Die Amadeu Antonio Stiftung warnt zum Start der diesjährigen CSD-Saison vor einer zunehmenden Bedrohungslage durch rechtsextreme Gruppen. Im Jahr 2024 dokumentierte die Stiftung insgesamt 55 gezielte Störungen, Bedrohungen und Angriffe auf CSDs – so viele wie nie zuvor. Diese erschreckende Bilanz betrifft Veranstaltungen in Städten wie Berlin, Leipzig, Köln, Dresden, Magdeburg, Görlitz oder Essen – mit einem Schwerpunkt auf Ostdeutschland und ländlichen Regionen im Westen.
Die Täter agierten häufig organisiert, traten aggressiv auf, skandierten queerfeindliche und rassistische Parolen und verübten körperliche Gewalt. „Die Zunahme gezielter Angriffe auf Pride-Veranstaltungen durch rechtsextreme Gruppen ist ein alarmierendes Signal“, erklärt Vera Ohlendorf, Leiter*in der Projektförderung bei der Amadeu Antonio Stiftung. „CSDs sind heute nicht nur Orte queerer Sichtbarkeit, sondern auch zentrale Schauplätze im Kampf um demokratische Räume.“
Ein besonders drastisches Beispiel war der CSD in Bautzen, bei dem rund 700 Rechtsextreme die Demonstration massiv störten. Die Abschlusskundgebung musste aus Sicherheitsgründen abgesagt werden – die Polizei zeigte sich überfordert. Bereits im Vorfeld war das Büro des Organisationsteams angegriffen worden. Nur durch frühzeitig durch die Stiftung geförderte Sicherheitsmaßnahmen und die klare Haltung von Oberbürgermeister Klaus Vogt konnten schwerwiegendere Übergriffe verhindert werden.
Die Amadeu Antonio Stiftung warnt vor einem ungebrochenen Mobilisierungspotenzial gewaltbereiter Neonazi-Gruppen, die auch für die CSD-Saison 2025 gezielt zu Störungen aufrufen – insbesondere online. „Antifeministische und queerfeindliche Kampagnen bilden zunehmend das ideologische Rückgrat rechtsextremer Mobilisierung. Junge, brutale und extrem gewaltorientierte Jugendliche sozialisieren sich über diese gezielte Ansprache in rechtsextremen Kontexten und sammeln erste Gewalterfahrungen”, Selina Alin, die das Monitoring der Angriffe auf CSDs bei der Amadeu Antonio Stiftung betreut „Pride-Veranstaltungen geraten gezielt ins Visier von Rechtsextremen, die traditionelle Geschlechterrollen mit dem Hass auf queere Menschen und rassistischer Hetze verknüpfen. Bei oftmals minderjährigen Männern fällt dieser Ausdruck vermeintlicher Stärke auf fruchtbaren Boden.“
Trotz der Bedrohung zeigt sich eine wachsende Solidarität: Über 180 CSDs fanden 2024 bundesweit statt – so viele wie nie zuvor. Besonders in kleinen Städten und ländlichen Regionen stärken Unterstützer*innen aus größeren Metropolen die lokalen Initiativen. Die CSDs in Ostdeutschland sind damit nicht nur Ausdruck queerer Sichtbarkeit, sondern auch ein starkes Zeichen demokratischer Zivilgesellschaft gegen die rechtsextreme Landnahme.
Die Amadeu Antonio Stiftung fordert:
- Sicherheitskonzepte und Schutzmaßnahmen bei Pride-Veranstaltungen – auch für An- und Abreisende. Ordnungsbehörden und Verwaltungen müssen für queerfeindliche und rechtsextreme Bedrohungslagen geschult werden.
- Politische Rückendeckung durch Kommunen und Landesregierungen sowie gezielte Förderungen für Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
- Konsequente Strafverfolgung bei queerfeindlichen Angriffen, auch im digitalen Raum.
- Erhalt und Ausbau von Beratungsstellen für Betroffene rechtsextremer Gewalt.
Queere Sichtbarkeit sichern – Unterstützung dringend benötigt
Seit Jahren unterstützt die Amadeu Antonio Stiftung CSDs in besonders gefährdeten Regionen durch Beratung, Begleitung und gezielte Finanzierung von Sicherheitsmaßnahmen. Um gefährdete Veranstaltungen weiter aktiv schützen zu können, ruft die Stiftung zu Spenden auf. Schon 2024 wurden CSDs in Städten wie Zwickau, Altenburg, Sonneberg, Itzehoe und Görlitz mit Sicherheitsberatung und finanzieller Hilfe unterstützt und die Nachfrage wächst in diesem Jahr.
Zur Chronik der Angriffe auf CSDs: www.csd-schuetzen.de