr 2015 bis zu 30 Betroffene rechter Gewalt und Opferberatungsstellen mit insgesamt 29.206,34€ Euro finanziell unterstützt werden.

Im April 2015 griffen drei Täter, die der rechten Szene zuzuordnen sind, einen Mann mit acht  Messerstichen und zusätzlichem Schlagwerkzeug in Wuppertal an. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt und musste für mehr als zwei Wochen in ein künstliches Koma versetzt werden. Auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus leidet der Betroffene unter physischen und psychischen Folgeschäden, die seinen Lebensalltag beeinflussen. Die flüchtigen Täter wurden in den folgenden  Tagen nach der Tat gefasst, der Haupttäter in Untersuchungshaft genommen. Das Versäumnis der Staatsanwaltschaft, trotz Aufforderung durch die Anwältin des Betroffenen, zum Schutz des Opfers eine Schwärzung seiner Anschrift vorzunehmen, setzt den Mann weiteren Gefahren aus. Nun ist  seine Adresse für die Angreifer einsehbar und eine Vergeltungsaktion möglich. Weil ein Umzug schnell finanziert werden muss, wenn die eigene Wohnung nicht mehr sicher ist, half der Opferfonds CURA schnell und unbürokratisch. Der Hauptangeklagte wurde, laut taz - Die Tageszeitung, Anfang Februar zu einer achtjährigen Haftstrafe wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die Mitangeklagten zu einem Jahr und sechs Monaten Haft sowie neun Monaten Haft, die auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden, verurteilt.


Ebenfalls im April wurde eine weitere Person Opfer von rechter Gewalt. Der Betroffene war nach Feierabend mit einer Bekannten in Cottbus unterwegs, als er auf eine männliche Person aufmerksam wurde, die den Hitlergruß zeigte. Als das Opfer den Mann aufforderte dies zu unterlassen, wurde er zunächst beleidigt und danach tätlich angegriffen. Ein zweiter Angreifer kam hinzu, der auf das Opfer eintrat. Bei dem Versuch einen Notruf an die Polizei abzusetzen, ging das Handy des Betroffenen zu Bruch. Damit er sich in den Straßen wieder sicher fühlen kann, hat ihm der Opferfonds CURA bei der Anschaffung eines neuen Handys geholfen. 

Ein in zivilgesellschaftlichen Initiativen aktiver Journalist wird durch seine politische Arbeit gegen die extreme Rechte zur Zielscheibe des Hasses eben jener. Er wird bedroht, beleidigt, verfolgt und eingeschüchtert. Des Weiteren kam es zu Todesdrohungen und einem Angriff auf sein Büro. Die Neonazis setzen alles daran, eine Atmosphäre der Angst zu schaffen, die den Journalisten an seiner Arbeit hindern soll. Damit der Betroffene seine Arbeit fortführen kann, sind Sicherheitsvorkehrungen notwendig, bei denen der Opferfonds CURA ihn unterstützt. 

Rechte und rassistische Gewalt muss sich nicht immer in physischer Form ausdrücken

Rechte und rassistische Gewalt muss sich nicht immer in physischer Form ausdrücken, bereits rassistische Beleidigungen und Mobbing, kann das Leben der Betroffenen stark beeinflussen und physische und psychische Folgeschäden verursachen. Diese Erfahrung musste eine senegalesische Familie in Berlin machen. Bereits in der Kita wurde der Sohn von anderen Kindern, wobei sich besonders ein Kind hervortat, rassistisch beleidigt und gemobbt. Die Kitaführung unternahm nichts und auch die Mutter des auffälligen Kindes zeigte kein Verständnis. Vielmehr fiel auch sie durch rassistische Äußerungen auf. Als das betroffene Kind auf die Grundschule wechselte, verschlimmerte sich die Situation sogar noch. Denn hier war die durch rassistische Äußerungen aufgefallene Frau Teil des Lehrpersonals. Auch hier beleidigte und mobbte sie die senegalesische Familie, sorgte sogar dafür, dass Teile des Lehrpersonals und der Schüler*innenschaft es ihr gleich taten. Die Schulleitung unternahm nichts und bestritt die Vorfälle, denn an der Schule gäbe es keinen Rassismus. Die Familie leidet emotional unter den täglichen Beleidigungen und Mobbing. Der Sohn leidet außerdem an schwerem Asthma, welches sich durch die starke psychologische Belastung vermehrt in Asthmaanfällen ausdrückt. Um dem Kind nach diesen traumatischen Erlebnissen in den Sommerferien eine Abwechslung zu bieten, ermöglichte der Opferfonds CURA einen Kurzurlaub für die kleine Familie.

Diese vier Vorfälle zeigen auf, wie unterschiedlich sich rechte und rassistische Gewalt äußern kann. Für die Betroffenen endet es aber nicht mit der eigentlichen Tat. Nach einem Angriff leben sie häufig in Angst und sind traumatisiert. In einigen Fällen verschlimmert das Versagen von staatlichen Behörden die Situation sogar und setzt die Opfer weiteren Gefahren aus. Der Opferfonds CURA hilft deswegen Betroffenen nicht nur bei anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten, sondern auch in Form von direkter Hilfe, die eine Rückkehr zum sicheren Alltag ermöglichen. Im Frühling des Jahres unterstützte CURA daher auch ein bundesweites Fortbildungs- und Vernetzungstreffen der Opferberatungsstellen, um den Beraterinnen und Beratern einen geschulten Umgang mit psychischen Erkrankungen zu ermöglichen. Des Weiteren wurde ein Selbstverteidigungskurs von Geflüchteten für Geflüchtete in Dresden unterstützt. Dieser hatte zum Ziel, Geflüchteten ein sicheres Gefühl in ihrem Alltag zu ermöglichen und in bedrohlichen Situationen angemessen reagieren und sich verteidigen zu können. 

Ein weiterer Fall, der uns besonders am Herzen liegt, dem allerdings nicht zwangsläufig ein rassistischer Hintergrund unterstellt werden kann, ereignete sich bereits im Mai 2014. Der Rechtsstreit zieht sich allerdings bist heute hin. Im Mai 2014 wurde Herr N. das Opfer eines gewaltsamen Polizeieinsatzes. Gerufen wurde die Polizei wegen des Verdachts auf Ruhestörung. Der Betroffene soll sich bei der Personalienkontrolle nicht freundlich und kooperativ verhalten haben und wurde deswegen in Gewahrsam genommen. Allerdings erst nachdem die Einsatzkräfte sich Zugang zu seinem Zimmer in der Asylbewerberunterkunft verschafft haben und nachdem sich das Opfer ausgewiesen hatte. Gegen die Ingewahrsamnahme durch die Polizeibeamten leistete Herr N. Widerstand, weswegen er sich strafrechtlich verantworten musste. Überzeugend und mit Verweis auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und deutscher Obergerichte konnte seine Anwältin in der Verhandlung darlegen, dass es sich um einen rechtswidrigen Einsatz handelte. Einerseits, ist das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, welches auch für Zimmer in Asylbewerberunterkünften anwendbar ist, von der Polizei ignoriert worden. Andererseits, war eine Ingewahrsamnahme in diesem Fall nicht angemessen, da die Polizisten ihn erst nach der Personalienkontrolle in Gewahrsam nahmen. In erster Instanz, vor dem Amtsgericht Oranienburg, wurde er dennoch zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Opferfonds CURA unterstütze schon den ersten Antrag zur Übernahme der Anwaltskosten. Die Berufungsverhandlung wurde deswegen ebenfalls unterstützt. Des Weiteren könnte es sich um einen Präzedenzfall handeln, der die Rechte von Geflüchteten in ihren Unterkünften stärkt. Der Ausgang der Berufungsverhandlung ist noch ungewiss. 

Diese Beispiele zeigen eindringlich, wie wichtig der Opferfonds CURA ist. Damit Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt auch in Zukunft schnell und unbürokratisch geholfen werden kann, brauchen wir Ihre Unterstützung.

 

Niels Schaffroth vom 03.02.2016

2014

Wie wichtig bundesweite Beratungsangebote sind, zeigt die Liste rechter Gewalt: Diese ist genauso lang wie schockierend. Angesichts der traurigen Realität alltäglicher rechtsextremer Gewalt in Deutschland sind Projekte wie der Opferfonds CURA unerlässlich, um Betroffenen Unterstützung bieten zu können. Mit Mitteln des Fonds konnten im Jahr 2014 bisher 25 Betroffene rechter Gewalt und Opferberatungsstellen mit insgesamt 26.372,33 Euro finanziell unterstützt werden.

Theoretisch gibt es zwar die Möglichkeit Hilfeleistungen aus staatlichen Töpfen zu erhalten: Hohe bürokratische Hürden verhindern jedoch, dass diese erfolgreich in Anspruch genommen werden können. Betroffene rechter Gewalt brauchen aber direkt Hilfe. Nach einem Angriff leben sie in Angst und sind traumatisiert. Da muss ein Umzug schon mal schnell finanziert werden, wenn die eigene Wohnung nicht mehr sicher ist, weil stadtbekannte Neonazis die Privatadresse aufgespürt haben.

Diese Erfahrung musste eine junge Frau aus dem Ruhrgebiet durchleben. Sie wurde von einer Gruppe Neonazis brutal zusammengeschlagen. Mit Verdacht auf Schädelbasisbruch wird sie ins Krankenhaus eingewiesen. Er erhärtet sich jedoch zum Glück nicht. Seit dem Angriff leidet sie aber immer wieder unter Kopfschmerzen. Im anschließenden Verfahren gegen die Täter wird die junge Frau auch weiterhin durch die Täter verbal bedroht. Ihr Anwalt erwirkt daher die Anonymisierung sämtlicher Kontaktdaten der Nebenklägerin. Dennoch sickert ihre Adresse bei dem Verfahren durch. Die Betroffene fühlt sich seit Bekanntwerden ihrer Wohnadresse nicht mehr sicher. Der Opferfonds CURA hilft der jungen Frau einen Umzug zu ermöglichen.

Aber auch Gerichts- und Anwaltskosten der Opfer müssen zunächst bezahlt werden. Denn die Täter, soweit man sie ermitteln kann, sind meist nicht in der Lage, die Kosten für ihre Verbrechen zu tragen. Zudem werden Betroffene oftmals nicht auf staatliche Möglichkeiten der Kostenübernahme hingewiesen.

Lücken staatlichen Handelns

So auch Frau N. Sie ist die Witwe des von Neonazis getöteten Nuno João Lourenço. Nachdem das deutsche Fußballteam 1998 bei der Weltmeisterschaft der Männer gegen die Auswahl aus Kroatien verloren hat, zieht eine Gruppe Rechtsextremer los, um ihren Frust an "Ausländern" abzulassen. Als sie auf Lourenço treffen, treten sie mehrmals mit Stahlkappenschuhen gegen dessen Kopf. Wenige Monate nach der Tat stirbt ihr Mann an den Folgen der Attacke. Nach der Gerichtsverhandlung ist Frau N. hoch verschuldet. Das Gericht versäumte damals eine Kostenentscheidung bezüglich der Nebenklage. Infolgedessen blieb die Witwe auf den Anwalts- und Reisekosten sitzen. Um Frau N. neben der psychischen Belastung wenigstens finanziell unter die Arme zu greifen, hat der Opferfonds CURA einen Teil der Anwaltskosten beglichen.

Dieser Fall zeigt beispielhaft welche Lücken staatliches Handeln bis heute in Bezug auf Opferentschädigung aufweist: Denn obwohl Nuno João Lourenço auch von offizieller Seite als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt wird, kämpft Frau N. immer noch für Entschädigungszahlungen aus dem staatlichen Härtefall-Fonds.

Diese Beispiele zeigen eindringlich, wie wichtig der Opferfonds CURA ist. Damit Betroffenen rechter Gewalt auch in Zukunft schnell und unbürokratisch geholfen werden kann, brauchen wir Ihre Unterstützung.
 

Anna Brausam vom 6.1.2015

2013

Im Jahr 2013 gab es erneut viele brutale Übergriffe von Nazis. Im Zuge der aktuellen Hetze gegen Flüchtlingsunterkünfte hat der Opferfonds CURA der Amadeu Antonio Stiftung insbesondere bei Übergriffen gegen Asylsuchende schnelle und unbürokratische Hilfe geleistet. Mit insgesamt 26.179,38 Euro aus dem Opferfonds CURA konnten 25 Betroffene rechter Gewalt und Institutionen wie Opferberatungsstellen finanziell unterstützt werden.

Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, weil sie politisch verfolgt werden oder einfach keine Perspektive mehr in ihrem Land sehen, suchen Schutz in einem anderen Land. Mit nicht viel im Gepäck außer ein paar persönlichen Sachen und der Hoffnung auf ein friedlicheres Leben. Die wenigsten verlassen ihr Land freiwillig, sondern die äußeren Umstände zwingen sie dazu Familie und Freunde zurückzulassen. Asyl zu bekommen ist keine Gnade, welche ein Staat einem Menschen gewährt, sondern es ist das Recht eines jeden Menschen.

Unterstützung für Asylsuchende in Prenzlau

Umso beschämender ist es dann, wenn Menschen, die nach Deutschland kommen, um Asyl zu suchen, erneut Angst vor gewalttätigen Übergriffen haben müssen. So auch im Fall des 27-jährigen Herrn K.. Der aus Palästina stammende Mann wohnt als Asylsuchender in Prenzlau in der Uckermark. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zweimal angegriffen. Anfang Oktober wurde er zusammen mit drei Freunden von einem deutschen Mann rassistisch beleidigt und ins Gesicht geschlagen. Auch als bereits die Polizei vor Ort war, wurden die Geflüchteten weiter rassistisch von dem Mann beleidigt. Aus Angst vor dem Täter verließ Herr K. drei Tage nicht die Sammelunterkunft. Als er dann jedoch kurz Zigaretten holen wollte, wurde er zusammen mit einem Freund erneut von zwei bis heute unbekannten Männern rassistisch beschimpft. Die Flüchtlinge liefen zunächst einfach weiter. Doch die Männer kamen hinterher und griffen die beiden Asylsuchenden an – mit einem Schlagstock und einem Messer. Sein Begleiter wurde dabei so schwer verletzt, dass er mehrere Tage im Krankenhaus verbringen musste. Herr K. flüchtete nach diesen traumatischen Ereignissen aus Prenzlau und hält sich seitdem in Berlin auf. Hier befindet er sich nun in medizinischer und psychologischer Behandlung. Der Opferfonds CURA hilft ihm dabei, in den Alltag zurückzukehren.

Neben der aktiven finanziellen Unterstützung von Asylsuchenden ist jedoch auch die Arbeit jener wichtig, die Geflüchtete in ihrem Alltag begleiten – sei es zu Behörden, Ärzten oder Elternsprechtagen an Schulen. Eine Flüchtlingsfamilie aus Inguschetien lebt ebenfalls in der Sammelunterkunft für Geflüchtete in Prenzlau. Seit ihrer Unterbringung sind vor allem die Kinder immer wieder rassistisch motivierten Angriffen ausgesetzt. So wurde unter anderem der 12-jährige Sohn von Mitschülern so schwer verprügelt, dass er zwei Wochen im Krankenhaus verbringen musste. Auch die beiden Töchter wurden bedroht, rassistisch beleidigt und attackiert. Die Mutter lebt seitdem in ständiger Angst um ihre Kinder. Auch die Kinder sind traumatisiert. Infolgedessen gehen sie nur sehr unregelmäßig zur Schule und verlassen kaum die Unterkunft. Neben dieser psychischen Belastung ist die Mutter körperlich schwer krank. Um der Familie in dieser besonders belastenden Situation Hilfe zu bieten, konnte durch die Unterstützung des Opferfonds CURA eine Familienhelferin organisiert werden, die sich ehrenamtlich mit sehr viel Herz und Kraft für die Flüchtlingsfamilie einsetzt.

Eine neue Existenz für Herrn V. aus Pirna

Doch nicht nur Geflüchtete sind den Bedrohungen durch Neonazis ausgesetzt. Auch Menschen, die bereits seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland gefunden haben, sind sie hier doch geboren und aufgewachsen, werden Opfer von Rechtsextremen. Diese Erfahrung musste auch der Betreiber eines Imbisses in Pirna machen. Am 21. August 2013 wurde von einer Anwohnerin der Brand des Imbiss-Wagens gemeldet. „Ich lebe seit 30 Jahren in Pirna und habe mich bisher sehr wohl gefühlt. Dass mir innerhalb weniger Minuten meine Lebensgrundlage genommen wurde, erschüttert und belastet mich sehr.“ Kurz nach der Tat stellte die Polizei fest, dass es sich um Brandstiftung handelte. Der Besitzer hatte erst im März diesen Jahres sein Geschäft eröffnet: „Das Geschäft lief gut, weil ich weit und breit der einzige Asia-Imbiss-Betreiber war und der Imbiss an einem größeren Einkaufskomplex und in der Nähe der Schule stand. Der Imbiss ist meine Existenzgrundlage. Ich musste jetzt Arbeitslosengeld II beantragen“, so der Imbissbetreiber. Doch Herr V. ließ sich von den Brandstiftern nicht einschüchtern. Ihm war es wichtig, schnell wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Mit Hilfe von Bekannten konnte ein gebrauchter Imbisswagen erworben und gemeinsam renoviert werden. Der Opferfonds CURA hat Herrn V. geholfen seine Existenz wieder aufzubauen.

Eine Vielzahl von Betroffenen rechter Gewalt

Neben dem Fall in Pirna hat der Opferfonds CURA noch eine Vielzahl weiterer Personen unterstützt, die Opfer rassistischer Angriffe wurden. Herr J. wurde am 11. Dezember 2010 in Dortmund Opfer eines rechtsextremen Übergriffs. An diesem Abend hielt er sich in der Dortmunder Innenstadt in der Kneipe HirschQ auf, als im Laufe des Abends circa 15 Neonazis der „Skinhead-Front Dortmund-Dorstfeld“ zunächst von außen mit Pflastersteinen auf die Glasfront der Kneipe warfen und dann auch versuchten hineinzugelangen. Gäste hatten noch versucht die Tür zu verbarrikadieren - vergeblich. Herr J. wurde von den Nazis rausgezerrt und mit Tritten und Schlägen attackiert. Als er zu Boden sank, prügelten sie weiter auf ihn ein und fügten ihm mehrere Stiche mit einem Messer zu. Nach dem Angriff wurde Herr J. im Rettungswagen notversorgt und in ein Krankenhaus gebracht. Erst im Juni 2013 beginnt der Prozess gegen neun der Neonazi-Angreifer. Herr J. ist seit dem Angriff in psychotherapeutischer Behandlung, deren Fortsetzung durch den Prozessbeginn unerlässlich ist. Bei dem Angriff ist auch Herrn J.s Brille zerbrochen, die er seitdem notdürftig durch eine Brille vom Supermarkt ersetzte. Der Opferfonds CURA stellte das Geld für eine angepasste Brille vom Optiker zur Verfügung.

Auch Familie K. in einer Kreisstadt in Bayern konnte der Opferfonds CURA unterstützen: Am 29. Juli 2012 um 2:30 Uhr wollte der Familienvater K. in der Nacht etwas essen. Es war gerade Ramadan, wo es Muslimen nur gestattet ist in der Zeit zwischen Sonnenuntergang und -aufgang zu essen. Durch ein einsehbares, beleuchtetes Fenster wurde Herr K. dabei von Unbekannten beobachtet, die daraufhin die zwei Fensterscheiben einschlugen. Die Polizei geht von einer politisch rechts motivierten Tat aus. Da die Täter nicht ermittelt wurden, hat der Opferfonds CURA die Selbstbeteiligung der Familie beim Einbau neuer Fensterscheiben übernommen.

Ihre Spende hilft!

Ihrer Spende ist es zu verdanken, dass wir Familie K. und all den anderen Betroffenen rechter Gewalt schnelle und unbürokratische Hilfe leisten konnten. Ihre Spende hilft uns, diese Unterstützung auch im Jahr 2014 zu leisten. Schon ein geringer Betrag hilft, Betroffenen rassistischer Gewalt eine schnelle Rückkehr in einen normalen Alltag zu ermöglichen.

 

Anna Brausam vom 6.1.2014

2012

Im Jahr 2012 konnte der Opferfonds CURA in 26 Fällen mit insgesamt 21.123,13 Euro helfen. So wurde Privatpersonen oder Familien geholfen, die Opfer rechtsextremer, rassistischer oder antisemitischer Gewalt wurden. Aber auch Projekte, die sich dem Schutz von Minderheiten widmen oder die Opferperspektive in den Blick der Öffentlichkeit rücken, wurden gefördert; ebenso ehrenamtliche Opferberatungsstellen unterstützt.

 

Einem jungen Paar aus Hoyerswerda, das sich konsequent gegen Nazipropaganda in der Stadt wehrte, konnte mit den Mitteln aus dem Opferfonds CURA schnell und unbürokratisch geholfen werden. Nachdem die Beiden massiv von Neonazis bedroht wurden, mussten sie die sächsische Stadt verlassen – weil die Polizei erklärte, ihnen keinen Schutz bieten zu können. Das Paar beschloss schweren Herzens Hoyerswerda zu verlassen, sie fühlten sich nicht mehr sicher. Der Opferfonds CURA half ihnen, den Umzug in eine neue Heimat zu finanzieren.
Auch ein Restaurantbetreiber aus Geithain (Sachsen) und seine Mitarbeiter wurden Opfer von Neonazis. Seit der Eröffnung im Januar 2012 wurde das Lokal wiederholt von Neonazis angegriffen und die Mitarbeiter bedroht. Den Höhepunkt des rassistischen Terrors bildete ein Sprengstoffanschlag auf das Restaurant, bei dem das Geschäft erheblich beschädigt wurde, die Inneneinrichtung wurde zum Teil völlig zerstört. Letztendlich wurde das Lokal aufgrund der massiven Bedrohung geschlossen. Auch hier konnte der Opferfonds CURA bei der Unterstützung der ehemaligen Mitarbeiter helfen.

 

Nicht nur Einzelpersonen, auch für die unterstützende Begleitung von Betroffenen wichtige Projekte werden durch den Opferfonds CURA gefördert. So erhielt die Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt in Thüringen, ezra, finanzielle Unterstützung für die Ausstellung „Angsträume - Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen“. Die Ausstellung wird in verschiedenen Orten Thüringens gezeigt und will für die erschreckende Alltäglichkeit rechter Gewalt sensibilisieren.

 

Ein weiteres Projekt im Rahmen der CURA-Förderung waren die Bremer Projekttage „Köfte Kosher“, bei denen sich jüdische und muslimische Jugendliche mit Themen wie Diskriminierung, Zivilcourage und alltäglichem Rassismus beschäftigten. Die ProjektteilnehmerInnen setzten sich mit den Todesopfern rechter Gewalt auseinander und fanden einen kreativen Weg, den getöteten Menschen ein Gesicht im Stadtbild zu geben und so dem Vergessen entgegenzuwirken.

 

Mit dem Start der neuen Webseite www.opferfonds-cura.de konnte maßgeblich zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit beigetragen werden. Berichte und Reportagen über Opfer rechter Gewalt, aber auch über kreative Projekte für Minderheitenschutz oder gegen das Vergessen, tragen dazu bei, dass das Thema verstärkt in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Die Überprüfung und Überarbeitung der Liste der Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 sorgte für eine erhöhte mediale Wahrnehmung der Amadeu Antonio Stiftung im Allgemeinen und des Opferfonds CURA im Besonderen.

2011

Im Jahr 2011 hat der Opferfonds CURA in 18 Fällen Betroffene rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt und ehrenamtliche Opferberatungsstellen mit insgesamt 11.600 Euro unterstützt.

Besonders eindringlich war in diesem Jahr die Unterstützung der Familie des am 24. Oktober 2010 in Leipzig ermordeten Kamal Kilade. Seit dem Mord ist die Familie nicht mehr die selbe. Die beiden Brüder trauen sich kaum mehr aus dem Haus und sind völlig in sich gekehrt und die ganze Familie leidet nach wie vor unter dem schrecklichen Mord. Zu allem Überfluss sind im Zusammenhang mit der Bestattung, Dolmetscherleistungen und einem Wegzug mehrere Tausend Euro Kosten entstanden, die die Familie Kilade zusätzlich belasten. Mit der Unterstützung der Familie setzt der Opferfonds CURA ein Zeichen der Solidarität, wenn auch klar ist, dass dies in Angesicht des unwiederbringlichen Verlustes keine Kompensation sein kann. Neben Familie Kilade wurden in diesem Jahr zehn weitere Einzelpersonen und Familien mit insgesamt 4.800 Euro unterstützt.

Angriffe auf unliebsame Einrichtungen

2011 wurden aus dem Opferfonds CURA erneut auch Organisationen unterstützt, die zur Zielscheibe von Neonazi-Angriffen geworden waren. Nach mehrmaligen Angriffen auf die Räumlichkeiten der Jüdischen Gemeinde im Landkreis Barnim half der Opferfonds CURA ihr bei der Installation eines Sicherheitssystems. „Ich reagiere mit großer Angst auf die Ereignisse in unserer Gesellschaft," so die Vorsitzende der Gemeinde Diana Sandler, „es ist schockierend, dass in einem demokratischen Land mit der Vorgeschichte des Holocausts immer noch so offener Antisemitismus möglich ist.“

Darüber hinaus gewährte der Opferfonds CURA dem Kreisverband der Sozialistischen Jugend Deutschlands, "Die Falken", in Berlin-Neukölln Soforthilfe nach einem schweren Brandanschlag auf das Vereinshaus in der Nacht zum 27. Juni. „Das gesamte Haus ist durch den Brand betroffen, ein Großteil der Einrichtung ist unbenutzbar geworden,“ sagt Andrew Walde, Gruppenleiter der Falken, „aber zum Glück wurde niemand verletzt!“ Nur 24 Stunden vor dem Anschlag auf die Jugendeinrichtung hatte er hier mit zehn Kindern zwischen 6 und 10 Jahren übernachtet. Eine Woche zuvor war eine Jugendgruppe aus Israel hier zu Gast. In beiden Fällen zusammen half der Opferfonds CURA mit 1.300 Euro.

Unterstützung von Opferberatungsstellen

Im Bereich der Opferberatungsstellen war der Opferfonds CURA mit fünf Förderungen in Höhe von insgesamt 5.500 Euro zur Stelle. Das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V., welches Betroffenen, die sich vor Gericht gegen Diskriminierung zur Wehr setzen wollen juristisch beisteht, wurde ebenso unterstützt, wie auch mit zwei Halbjahresförderungen AufAndHalt e.V., das im Raum Gera Betroffenen von Rassismus, insbesondere Flüchtlingen, mit Rat und Tat zur Seite steht. Zudem wurden im Rahmen des Opferfonds CURA zwei Vernetzungs- und Fortbildungstreffen der ostdeutschen Opferberatungsstellen finanziert, um auch in Zukunft eine gute Beratung und starke Interessenvertretung für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu gewährleisten.

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Von Thomas Olsen und Ernst Sommer, 16.01.2012

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